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Reporter Eutin

„Bist Du ein echter Schriftsteller?“

Eutin (ed). Zwei ungewöhnliche Stunden standen für die dritten Klassen der Gustav-Peters-Schule auf dem Stundenplan, denn die fanden nicht nur nicht in der Schule sondern in der Kreisbibliothek statt. Zudem stand vor den Klassen statt ihrer Lehrerinnen ein Herr mit Pferdeschwanz und schwäbischem Akzent.
Ulrich Renz war zu Gast in der Kreisbibliothek, um den Drittklässlern seine Bücher vorzustellen, ihnen vorzulesen und ein bisschen aus seinem Leben als Schriftsteller zu erzählen. Ermöglicht hatten die vier Autorenlesungen für die Eutiner dritten Klassen der Förderkreis der Kreisbibliothek, der den berühmten Gast geladen, und der Rotary Club, der die Lesung zum Großteil finanziert hatte.
„Bist Du ein echter Schriftsteller?“ kommt die erstaunte Frage aus dem Publikum – ja, ist er, ein erfolgreicher noch dazu. Ulrich Renz, der mit seiner Familie in Lübeck lebt, hat eigentlich Medizin studiert und dann lang als Herausgeber für medizinische Fachliteratur gearbeitet. Dann aber habe sein Job nicht mehr zu seinem Leben gepasst, erzählt er, und er habe angefangen, Sachbücher für Erwachsene und dann auch für Kinder zu schreiben. Immer schon habe es ihn gereizt, mal zu versuchen, ob er auch richtige Geschichten schreiben könne – „ich hatte durch meine drei Kinder ja den Kopf immer voller Geschichten“, schmunzelt er, „die waren vor allem beim Fahrradfahren immer ganz begierig auf Fortsetzungsgeschichten, möglichst spannende.“ Die also dachte er sich aus und begann irgendwann, sie auch aufzuschreiben und einem Verleger zukommen zu lassen – so entstand vor allem „Motte & Co“, seine Reihe spannender Kinderkrimis. Aber auch Märchen hat Ulrich Renz nacherzählt, opulent bebildert tragen sie dem Original, unter anderem Andersen „Elf Schwäne“, sprachlich Rechnung – und es gibt sie auch als Hörbuch, gelesen von seiner ältesten Tochter, was die Kinder besonders beeindruckt. Und sein neuestes Projekt sind zweisprachige Bilderbücher wie „Schlaf gut, kleiner Wolf“, das bereits in mehr als 60 Sprachen erschienen ist – wieso man solche zweisprachigen Bilderbücher braucht, erklärt der Autor den Kindern.
Wie Ulrich Renz aber feststellen muss, sind die Kinder richtige Motte-Experten – sie kennen den Nachwuchs-Detektiv und seine Detektivbande längst und finden die Geschichten super. Die Stelle, die der Autor aus dem zweiten Band liest, ist eine besonders spannende – er erzählt die Geschichte drumherum und liest dann, wie die Bande in eine echt brenzlige Situation gerät, aus der sie nur dank ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten und ihrer Pfiffigkeit heil rauskommen. Es ist förmlich zu hören, wie die Kinder den Atem anhalten und der aufregenden Geschichte folgen, wie Motte & Co den Computerdieben auf die Spur kommen. Anschließend dürfen sie dem Schriftsteller Fragen stellen – „eigentlich würde die Fragestunde reichen“, lacht Ulrich Renz, der alle Fragen von den Verdienstmöglichkeiten bis zum Ideenkriegen geduldig beantwortet. „Und eben das ist es, was Lust aufs Lesen macht, den kennenzulernen, der es geschrieben hat, eine Kostprobe zu kriegen und ein bisschen über den Hintergrund zu erfahren.“ Das finden auch die Kinder – und das ist zudem der Grund, aus dem der Förderkreis der Kreisbibliothek es sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Zusammenarbeit mit den umliegenden Schulen zu intensivieren. „Wir wollen die Kinder neugierig machen aufs Schreiben und Lesen“, sagt Ute Griep, „zeigen, dass Lesen etwas Tolles ist, bei dem man Abenteuer erleben kann. Und dass hinter jedem Buch ein normaler Mensch steht – deshalb sind wir dem Rotary Club auch sehr dankbar, dass er uns dabei mit 500 Euro unterstützt hat.“ Der Förderkreis der Kreisbibliothek versucht, in regelmäßigen Abständen Autoren für Klassenlesungen einzuladen, eben weil das ein besonderes Erlebnis, ein spannendes Element der Leseförderung ist – liest ein berühmter Schriftsteller etwas aus seinem Buch vor, das viele kennen, ist das echt cool. „Und dann wird auch weitergelesen.“


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