Seitenlogo
Reporter Eutin

Ein Fest für den Ahrensböker Kirchturm

Ahrensbök (ed). So richtig gehört er eigentlich gar nicht dazu, der barocke Kirchturm der Ahrensböker Marienkirche – er sollte den ersetzen, der zwar erst 1715 gebaut worden, doch schon wieder erheblich beschädigt war und 1746 abgetragen wurde. Erst 1761 erhielt er die Form, die den AhrensbökerInnen bis heute so vertraut ist. Aber viel hätte nicht gefehlt, und auch dieser Turm hätte abgetragen werden müssen. Denn ein Großteil der sogenannten Klosterformatsteine, aus denen er gebaut wurde, waren so beschädigt, dass um die Stabilität des schönen Türmchens gefürchtet werden musste. Nun aber steht er in seinem historischen Glanz, frisch saniert da und leuchtet in der Frühlingssonne – und wird am kommenden Sonntag angemessen mit einem Festgottesdienst und einem kleinen Fest im Anschluss gefeiert.


Schon vor 20 Jahren hatte der Denkmalschutz angemerkt, dass der Kirchturm dringend fachgerecht saniert werden müsse, und die Betonung liegt auf „fachgerecht“, denn saniert wurde der Kirchturm immer wieder mal in den vergangenen 250 Jahren, nur nicht mit den adäquaten Materialien. So wurde statt des historischen Mörtels ein Zementmörtel verwendet, der sich unter den Witterungseinflüssen wie Kälte und Feuchtigkeit bewegte, ausdehnte, sodass der Druck auf die Klosterformatsteine wuchs und sich an ihrer Oberfläche, aber auch in ihrem Kern immer mehr Risse und Schäden bildeten. „Jedes Jahr kostet Geld, hatte uns das Denkmalschutzamt gesagt“, so Volker Schmechel aus dem Bauausschuss des Kirchengemeinderates, der das Projekt Kirchturm von Anfang an begleitet und vorangetrieben hat. „Und immer wieder auf den dringenden Sanierungsbedarf hingewiesen.“ Aber wie mal eben eine solche Summe wuppen, wenn es nicht das einzige Projekt ist, das dringend ansteht?


„Als ich vor 14 Jahren hier angekommen bin“, erzählt Pastorin Kirstin Mewes-Goeze, „war das Erste, was ich hörte: Wir müssen die Bänke drehen, das Zweite: Wir müssen den Kirchturm sanieren.“ Die Bänke sind gedreht, aber auch erst vor nicht allzulanger Zeit – denn dazwischen hatten sich die Glocken geschoben, die so marode geworden waren, dass sie dringend ausgetauscht werden mussten, außerdem der Weg zur und um die Kirche, der so unwegsam geworden war. Und da die Sanierung des Kirchturms rund 300.000 Euro kosten würde, musste er den „günstigeren“ Projekten erstmal weichen – aber die Zeit wurde genutzt, um alle Formalitäten zu regeln und Fördermittel zu beantragen. 50 Prozent der Sanierungskosten konnten über das Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes generiert werden, weitere 35 Prozent trägt der Kirchenkreis Ostholstein, den „Rest“ stammt aus den Mitteln der Kirchengemeinde. „Die durch die Pandemie eingetretenen Verzögerungen und die Verteuerungen im Material haben den Anteil der Kirchengemeinde um weitere 20.000 Euro auf 65.000 Euro erhöht“, so Volker Schmechel. Aber Kostensteigerungen hin oder her, die Freude darüber, dass der Turm nun endlich saniert ist, überwiegt ohne Zweifel.


Im Herbst 2021 konnten die Handwerker loslegen. Mit ganz viel Handwerkskunst und Feingefühl, denn es muss eine echte Puzzlearbeit gewesen sein, den Kirchturm quasi im Bestand zu sanieren – denn nicht nur der Zementmörtel musste durch den vom Materialprüfungsamt empfohlenen Gips-Kalk-Mörtel ersetzt sondern auch die beschädigten Klosterformatsteine durch neue ersetzt werden. Die Ziegel wurden – mit pandemiebedingter Verzögerung von einigen Monaten – dafür eigens nach historischem Vorbild in Dänemark gebrannt, nach Ahrensbök gebracht und fachgerecht eingesetzt und verfugt.
„Es sind immer mehr Steine aufgeplatzt. Hätten wir noch länger gewartet“, sagt Volker Schmechel, „wäre er vielleicht nicht mehr zu retten gewesen.“ So steht aber nun da und ist praktisch wie neu, sieht kein bisschen geflickt aus sondern als sollte es genau so sein – die frisch gebackenen Klosterformatsteine fügen sich perfekt ins Gemäuer des harmonischen, zuversichtlichen Kirchturms. „Und spiegeln so das Bild des Lebens in unserer Kirchengemeinde wider“, strahlt Pastorin Pistor, „alte und neue Traditionen werden zusammen gelebt – und es hält!“


Ganz bestimmt gibt es Stimmen, die es für überflüssig halten, mehr als 300.000 Euro für einen Kirchturm auszugeben – aber eine Kirche, eine Gemeinde ohne Kirchturm? Ohne Glocken, deren Geläut weit übers Land trägt? „Man braucht einen Kirchturm“, ist Pastorin Mewes-Goeze sich sicher, „gerade in diesen Zeiten.“ Dieser stämmige kleine Turm, der Zuversicht und Hoffnung vermittelt, ist einfach nicht wegzudenken, ist selbst für Menschen, die mit Kirche vielleicht nicht allzuviel am Hut haben, ein Symbol für Zuhause, dafür, dass alles gut werden kann. Dafür spricht auch die Erfahrung, die Volker Schmechel immer wieder macht: „Ich habe schon so oft gehört: Wenn ich unseren Kirchturm sehe, ist die Welt erstmal wieder in Ordnung.“ Und genau das wird am 2. April ab 11 Uhr gefeiert. Zuerst mit einem Festgottesdienst mit Orgel und Trompete, anschließend mit einem kleinen Empfang mit Suppenbuffet und selbstgebackenen Kuchen und Torten – für Suppen und Kuchen sorgen die Mitglieder der Kirchengemeinde und Jim’s Bar, die Cocktail-Bar des Kirchenkreises Ostholstein, verwöhnt mit leckeren, alkoholfreien Cocktails. „Wir freuen uns so, dass der Turm endlich saniert werden konnte, dass er fertig ist“, strahlt Pastorin Kirstin Mewes-Goeze, „dass wir unseren Kirchturm feiern wollen und wirklich alle herzlich zum Mitfeiern einladen.“


Weitere Nachrichten aus Eutin am Mittwoch

UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen