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Reporter Eutin

So einfach ist es dann doch nicht

Heikendorf (kud). Gerade einmal neun Heikendorfer Senioren sind es, die sich im großen Ratssaal eingefunden haben. Sie sind der Einladung des Seniorenbeirates gefolgt. Das Thema: „Wohnen für Hilfe“. Interesse ist vorhanden, sich näher mit diesem Konzept des Studentenwerks zu befassen. Einigen kritischen Fragen muss sich Referentin Alexandra Dreibach aber auch stellen.
Das inzwischen bundesweit besonders in der Nähe von Universitätsstädten laufende Projekt ist schnell erklärt. Immer mehr Studierende finden keine bezahlbare Unterkunft, die Wohnheime sind ausgebucht. Andererseits wohnen viele Senioren oft allein in großen Wohnungen und Häusern. Sie könnten Hilfe gebrauchen - beim Einkaufen, Rasenmähen und anderen Tätigkeiten, die für Senioren oft nur noch schwer leistbar sind. Was liegt näher als eine „Win-Win-Situation“ zu schaffen? Der Studierende erhält ein Zimmer im Seniorenhaushalt, zahlt nur seine Nebenkosten. Für jeden Quadratmeter Wohnraum unterstützt er den Vermieter mit einer Stunde Arbeit im Monat. Soweit so gut. Alexandra Dreibach: „Wir versuchen, etwaige Probleme schon im Vorwege zu vermeiden.“ Das heißt: „Die Vereinbarungen, die zwischen Vermieter und Mieter geschlossen werden, müssen sehr eindeutig sein. Wenn ich zwei Menschen gefunden habe, die zueinander passen könnten, dann lege ich Wert darauf, bei dem ersten Treffen dabei zu sein, um die genauen Modalitäten des zusammen Wohnens festzulegen, damit es später keine Missverständnisse gibt.“ Außerdem empfehle sie zumindest in der ersten Zeit das Führen eines Tätigkeitsbuches, in dem beide Parteien die geleistete Arbeit abzeichnen. „Auch das verhindert Unstimmigkeiten.“
Eine Dame im Publikum meldet Bedenken ganz anderer Art an. Sie beherbergt eine afrikanische Studentin. Zwischen ihnen gibt es Mentalitätsprobleme. „Meine Mitbewohnerin stammt aus einem sehr armen Land. Seit sie bei mir wohnt, ernährt sie sich nur von sehr kalorienreichen Lebensmitteln. Als Medizinerin kann ich mir das nicht anschauen. Aber keine Speise, die ich ihr anbiete, nimmt sie an.“ Ihr selbst sei die afrikanische Küche der jungen Frau deutlich zu fleischlastig. „Eigentlich müsste also jeder für sich kochen. Dazu muss man aber einen größeren Kühlschrank vorhalten und klare Kochzeiten vereinbaren.“
Alexandra Dreibach weiß, dass es zu kulturell bedingten Problemen kommen kann. So sei eine WG daran gescheitert, das der moslemische Student zwar leidenschaftlich gern kochte, sich aber beharrlich weigerte, die Küche hinterher aufzuräumen.
„Auch die gemeinsame Nutzung des Bades muss natürlich geklärt werden“, so Dreibach. „Dennoch kann es geschehen, dass die Parteien erst beim gemeinsamen Wohnen feststellen, dass sie nicht zueinander passen. Dafür haben wir eine sehr kurze beidseitige Kündigungszeit von zwei Wochen.“
„Wohnen für Hilfe“ - das Projekt geht durch die Medien und es gibt mittlerweile viele Erfahrungsberichte, die diese Wohnidee stärken. Wenn aber nicht nur Generationsprobleme sondern auch erhebliche kulturelle Unterschiede das Miteinander erschweren, dann ist sogar ein Vermitteln der Beraterin im Studentwerk schwierig. Dennoch: Alexandra Dreibach bleibt dabei: „Ich habe inzwischen sehr gute Erfahrungen mit diesem Wohnmodell gemacht.“ Viele Studierende, berichtet sie, hätten auch kein Problem damit, außerhalb der Stadt zu wohnen, wenn der öffentliche Personennahverkehr eine schnelle Anbindung ermögliche.
Senioren, die in den nahe gelegenen Umlandgemeinden wohnen und Wohnraum gegen Hilfe zur Verfügung stellen möchten, können sich telefonisch bei Alexandra Dreibach melden unter 0431/ 8816314 oder per mail unter wohnenfuerhilfe@studentenwerk.sh


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