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Wenn gefällte Linden zu Marsianern werden

Sielbeck (aj). Dass dies kein gewöhnlicher Privatgarten ist, sieht man auf den ersten Blick: Ein Steinbaum steht gleich hinter der Eingangspforte, im Carport ist ein großformatiges Airbrush-Werk untergestellt und zwischen den Bäumen im Vorgarten recken Baumwesen ihre Wurzeln in die Luft. „Eintritt frei“ - diese Botschaft geht an alle PassantInnen der Straße Am Uklei in Sielbeck und sie ist als Ermutigung zu verstehen, der eigenen Neugier zu folgen, den Weg rund um das wild-romantische Häuschen zu wagen und zu sehen, was entstehen kann, wenn eine Künstlernatur Science fiction aus dem Holz schält. Die Künstlernatur, das ist Fred Ehlers. Der Spross einer Malenter Familie besuchte die Muthesius-Kunsthochschule in Kiel, bis er in den 1990er Jahren die Möglichkeiten computergesteuerter Animation für sich entdeckte: „Ich war einer der ersten, die in Deutschland eine eigene Emailadresse hatten“, erinnert sich der Künstler beim Gespräch in seinem Garten. Die Faszination virtueller Darstellung lässt ihn nicht mehr los, er macht sie zu seinem Arbeitsfeld, verdient sein Geld als Grafikdesigner. Bis heute erstellt der 69jährige Visualisierungen und Animationen für ausgewählte Kunden. Und bis heute ist sein Ausgleich zur Arbeit am PC die Kunst: „Stift, Kohle, Airbrush, Schnitzen - ich habe immer etwas mit meinen Händen gemacht.“ Momentan ist der “Kampf der Welten“ sein Thema: „Der Roman von H. G. Wells hat mich schon früh gefesselt“, erzählt er und zeigt eine der Holzskulpturen, die von der Geschichte um eine Invasion vom Mars inspiriert sind. Diese Marsianer mit ihren Tentakeln werden in der Story von den Menschen zunächst verlacht, erweisen sich dann aber als überlegene Spezies. Ehlers hat sie aus Lindenwurzeln herausgeschält; mit überlangen Zungen und vielgliedrig ziehen sie die Blicke auf sich. Dass aus Wurzeln Kunst wachsen kann, hat er vor langer Zeit bei der Gartenarbeit erkannt: „Ich habe Wurzeln ausgegraben und die Formen gesehen“, sagt der Sielbecker, der seit mehr als zehn Jahren wieder in Ostholstein lebt. Um seinen alten Vater, der inzwischen verstorben ist, zu pflegen, hat er mit seiner Frau Kiel verlassen. In seinem Garten hat er sich ein Häuschen für seine Arbeiten gebaut, hierher zieht er sich zurück und hier kann man ihm gern über die Schulter stehen. Eine Puppe am Eingang zeigt an, ob er zu Hause ist. In der Idylle zwischen Kellersee und Ukleisee findet er Ruhe und den Freiraum, ganz er selbst zu sein und die gängigen Rollenmuster hinter sich zu lassen. Seine Kunst spiegelt das manchmal wider. So hat er vor einiger Zeit Bäume am Ukleisee nach der japanischen Fesselkunst Shibari gestaltet. Das Zusammenspiel von Hanf und Holz fand er reizvoll, genau wie die Kombination von Stein und Holz. Immer wieder schafft er Steinbäume, organische Gebilde aus Wurzelholz und Steinen. 45 Stück sind es inzwischen. Verkäuflich sind sie nicht. Ehlers teilt seine Kunst auf andere Art: „Ich kann mir gut vorstellen, bei Interesse in einer Performance zu zeigen, wie ein Steinbaum konfiguriert wird.“ Dafür arbeitet er mit einer Virtual Reality – Brille, parallel dazu könnte man die Entwürfe im Großbild zeigen und Steinbäume ausstellen: „So ein Projekt ließe sich ohne Weiteres realisieren“, so Ehlers in seinem Garten. Zwischen zwei Bäumen hat er eine Aufhängung für die aktuellen Objekte montiert. Seine Marsianer sind aus besonderem Holz: „Das sind die Linden, die früher auf dem Grundstück des ‚Hotel zum Uklei‘ standen und die mir überlassen wurden“, berichtet Fred Ehlers. Früher seien sie ihm gar nicht besonders aufgefallen, obwohl er regelmäßig zum Essen im direkt benachbarten Hotel gewesen ist. Jetzt haucht er ihnen neues Leben ein, bearbeitet sie mit Kettensäge und Schnitzwerkzeugen, setzt die Oberfläche in Szene. Über neugierige SpaziergängerInnen freut er sich und es sei versprochen: Der Blick über diesen Gartenzaun lohnt.


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