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Reporter Eutin

Eine Lange Tafel zum 20. Geburtstag

Eutin. „Es ist schlimm, dass Sie gebraucht werden, aber es ist großartig, dass es Sie gibt“ – diese Worte oder ähnliche hören die Mitarbeiter der Eutiner Tafel eV am kommenden Montag seit 20 Jahren. Denn so lange schon sammeln sie Lebensmittel bei Supermärkten, Bäckereien und über all da ein, wo sie übrigbleiben, noch verzehrbar, aber nicht mehr zu verkaufen. Sie geben sie weiter an die, die trotz Sozialhilfe, Hartz IV, Rente oder auch Einkommen ohne diese Lebensmittel wohl kaum über die Runden kämen – ein Lächeln, einen Schnack und das Gefühl, hier keine Almosen zu bekommen, gibts gratis dazu. Und allein das ist ein Grund zu feiern, ganz zu schweigen von der großen Unterstützung und Sympathie, die der Tafel über die Jahre hinweg bei den Eutinern und bald auch den Malentern und vor allem in der Geschäftswelt entgegenschlug. „Wir haben von Anfang an viel Unterstützung erfahren“, erzählt Karin Hagemann, eines der Gründungsmitglieder der Tafel. „Vor allem von den Geschäftsleuten, den Supermärkten – für sie war das ja auch etwas Neues, aber gut, weil sie die Lebensmittel nicht mehr vernichten mussten. Die haben wir ja stattdessen abgeholt – und wer nicht gleich von Beginn an dabei war, kam später dazu.“ Dabei hatte man sich am Anfang noch darüber gewundert, dass im beschaulichen, idyllischen Eutin eine solche Not herrschen sollte, dass eine Tafel gebraucht würde: Im Mai 1996 gab Christian Grantz eine Anzeige auf, in der er die Gründing einer Tafel für Eutin ankündigte und Mitstreiter suchte. Sieben Eutiner fanden sich beim ersten Treffen zusammen und gründeten gemeinsam die Eutiner Tafel eV, den Verein, der sich bundesweit dafür einsetzt, dass Lebensmittel, die zwar nicht mehr verkauft, aber locker noch verzehrt werden können, eingesammelt und an die Menschen verteilt werden, die sie bitter nötig haben Als Karin Hagemann mit Christian Grantz und den weiteren Gründungsmitgliedern zur Stadt gingen, um sich und ihre Arbeit vorzustellen, „hieß es , so etwas brauchen wir nicht“, erinnert sich Karin Hagemann, „in Eutin muss niemand hungern.“ Das Gegenteil bewiesen die 30 Eutiner, die sich auf eine Anzeige der neuen Tafel hin meldeten. „Wir hatten eine Anzeige aufgegeben, in der will alle Bedürftigen davon unterrichteten, dass es uns gibt“, so Karin Hagemann, „und dass sich melden sollte, wer uns braucht. Und so haben wir angefangen. Mit vielen Ideen und großem Spaß, aber ohne Auto oder Büro.“ Die Eutiner Tafel war eine der ersten in Schleswig-Holstein – zu Anfang flitzten die Mitglieder noch mit ihren privaten Pkws von Supermarkt zu Supermarkt und holten die Lebensmittel ab und brachten sie auch den Bedürftigen nach Hause. 1997 dann konnte immerhin eine Garage als Lager- und Ausgaberaum genutzt werden – und nicht viel später fanden sich dann die Räumlichkeiten auf dem Hinterhof der Königstraße 3, in denen die Tafel bis heute zuhause ist. Sie bieten Lagerräume, Platz für Helfer, Kunden, zum Anliefern und Abladen – zweimal täglich werden hier Lebensmittel ausgegeben. Und wer damals noch gedacht hat, die Tafel sei überflüssig, wurde mit den Jahren eines deutlich Besseren belehrt – heute versorgt die Eutiner Tafel in Eutin und Malente 1.500 Menschen mit Lebensmitteln Vor allem Familien mit bis zu 16 Personen, Senioren und Flüchtlinge. 70 ehrenamtliche Helfer sorgen dafür an fünf Tagen in der Woche vormittags und nachmittags. Zwischendurch wird abgeholt, sortiert, gepackt und gelagert, zu tun gibt es immer etwas. Ein Meilenstein für die Tafel war die Kühlzelle vor einigen Jahren, die es möglich machte, auch TK-Waren zu lagern – und auch das ewig sorgenbringende Auto ist Vergangenheit. Schön ist auch die vorbehaltlose Unterstützung der Eutiner _ wann immer bekannt wird, dass der Tafel etwas fehlt, fangen die Eutiner an zu sammeln, Nudeln, Konserven, Babynahrung, und bringen es vorbei. So konnte bisher jede Krise gemeistert werden. „Wir haben ein Dach überm Kopf, große Unterstützung, ein vernünftiges Auto und viele Helfer“, sagt Ingeborg Schläfke aus dem Vorstand der Tafel. „Was wir uns wünschen ist, dass wir immer ausreichend Lebensmittel haben für unsere Kunden. Manchmal müssen wir ganz schöne Kapriolen machen, um für alle genug zu haben.“ Der einzige Wunsch des Tafel-Teams: Lebensmittelspenden. Am liebsten haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln, Mehl und Zucker, Kartoffelpüree in der Tüte und ähnliches, auch Babynahrung, Öl, Tee, H-Milch, Konserven und auch Fertiggerichte für alle, die nicht (mehr oder nur für sich allein) kochen wollen. Am kommenden Montag, wenn der Gründungstag der Tafel sich zum 20. Mal jährt, dann kochen die Tafel-Helfer ein Geburtstagsessen für alle Kunden, Helfer, Freunde, Unterstützer und „jeden der vorbeikommt und Hunger mitbringt“, lacht Ingeborg Schläfke. Denn dann wird auf dem Markt eine Lange Tafel aufgebaut – „nach dem Vorbild der Bundestafeln, die das immer machen, wenn sie sich präsentieren oder versammeln. Und dann beköstigen sie jeden, der kommt, mit dem was da ist. Wir kochen am Montag in der Feldküche des Deutschen Roten kreuzes auf dem Marktplatz topfweise Gemüsesuppe mit Würstchen extra und bedanken uns damit herzlich für die Unterstützung in den vergangenen 20 Jahren.“ Für ihr Geburtstagsessen haben die Tafel-Helfer eigens Spenden erhalten: Die Brötchen zur Suppe backt die Stadtbäckerei Klausberger, Getränke liefert Stopka, für Kuchen sorgen das Stadtcafé und Markt 17 und Floristmeisterin Katja Damlos sorgt dafür, dass die Lange Tafel für rund 250 Personen festlich geschmückt ist. „Wir bedanken uns herzlich für all die Unterstützung und freuen uns auf jeden, der vorbeikommt“, so Ingeborg Schläfke, „und haben bestimmt einen Teller Suppe für ihn.“


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