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„Ein Stück Fissauer Geschichte“

Eutin (aj). Am Ende des zentralen Tagesordnungspunktes stand ein klares Votum: Ja! zum Seeschloss. Nein! zum Abriss des Hotels für die Errichtung von 50 Ferienwohnungen an gleicher Stelle. Das Interesse am zentralen Thema der Fissauer Dorfschaftsversammlung war erwartet groß, deshalb hatte man als Tagungsort die Heinrich-Sievert-Halle in Eutin gewählt, in der die mehr als 80 Anwesenden gut Platz fanden. Heiß war es, statt einer hitzigen Diskussion aber gab es einen gleichermaßen engagierten wie besonnen respektvollen Austausch der konträren Positionen: Investor Klaus Waldeck hat die Immobilie vom Vorbesitzer Burkhard Ohlmann erworben und plant, das 1908 als Hotel errichtete Gebäude abzureißen. Sein Vorhaben: 50 Ferienwohnungen in fünf einzelnen Häusern. Zwei Entwürfe präsentierte die Architektin Elke Hackel-Kaape der Versammlung: eine moderne Interpretation klassischer Bäderarchitektur und ein schnörkellos funktionales Ensemble mit großen Fensterfronten. Seeblick sollen alle Wohnungen bieten, das gehört zum architektonischen Konzept genau wie die Tiefgarage. Und die Nähe zum See und zur Natur soll auch die künftige Nutzung prägen. Für den Betrieb der touristischen Anlage hat Investor Klaus Waldeck die W&N-Immobiliengruppe mit ins Boot geholt. Unter dem Motto „Wir machen Urlaub. Und zwar sehr gut“ malte Geschäftsführer Knud Wilden routiniert das Bild eines Ferienparks mit einheitlich möblierten Appartements und maßgeschneiderten Angeboten wie Nordic Walking, Wanderungen oder Standup-Paddling. Zielgruppe: Familien, Best-Ager, Paare, die möglichst mehrere Tage bleiben. Im Prospekt werden aber auch die Gäste aus dem nahen Hamburg genannt, die nur für ein Wochenende kommen. Eine Zukunft, für die man sich im Fissauer Dorfvorstand nicht begeistern mag: „Wir haben da eine andere Sichtweise“, sagte Dorfvorsteherin Elfi-Jacqueline Meyer und überließ dem Fissauer Knud Gomlich das Wort. Dessen Ausführungen bündelten dann die Befürchtungen und Kritikpunkte, die viele seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger mit dem Vorhaben verbinden: Neben praktischen Aspekten wie der Belastung durch Abwasser, Lärm und ein hohes Verkehrsaufkommen waren es die sogenannten weichen Faktoren, die Gomlich, der seit 21 Jahren im Dorf zu Hause ist, in die Waagschale warf: „Es geht auch um Milieuschutz“, sagte er und erklärte: „Das Gesamtbild ist schön und erhaltenswert. Das soll man sehen, wenn man aus einem Boot der Kellerseefahrt steigt. Der neue Entwurf dagegen sieht aus wie überall.“ Dafür gab es zustimmenden Applaus. Wiedererkennungswert war einer der Schlüsselbegriffe in Gomlichs Redebeitrag. Warum dieser Wiedererkennungswert nicht durch den Denkmalschutz gesichert ist, war die erste Frage, die in der anschließenden Diskussionsrunde zur Sprache kam: „Wir haben Kontakt mit der Denkmalschutzbehörde aufgenommen, weil wir das Seeschloss erhalten wollten. Aus Kiel kam dann ein negativer Bescheid“, legte Susanne Stange, Fachdienstleitung Stadt- und Gemeindeplanung, dar. Ein Vorkaufsrecht, wie es für viele andere Objekte bestehe, habe es für das Seeschloss nicht gegeben. Die Stadtvertretung könne über den Bebauungsplan auf die Gestaltung einwirken, einen Abriss aber nicht verhindern. Warum man eine Modernisierung nicht mit dem Seeschloss geplant habe, wollten die Fissauerinnen und Fissauer wissen. Die Antwort hatte die Architektin bereits eingangs gegeben: „Es würde sich nicht lonhen!“ Die Kosten für eine Wiederherrichtung seien wirtschaftlich nicht tragbar. Damit wollten sich die Anwesenden nicht zufriedengeben, die Frage nach einer Einbindung des Seeschlosses in das touristische Konzept kam immer wieder auf. Und schließlich stimmte eine überwältigende Mehrheit dafür, dass Dorfvorstand, Selbstverwaltung und Verwaltung für das Ensemble Seeschloss, Fissauer Fährhaus und Boldt-Galerie Denkmalschutz beantragen mögen. Nur zwei Nein-Stimmen gab es auf die entsprechende Anfrage des Dorfvorstandes. Im Architektenbüro kann man indes vom Glanz der Vergangenheit nichts entdecken: „Das ist nicht mehr das Seeschloss von 1908!“, beschied Elke Hackel-Kaape der Immobilie. Die Dorfschaft allerdings hielt es offensichtlich an diesem Abend mit Knud Gomlich, der im Seeschloss „ein Stück Fissauer Geschichte“ erkennt.


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