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Reporter Eutin

„Ihre Kinder sind die Stars in der Manege”

Bad Malente-Gremsmühlen (ed). Eine aufregende und zirkusbunte Ferienwoche endet mit einem spektakulären Highlight: Trapezartisten, Jongleure, Fakire, TüchertänzerInnen, Clowns, sogar Piraten gaben sich die Ehre, um ihren Familien zu zeigen, was sie in nur fünf Tagen gelernt haben, und präsentierten eine großartige Zirkusvorstellung mit allem, was dazu gehört. Diese Zirkuswoche war der Abschluss eines ganz besonderen Ferienprojektes in Malente – und der Beweis, dass man nicht die gleiche Sprache sprechen muss, um zusammen etwas zu bewegen.
„Ihre Kinder sind heute die Stars in der Manege”, kündigt Pascal Traber vom Kinderzirkus Ostholstein eine außergewöhnliche Zirkusvorstellung an, denn diese Stars hatten bis vor einer Woche mit Zirkus noch so gar nichts am Hut. “Wir haben überlegt, wie man Kinder und auch ihre Familien zusammenbringen kann, ohne dass alle super deutsch können müssen”, erzählt Silke Schicke, die Integrationsbeauftragte der Gemeinde Malente, “ohne dass man von Anfang an viel sprechen oder verstehen muss.” Zusammen mit ihrer Kollegin Madeleine George hatte sie dann die Idee eines Kinderzirkusses – alles kann irgendwie auch gezeigt werden, die Kinder helfen sich untereinander und am Ende hat man als Team eine ganze Zirkusvorstellung auf die Beine gestellt. Mit der Zirkusfamilie Traber und ihrem Ostholsteiner Kinderzirkus haben Silke Schicke und Madeleine George sich echte Experten auf diesem Gebiet ins Boot geholt. Beim Landesministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration mit dem Wunsch auf Förderung eingereicht, wurde diese auch gewährt und es konnte losgehen. 82 Malenter Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren meldeten sich, Kinder mit den verschiedensten familiären Hintergründen und Herkunftsländern. Kinder, die sich vielleicht schonmal in der Schule begegnet sind, aber noch wenige Berührungspunkte hatten, wenn überhaupt. Fünf Tage Herbstferienspaß der besonderen Art – von halb sieben bis halb fünf, damit berufstätige Eltern ihre Kinder zuverlässig betreut wissen.

Drei Mädchen haben sich für die Feuer-Nummer entschieden: Emma, Naja und Ayah hatten einen Riesenspaß und kein bisschen Angst vor dem Feuer. Emma hat für ihre neuen Freundinnen aus dem Jemen und aus Syrien immer ein bisschen gedolmetscht – und die beiden Mädels, die neu in Malente sind, fanden es super, auf einmal so viele neue Leute kennenzulernen. Für die Seiltänzerin Alecia war es am spannendsten, mal was anderes als in der Schule zu lernen – und dass nicht alle so super deutsch konnten wie sie, fand sie ganz normal. “Muss man doch erst lernen. Und verstehen kann man sich auch so.” Das sehen auch Caja und Zoe, Piratin und Trapezkünstlerin, so – einig sind sich alle, dass es einfach super war, mit so vielen Leuten was zusammen zu machen. “Schön war auch, dass so viele Eltern mitgeholfen und sich so viele Ehrenamtliche für die Betreuung gefunden haben”, freut sich Silke Schicke, “wir hatten Helfer von der AWO, der Christlichen Gemeinschaft und andere Malenter, die mit den Kindern, die gerade nicht trainiert haben, gespielt, gebastelt, gemalt und die tollsten Sachen gemacht haben.”
Für die Zirkusfamilie war das Integrations-Projekt Neuland, nicht wegen der Anzahl der Kinder, “normalerweise starten wir mit 100 Kindern”, sagt Pascal Traber, “aber dass viele noch wenig deutsch konnten, das kannten wir nicht. Aber wir haben die Gruppen einfach gemischt, so konnten die Kinder sich untereinander helfen, das hat prima geklappt.” Und das hat das Publikum dann am letzten Tag der Ferienwoche live und in Farbe erlebt: Ganz cool steht Lea mitten in der hell erleuchteten Manege, bekommt das Mikro eingerichtet und singt dann souverän und mit schöner, klarer Stimme eine zauberhafte Version von „I have a dream“ – ein toller Auftakt zu einer außergewöhnlichen Zirkusvorstellung.

“Wir sind sehr begeistert”, so Silke Schicke, “wie die Trabers das mit den Kindern gemacht haben”, denn in dieser einen Woche hat die Familie Traber ihnen mit Geduld, Erfahrung und viel Spaß geholfen, veritable Zirkusnummern einzuüben, mit denen sie ihre Familien bei der Abschlussvorstellung ganz schön beeindrucken. Vor allem aber haben sie für sich feststellen können, dass sie gemeinsam Tolles schaffen können, von dem sie gar nicht wussten, dass sie es können. Teller auf einem langen Stab jonglieren oder über Glasscherben laufen, sich grazil auf einem Trapez bewegen, auf einem Seil tanzen, sich sogar zersägen lassen oder das Publikum zum Lachen bringen – ein Integrationsprojekt mit einem sichtbaren, bunten Ergebnis, das zeigt, dass es nicht immer die gleiche Sprache braucht, um sich zu verstehen und etwas zu bewirken, um Freundschaften und gegenseitige Unterstützung zu generieren. „Es war so schön zu sehen, wie Malente so zusammenwächst“, strahlt Silke Schicke, „wie so viele Leute zusammen etwas auf die Beine stellen, einander unterstützen und sich kennenlernen, das war toll.“ Ein Ferienprojekt, das, wenn es nach den jungen Zirkuskünstlern geht, gern wiederholt werden darf: Lea, Caja, Alecia und Naja sind auf jeden Fall wieder mit dabei. „Ich bin nächstes Jahr zu alt“, sagt Emma, „aber das war so cool, ich mach als Teamerin mit.“


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