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Reporter Eutin

Aus der Kiste auf die Staffelei

Heikendorf (kud). Sein Atelier im Dachgeschoss duftet angenehm nach Farben. Eines der Dachfenster steht offen. „Hier oben darf ich rauchen“, erklärt er ein wenig verlegen. Nicht sehr viele Bilder stehen an den Wänden. Die anderen sind unterwegs, hängen in Galerien oder bei Ausstellungen. Viel Gewese macht der Künstler nicht darum, dass seine Werke ihn seit 25 Jahren ernähren und in vielen westeuropäischen Ländern bekannt sind und gut gehandelt werden.
Auf dem Tisch im Wohnzimmer steht eine Kanne mit dampfendem Kaffee, ein Schälchen mit Keksen. Der Blick nach draußen gibt landschaftliche Idylle pur frei. Ganz am Rande von Heikendorf hat er sich eingenistet. Seine Bilder: Gegenständlich, meistens mit Ölfarben produziert, gern auch großflächig. Die Gegenstände: alltäglich. Ein Glas, gern ein wenig skurril wie das Kind, das mit Schwimmflügeln an einer Tulpe vorbei in den Himmel segelt. Seine Ideen?
Kai Piepgras schmunzelt vergnügt: „Es gibt da eine Kiste. Die kippe ich auf dem Fußboden aus. Darin befinden sich Fotos, Werbeanzeigen, Artikel, die alle irgend einen Bezug haben zu dem, was ich tue.“ Er sucht einfach alles durch und findet ein Motiv, das ihn anspricht. Derzeit kämpft er mit einer Giraffe. Die sieht für den Laien gut aus, schaut neugierig in die Welt. Aber Kai Piepgras ist noch nicht zufrieden. „Beim Malen merke ich oft erst, dass mir irgend etwas nicht gefällt, die Kopfhaltung zum Beispiel.“ Er räumt das Bild von der Staffelei und grummelt: „Die muss in eine andere Richtung schauen. „ Also nochmal.
Der Alltag animiert ihn, einfache Eindrücke, Gedanken, die er damit verbindet. Und das begann vor einigen Jahrzehnten. Seinerzeit studierte er Agrarwissenschaften. „Es geschah in einem Frankreichurlaub“, erzählt er. Da beobachtete er Menschen beim Malen. Kaum wieder Daheim, kaufte er die ersten Farbtuben und Pinsel und machte sich ans Werk. „Kein Kundststudium, nicht einmal ein Malkurs. Ich habe einfach drauflos gewerkelt.“ Und bald stand die kleine Studentenwohnung voll. „Ich habe mir in diesen Jahren keinen einzigen Gedanken darüber gemacht, ob es gut ist, was ich da tue. Mir tat es gut, das war wichtig.“
Das Studium war beendet, Piepgras begann mit der Arbeit als Agraringenieur. Aber so richtig fühlte er sich nicht wohl mit Zahlenkolonnen und ähnlich trockener Materie. Und dann kam der Zufall: „Ich hatte Besuch, der mich fragte, ob ich nicht Lust hätte, mal eine Ausstellung zu machen.“ Damit war der Ingenieur schon fast Vergangenheit. Eine Ausstellung, verkaufte Bilder, die nächste. Eine Galerie, die seine Bilder zeigen wollte, dann die nächste. Seit 25 Jahren lebt er von seiner Malerei und hat dabei eine klare Zeiteinteilung. Von mindestens morgens um 10 Uhr bis 17 Uhr sitzt er im Atelier. Und dann kommen die anderen Arbeiten, mit denen sich Selbstständige so herumplagen müssen: Kontakt mit Galerien, Ausstellungen vorbereiten in Deutschland, Österreich, der Schweiz. Inzwischen hat er 250 Ausstellungen hinter sich, 4000 bis 5000 Bilder hängen irgend wo in Mitteleuropa. „Viele der Käufer kenne ich leider überhaupt nicht, weil die Verkäufe über die Galerien laufen.“ Eines aber weiß er: Seine Kunden sind sowohl junge Studenten, die sich an einem eher preiswerten Kleinod erfreuen, aber auch der 90jährige Kunstliebhaber, Unternehmen, die „Hingucker“ für große Wände brauchen.
In jedem seiner Bilder hängt „Herzblut“. Daran hat sich in all den Jahren nichts geändert. Und das Leben als Selbstständiger hat auch nicht zur reinen Kommerzialisierung geführt. „Ich male nur, was ich auch wirklich malen möchte.“ Vom 8. bis 14. Juni sind einige seiner Bilder im Kunstkiosk in Heikendorf an der Strandpromenade zu sehen, täglich von 10 bis 17 Uhr. Dort hat sich Piepgras mit anderen Heikendorfer Künstlern in der „Schrevenborner eigenART“ zusammengeschlossen, die dort den ganzen Sommer über wechselnd ihre Werke zeigen.


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