Seitenlogo
Reporter Eutin

„Wir wollen Ihren Graben!“

Stendorf (ed). Noch fällt der Regen reichlich und das Wasser steht in den Mulden auf Wiesen und Feldern, aber kaum kommt die regenarme Zeit, sind es eben diese Flächen, die austrocknen. Bei vielen dieser Flächen, meist (ehemaliges) Ackerland, liegt es daran, dass sie durch Gräben entwässert werden – Gräben, die vor langer Zeit angelegt wurden, um Äcker nutzbar zu machen, die heute längst aber nicht mehr gebraucht werden. Die Integrierte Station Holsteinische Schweiz des Landesamtes für Umwelt in Eutin ist nun auf der Suche nach solchen Flächen, die durch Gräben entwässert werden, aber gar nicht mehr trockenlaufen müssten sondern Habitat für Amphibien, Futterplatz für Vögel und Klima- wie Artenschutzmaßnahme gleichermaßen sein könnten.
So wie die große Wiese kurz hinter Stendorf, die bis vor einigen Jahren brachliegendes Ackerland war – „und dann haben wir sie in die Finger bekommen“, schmunzelt Carsten Burggraf von der Integrierten Station Holsteinische Schweiz, „und die Entwässerung durchbrochen.“ Seitdem fließt das Wasser auf der Fläche nicht mehr ab sondern staut überschwemmt die vorhandenen Mulden nach starken Regenfällen. Eine relativ kleine Maßnahme mit großen Folgen – „wir haben hier jetzt eine echte Multifunktionslage“, freut sich Carsten Burggraf. „Wir schützen das Moor, weil wir ein zu trockenes Niedermooor reaktiviert haben, das jetzt kein CO2 mehr freigibt sondern es wieder binden kann.“ Das ist zunächst aktiver Klimaschutz – aber auch ebenso Artenschutz, denn da das Wasser auf der Fläche gehalten wird, es nicht mehr künstlich entwässert sondern natürlich abfließen kann, bleibt Wasser für die Oberläufe der angrenzenden Fließgewässer in regenarmen Zeiten. Das wiederum ist gut für wandernde Fische wie Salmoniden. Das Wasser auf der Fläche wiederum, das die Mulden überschwemmt, bildet miteinander verbundene Biotope, in denen Amphibien wie Laubfrosch und Rotbauchunke einen Ort zum Laichen finden, Insekten wie Libellen sich wohlfühlen und Vögel wie Kraniche, Bekassinen oder die sehr selten gewordenen Schwarzstörche Nahrung finden. „Und weil die Biotope miteinander verbunden sind, können die Arten wandern“, erklärt Carsten Burggraf, „so bereichern wir das europäische Verbundsystem der Biotope.“ Das wiederum ermöglicht es, dass Amphibienarten wandern und sich ausbreiten können. Eine Maßnahme zu Klimaanpassung und zum Klimaschutz gleichermaßen. Letztendlich ist der Wasserrückhalt auch noch gut für das Grundwasser, denn der regelmäßig zu tiefe Grundwasserstand wird so optimal angereichert.
Heute wird die Fläche in Stendorf ab dem Frühling mischbeweidet von freundlichen Islandpferden und Highlandrindern, perfekt für den Boden und den Bewuchs, der zum Teil flach und zum Teil hoch ist, sodass alle Pflanzen, lichtliebende wie Schattenfans, hier eine Chance zum Überleben haben. Gemäht wird gar nicht, das erledigen die felligen Landschaftspfleger. Aber so groß wie diese Wiese müssen die Flächen, die Carsten Burggraf und sein Team suchen, nicht mal ansatzweise sein, auch kleine Stücke Land, die nicht mehr entwässert werden müssten, ihre Gräben also nicht mehr brauchen.
Früher waren die Gräben notwendig, um die Ackerflächen zu entwässern und so nutzbar zu machen – unsere Vorfahren zogen sie über die ganze Fläche bis hin zu den angrenzenden Fließgewässern, in die das Wasser dann abfließen konnte. Ackerbau wäre hier sonst nicht möglich gewesen. „Bis heute gibt es noch viele funktionierende Grabensysteme“, sagt Carsten Burggraf, „das können wir uns aber nicht mehr leisten, wir müssen das Wasser auf den Flächen halten, um dem Austrocknen entgegen zu wirken.“ Im vierten Jahr bereits wirkt das „Grabenprojekt“, schüttet die Integrierte Station nicht mehr benötigte Gräben zu und schafft damit die dringend notwendigen nassen Flächen – wichtig seien nun die kleineren Stücke Land, mit denen noch mehr erreicht werden könne, macht Burggraf deutlich. „Solche kleinen Maßnahmen haben eine große Wirkung.“
Wer nun auf seinem Land einen solchen Graben weiß oder auch nur vermutet und nicht mehr braucht, ist herzlich willkommen, sich zu melden, sollte es nicht stören, dass dieses Stück Land dann einen Teil des Jahres über nass ist und dass dann vielleicht mal ein Kranich zum Mittagessen vorbeischaut… „Ihnen machen wir das Angebot, den Graben zuzuschütten“, so Carsten Burggraf, „und so eine aktive Naturschutzmaßnahme in die Wege zu leiten.“ Er kommt raus und prüft, ob die Fläche sich eignet, übernimmt dann Planung, Anträge, Finanzierung und Umsetzung (am besten noch in diesem Jahr.
Mit minimal invasiven Eingriffen je nach Flächengröße – in Stendorf waren es ein Mörteleimer, der den Abfluss unterbricht, und nicht durchlässiger Boden, der aufgeschüttet wurde – unterbindet das Team der Integrierten Station die Entwässerung. Je nach Größe der Fläche mit einem Minibagger oder einem Spaten, gucken dabei aber immer genau auf die Fläche und die umgebende Nutzung – danach richtet sich die Stauhöhe, das Wasser kommt nirgendwo hin, wo es nicht hin darf.
Wer eine solche Fläche hat, egal wie groß, auf der er einen Graben vermutet, der nicht mehr gebraucht wird, meldet sich gern bei Carsten Burggraf unter Tel.: 04521/ 77 619 88, Mob.: 0176/ 8024 6481 oder per Mail an carsten.burggraf@lfu.landsh.de.


Weitere Nachrichten aus Plön/Preetz

UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen