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Reporter Eutin

Auf den Geschmack gekommen

Ellerbek (los). Es ist kurz vor den Ferien. In der Schulküche brutzeln Brotfrikadellen, werden Zucchini zerkleinert und Möhrengrün zu würzigem Pesto püriert. Die Schüler der Ellerbeker Grundschulklasse 3a sind mit Feuer und Flamme dabei, Gemüse und Co. für das geplante Buffet zu verarbeiten. Unterstützt werden sie von den ResteRittern, die ihnen mit einfachen wie eindrucksvollen Rezepten und Fertigkeiten zur Hand gehen. Das Besondere dabei: Das Brot ist alt und die Zucchini und andere Gemüse haben unschöne Stellen. Und wer isst sonst eigentlich Möhren- oder Radieschengrün?
„Zum Wegwerfen viel zu schade“, lautet die Devise der „ResteRitter“, die der allgemeinen Lebensmittelverschwendung eine deutliche Absage erteilen und Alternativen aufzeigen wollen. Die Organisation hat sich auf die Fahne geschrieben, Lebensmittel nicht nur zu retten, sondern insbesondere auch zu vermitteln, was man daraus am Herd noch machen und auch genießen kann. Dabei ist der Küchentag Teil eines dreitägigen Projekts, das die Kieler Studentin Juliana Zetzsche initiiert hat. Ich Ansatz: Eine gesunde und nachhaltige Ernährung ist mit der wirtschaftlichen Lebenssituation von Familien verknüpft. Wie diese trotz finanzieller Einschränkungen möglich ist, sollte Kindern, Eltern und Pädagogen aufgezeigt werden, so das Konzept.
 

„Sustainability right from the start“ hat Juliana Zetsche ihr Projekt genannt, bei dem Drittklässler der Ellerbeker Grundschule in einem dreitägigen Programm Nachhaltigkeit im Umgang mit Lebensmitteln erfahren und praktisch umzusetzen lernen. Eine Kooperation des Quartiersbüro Wahlestraße der Diakonie Altholstein mit der AOK Nordwest und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ermöglichte die Veranstaltung der Aktionstage. Sie bildeten einen der Höhepunkte innerhalb des Projekts „Gesund leben im Quartier“, das bereits 2018 angelaufen ist, als die Kinder eingeschult wurden.
Das Programm haben die Kooperationspartner gestaltet: Matthes Lindner von der Initiative „ZuTat“ errichtete Lernstationen rund um das Thema Umgang mit Lebensmitteln, etwa die richtige Lagerung, und stellte im Rahmen eines Elternabends eine App vor, die daran erinnert, dass Eingekauftes im Kühlschrank, Keller oder Küchenregal zu verderben droht.
Ein weiterer Programmpunkt: Der Besuch des „Lifegartens Kiel“ von Tanja Goile, die in Ellerbek Permakulturen, einen Waldgarten, einen Naturlehrpfad und eine artenreiche Kräuterpflanzung angelegt hat. Die einstige Brombeerwildnis lädt nun zur botanisch-kulinarischen Entdeckungsreise mit „Aha-Effekt“ ein.
 

Moritz Dietzsche von den „ResteRittern“ lud zum Abschluss zur Küchenschlacht, um gerettetes Obst und Gemüse, das eigentlich dem Müll bestimmt war, mit den Kindern in leckere Gerichte umzuwandeln. Sein Grundsatz: „Ein Apfel kann zwar braune Stellen haben, aber der Rest kann noch gut zu Apfelmus verarbeitet und gegessen werden.“ Denn die Menge Essen, die im Müll entsorgt wird, ist gigantisch: „Mehr als die Hälfte aller Lebensmittel wird in Privathaushalten weggeworfen“, sagt er.
Dabei ließe sich aus Vielem noch etwas machen. Mit einfachen wie wirkungsvollen Rezepten, Tricks und Methoden sind die ResteRitter unterwegs, um ihr Wissen weiterzugeben, dass sie schon als Studenten bei lustigen „Schnibbelparties“ gesammelt haben. Viel Geld kann gespart werden: „Wir müssen nur selber kochen“, unterstreicht er. Dass das gerade in Gemeinschaft auch noch besonders viel Spaß macht, ist eine Erfahrung, die die 3a mit in die Sommerferien genommen hat.
Klassenlehrerin Claudia Ladwig, zweite Konrektorin der Schule hat sich von der Begeisterung der Kinder anstecken lassen. „Die Kinder waren hin und weg vom Butterbrot“, erzählt sie. Selbst gerührte Kräuterbutter war für die Klasse eine gänzlich neue Erfahrung, der in Gemeinschaft erzeugte Rhabarbersaft ein Genuss. Tanja Goile stellte ihre aromatischen Gewächse vor, von denen viele Arten auch in Töpfen auf dem Balkon gut gedeihen, berichtet sie. Bereits seit dem ersten Schuljahr werde der Jahrgang für das Thema sensibilisiert. „Jede Klasse hat einen Klassengarten“, erzählt Claudia Ladwig. Der werde von den Kindern auch selbstverantwortlich und mit Hingabe betreut, gewässert und gepflegt. Zweimal wöchentlich erhält die Klasse an der Schule frisches Obst und Gemüse. So werde gesunde Ernährung auch in den Familien zunehmend und mit viel Offenheit reflektiert, hat sie festgestellt.


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