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Reporter Eutin

„Freue mich auf mein neues Leben!“

Bild: hfr

Kiel/Eutin (t). Siebzehn Jahre war Regina Poersch für die SPD-Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtages. Für die Landtagswahl am 8. Mai hat sich die 52-jährige Sozialdemokratin nicht aufstellen lassen. Ihren Rückzug aus der Landespolitik hatte sie schon im Herbst vergangenen Jahres verkündet.
Am Donnerstag hielt die beliebte Sozialdemokratin ihre letzte Rede im Parlament. Es war eine von insgesamt rund 110 Reden, die sie in den 17 Jahren im Landtag gehalten hat. „Das war schon ein komisches Gefühl“, räumt Regina Poersch ein. Schließlich habe sie es als besondere Ehre empfunden, Landtagsabgeordnete sein zu dürfen und empfinde Dankbarkeit, über eine so lange Zeit Schleswig-Holstein mitgestalten zu dürfen.
Bei der Wahl 2005 war die angesehene Sozialdemokratin im Alter von 35 Jahren erstmals über die Landesliste in den Landtag eingezogen. Und auch bei zwei folgenden Landtagswahlen ebnete die SPD ihr diesen Weg ins Kieler Parlament. Für die SPD-Landtagsfraktion übernahm sie in dieser Zeit die Aufgaben als Tourismuspolitische und Europapolitische Sprecherin.
Warum der jetzige Rückzug aus der Landespolitik? „Dass mein Mandat eines auf Zeit ist, war mir immer bewusst. Ich wollte es auch selbstbestimmt beenden“, erklärt Poersch ihre Entscheidung. Es sei beim damaligen Einzug ins Parlament auch nicht geplant gewesen, dass es am Ende in vier Wahlperioden 17 Jahre werden würden. „Aber die Arbeit als Abgeordnete macht unglaublich Freude, da habe ich mich dann fast selbst ermahnen müssen“, ergänzt die Eutinerin.
Bereut habe sie ihre Rückzugsentscheidung bislang nicht, hofft vielmehr, dass es der richtige Schritt sein werde. „Ich freue mich auf mein neues Leben“, unterstreicht Regina Poersch.
Poersch, die schon als Schülerin mit sechzehn Jahren 1985 in die SPD eingetreten ist und sieben Jahre (2002 bis 2009) Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes Ostholstein war, blickt zurück:
Vor allem an ihren ersten Auftritt im Plenarsaal und die Premiere am Rednerpult im Jahr 2005 erinnert sie sich sehr gut. „Das waren wohl die aufregendsten und schönsten Momente in diesen 17 Jahren im schleswig-holsteinischen Parlament“, sagt sie lächelnd, um dann aber auch gleich wieder ernst zu werden: Der damalige Start im Landtag sei auch mit den dunkelsten Erinnerungen ihrer Amtszeit verbunden, so Poersch. Es war ein Tag mit historischer Dimension, denn er leitete den Rückzug der damaligen sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Heide Simonis ein. Bei der konstituierenden Sitzung des Kieler Landtages am 17. März 2005 stand die SPD in den Startlöchern, um die bisherige vom SSW unterstützte Koalition mit den Grünen fortzusetzen. Regina Poersch war als Neuling gerade zur Schriftführerin ins Landtagspräsidium gewählt worden. Neben Simonis hatte sich auch der CDU-Landesvorsitzende Peter Harry Carstensen zur Wahl gestellt. „Doch eine Person aus dem eigenen Lager verweigerte unserer Ministerpräsidentin Heide Simonis in vier Wahlgängen hartnäckig ihre Stimme. Diese immer wiederholte Enthaltung machte nicht nur mich beim Auszählen wütend und ratlos“, erinnert sich Poersch. Am Ende war es der um Fassung ringenden Simonis nicht gelungen, die erforderliche Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinen. Sie zog sich in der Folge aus der Politik zurück. „Das war alles schrecklich“, sagt die gebürtige Eutinerin. Wer der Abweichler gewesen sein könnte, ist ihr noch immer ein Rätsel.
Wegen ihres „sozialdemokratischen Kompasses“ seien Günther Jansen und Ralf Stegner für sie Vorbilder, so Regina Poersch. Sie selbst habe sich stets als Lobbyistin des Bürgers verstanden. „Deshalb habe ich als Abgeordnete auch nie vergessen, dass mir Menschen vertraut und mich deshalb gewählt haben. Und denen fühlte ich mich verpflichtet“, unterstreicht Regina Poersch. In der Zeit als Landtagsabgeordnete sei sie selbstbewusster geworden, weil sie gelernt habe, sich durchboxen zu müssen, erklärt die Sozialdemokratin.
Auch zu einzelnen politischen Kontrahenten habe sie einen vertrauensvollen Umgang unterhalten. Mit Herlich Marie Todsen-Reese, die bis vor zehn Jahren für die CDU im Landtag war, verbinde sie sogar eine Freundschaft.
Der aktuelle Landtagswahlkampf ohne Plakate von sich selbst, sei zunächst ungewohnt gewesen. „Es war schließlich meine Entscheidung, nicht wieder anzutreten. Und so habe ich es sogar schnell als angenehm empfunden, denn Wahlkampf ist sehr anstrengend und fordernd“, weiß Poersch aus Erfahrung.
Die Frage, was sie nach der Erfahrung von 17 Jahren als Landtagsabgeordnete heute anders machen würde, beantwortet Regina Poersch kurz: „Gelassener sein“.
Sich möglicherweise auch mal wieder kommunalpolitisch zu engagieren, schließt sie nicht aus: „Sag niemals nie. Aber erst einmal möchte ich mich voll auf meinen beruflichen Wiedereinstieg konzentrieren“, Poersch. Dieser beginnt am 1. August, wenn sie bei der Gemeinde Malente ihr derzeit ruhendes Beamtenverhältnis wieder aufnehmen wird. Im dortigen Bauamt war sie als Diplom-Verwaltungswirtin bereits von 1992 bis zu ihrer Wahl in den Landtag tätig. „Auf diese neuen beruflichen Herausforderungen freue ich mich“, so Regina Poersch.
In der SPD bedauert man die Entscheidung der Eutinerin. Mit Regina Poersch scheide eine exzellente Fachpolitikerin aus dem Landtag aus, die weit über Fraktionsgrenzen hinweg für ihre Kompetenz und Verlässlichkeit geschätzt werde, erklärte die SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli auf Nachfrage. „Und ich verliere zwar mit ihr eine sehr engagierte und versierte Kollegin, habe aber eine Freundin mit Herz und Humor gefunden, die bleiben wird“, so Midyatli wertschätzend.


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