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Reporter Eutin

Der Alte Friedhof - ein Ort der Geschichte

Preetz (los). Orte der Bestattung bleiben stets Plätze der Zeit- und Lokalgeschichte - solange das Wissen über Bezüge und Beziehungen noch gepflegt wird. In diesem Sinne laden Anne-Kathrin Kalb und Friedhofsverwalter Detlev Beisner am Sonntag, 10. Oktober zu einem Rundgang über den Alten Friedhof in Preetz ein. Die Führung startet unter Einhaltung der aktuellen Corona-Regeln um 14 Uhr an der Kapelle am Preetzer Friedhofsdamm. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Der Gang entlang der Gräber und Gedenksteine bietet viel Heimatkundliches. 155 Jahre ist es her, da wurde das dänische Schleswig-Holstein mit seinen Herzogtümern eine Provinz Preußens (1866). Auf diese Entwicklung zielte bereits ein blutiges Ereignis 20 Jahre zuvor: Der Schleswig-Holsteinische Aufstand (1846-51). 13 „Kampfgenossen“ aus dieser Zeit ist ein Gedenkstein auf dem Alten Friedhof gewidmet. Der wurde allerdings erst 1873, also zu preußischer Zeit aufgestellt. Der Begriff „Kampfgenossen“ täuscht über die Tragik hinweg: Tödlich verwundet erlagen die 13 im Lazarett in Preetz ihren Kriegsverletzungen oder haben sich ihretwegen sogar das Leben genommen. Denn medizinisch konnte ihnen kaum geholfen werden.
Das erste so bezeichnete Krankenhaus, wo diese „Kampfgenossen“ untergebracht waren, hatte sich im Bereich der Einmündung der Bahnhofstraße zum Preetzer Markplatz befunden. Es musste im Jahr der Eröffnung der Eisenbahnstrecke Kiel-Ascheberg 1866 dem Bau der Bahnhofstraße als kurzer Verbindung des Bahnhofs zur Ortsmitte weichen. Der Bahn-Bau war noch während des Deutsch-Dänischen Kriegs (1864) gestartet. Auch der Alte Friedhof, damals 31 Jahre jung, wurde wegen der Ascheberger Eisenbahnlinie (neben der etwas später noch eine Kleinbahnstrecke von Kirchbarkau über Preetz nach Lütjenburg existierte) leicht zurechtgestutzt. Denn an seiner Ostflanke schrammt der Streckenverlauf so haarscharf vorbei, dass auf Höhe des Friedhofsdamms, fast unmittelbar vor der Kapelle, eine extra Schrankenanlage notwendig wurde, um Passanten und Trauergemeinden zu schützen – ein Alleinstellungsmerkmal des Preetzer Gottesackers. Abgesehen von dieser skurril anmutenden baulichen Besonderheit, die auf damalige Prioritäten bezüglich technischer Entwicklungen deutet, ist auch die zentral angelegte Grabstätte des Stifters des Alten Friedhofs Gotthilf Pabst bei den Friedhofsführungen von Anne-Kathrin Kalb und Detlev Beisner fast obligatorisch. Der Apotheker hatte den neuen „Alten Friedhof“ initiiert, da der Platz rund um die Stadtkirche der Platz für Begräbnisse viel zu eng geworden war. Pabsts Anlage wurde also 1835 eröffnet. Wer mochte da geahnt haben, dass sich der später ebenfalls hier beerdigte Friedrich Graf von Reventlou, der 1836 in Preetz zum Klosterprobst gewählt wurde, sich als eine der Schlüsselfiguren während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung erweisen würde? Sein Einsatz bescherte ihm das preußische Exil: Reventlou starb 1874 in der Mark Brandenburg, erhielt aber in Preetz seine letzte Ruhestätte. Der Grabstätte der Reventlous am „Weg der Zeitzeugen“ stattet Anne-Kathrin Kalb bei ihren Führungen nicht nur deshalb gern einen Besuch ab. Denn auch Friedrichs Tochter Fanny von Reventlou hat ihre Spuren hinterlassen. An sie erinnerte früher das „Fanny Stift“, der heutige Städtische Kinderhort. Zurückgehend auf ihre Idee hat es ihr Bruder Kurt im Hufenweg errichtet und nach seiner Schwester benannt.
Fanny war in prominenten Kreisen unterwegs und bis 1866 Obergouvernante des 1859 geborenen späteren Deutschen Kaisers Wilhelm II. (Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen aus dem Haus Hohenzollern) gewesen, der im „Dreikaiserjahr“ 1888 an die Macht kam. Mit Ende des Ersten Weltkriegs 1918 war das Kaiserreich am Ende.
Anne Kathrin Kalb beleuchtet die Schusterstadt auch als ehemaligen „Flecken“, der erst 1870 das Stadtrecht erhielt. Lange Zeit stand der Ort unter dem direkten Einfluss des Preetzer Klosters. Seit der Reformation 1542 befand es sich in der Obhut der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft, die es in das bestehende adelige Damenstift umgewandelt hat, das ein Klostervorstand, besetzt durch Klosterprobst und Priörin verwaltet.
Mit Blick auf diese geschichtlichen Verquickungen ist auch die „Klosterecke“ des Alten Friedhofs bei den Friedhofsführungen ein häufiges Anlaufziel. Zwar besitzt das Preetzer Kloster einen eigenen Friedhof. Dennoch liegen auf dem Alten Friedhof Tote begraben, die im Kloster früher gearbeitet haben oder andere Beziehungen dazu hatten. Zu ihnen zählt etwa der 1961 ermordete Förster Franz Bartels, der den Klosterforst betreut hatte. Die groß angelegte Suche mit Polizeikräften aus der Landespolizeischule Eutin sorgte vor 60 Jahren für Aufsehen. Die Leiche wurde schließlich an einem Wirtschaftsweg der Försterei zum Gut Neuwühren gefunden.
Auch Wolfgang Petonke, der erst nach seinem Tod durch seine zahlreichen Fotografien bekannt wurde, war in der „Klosterecke“ bestattet; das Grab existiert jedoch nicht mehr. Petonkes Familie hatte im Kloster gelebt, wo sein Vater Martin Petonke seit 1917 als Organist arbeitete, nachdem sein Vorgänger im Ersten Weltkrieg gefallen war. Als ausgebildete Sängerin brachte sich auch die Mutter Margarete Petonke-Göing in Preetz ein. Ihr Sohn Wolfgang war in den 50-er und 60-er Jahren mit der Kamera unterwegs und dokumentierte seine Heimat in der jungen Bundesrepublik. 75 Jahre ist es erst her, als die frühere preußische Provinz den Status Land Schleswig-Holstein erhielt und durch den Impuls der britischen Militärregierung 1946 diesen Neustart der Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg wagen durfte.
Anne Kathrin Kalb selbst verbrachte ihre Kindheit im Kloster und erlebte die Zeit unter der britischen Militärregierung. „Wir Kinder wurden zur Weihnachtsfeier ins Probstenhaus eingeladen“, erinnert sie sich an die Freundlichkeit, die ihnen entgegengebracht wurde – trotz allem, was sich in der Zeit des Nationalsozialismus und Krieges zugetragen hat. Tote auf britischer Seite hat es im Zweiten Weltkrieg auch in Preetz gegeben. So war 1941 ein Flugzeug auf Höhe des Postsees abgeschossen worden. Vier Kreuze mit Tonplatten, deren Schriftzüge nach acht Jahrzehnten unlesbar sind, erinnerten an diese Soldaten. Doch die vier Briten sind nicht namenlos geblieben: Im Dezember 1947 sind sie auf den Kieler Nordfriedhof umgebettet worden.


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