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Marco Gruemmer

Die Entwicklung Kellenhusens nach der Sturmflut

Ein sehr gutes Bild von der Wegstrecke bis zum Jahre 1913 zeigt hier der Ausschnitt aus der »Vahrendorfschen Karte«.

Ein sehr gutes Bild von der Wegstrecke bis zum Jahre 1913 zeigt hier der Ausschnitt aus der »Vahrendorfschen Karte«.

War der Name Kellenhusen bisher nur der Obrigkeit, Einheimischen, deren Verwandten aus umliegenden Orten bekannt, in der Scala der Ostseebäder wurde es noch nicht genannt, so sollte sich dieses bald ändern.
 
Bedingt durch die mit dem Deichbau beschäftigten Ingenieure, Techniker und Arbeiter, die aus allen Teilen des Kaiserreiches kamen und Unterkunft und Verpflegung benötigten, wurden erste Fremdenquartiere eingerichtet und die Infrastruktur des Ortes langsam den neuen Gästen angepasst. Da diese sich auf einen längeren Zeitraum eingerichtet und auch einrichten mussten, ergab es sich zwangsläufig, dass die Familien, die damalige Familienstruktur war noch eine andere und Frauen arbeitsmäßig nicht an den Heimatort gebunden, nach etlichen Besuchen schließlich nachzogen und somit dem bisherigen Fischerort eine neue Bedeutung gaben. Eine Mund- zu Mundpropaganda tat ein Übriges. Die bisherige Fruchtfolge der Felder hieß nun: »Weideland - Ackerland - Bauland«.
 
Fischerhütten wurden an- und ausgebaut, erste Pensionen entstanden. Hinzu kam der allgemeine Aufschwung im Kaiserreich durch die Industrialisierung und der Begriff »Reisen« war nicht mehr auf den Adel und die Betuchten beschränkt. Einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung Kellenhusens hatten der ehemalige Gemeindevorsteher, Hofbesitzer Holtz und der Geschäftsmann Johann Petersen. Viele der noch heute bestehenden markanten Gebäude ließ er bauen. Er war es, der als erster im Jahre 1902 den Hotelbau »Deutsches Haus« errichten ließ und, da es so schön geklappt hatte, baute er gleich nebenan das Haus »Seestern«. Dass so ein Hotelneubau zur damaligen Zeit größere Probleme als heute aufwarf, lässt sich denken. Das Baumaterial - insbesondere Bausteine - musste auf dem Seeweg von der Insel Fehmarn mit dem Schiff herangeschafft werden. Wo sich die heutige Freizeitanlage befindet, wurde es auf Pferdefuhrwerke umgeladen. Die Pferde, die teilweise bis zum Bauch im Wasser standen, hatten Schwerstarbeit zu leisten, denn immer wieder sanken die Wagenräder in dem losen Sand ein.
 
Mit dem »Deutschen Haus« entstand ein imposanter Bau, der noch lange das Wahrzeichen Kellenhusen sein sollte. Heizung und elektrisches Licht gab es jedoch noch nicht. Die Lampen in den Fluren und Sälen wurden von Gaslampen erleuchtet und das Wasser aus einem großen, auf dem Hof stehenden cirka 1.000 Liter fassenden Bassin geholt. Die Füllung desselben, dreimal am Tag, gehörte zu den Obliegenheiten des Hausdieners. Das Preisgefüge des Hauses war für die damaligen Verhältnisse schon sehr hoch. Die Übernachtung pro Tag mit Vollpension bei vier Mahlzeiten betrug 5,50 Mark. Die Übernachtung ohne Meerblick sowie außerhalb der Saison war eine Mark billiger. Insgesamt waren vier Kellner und acht Stubenmädchen für die Gäste da. Betrug die amtliche Einwohnerzahl im Jahr 1885 noch 261, so waren es im Jahre 1910 bereits 443 mit steigender Tendenz.
 
Der Reiseweg führte den An- und Abreisenden bevorzugt mit der Bahn bis nach Travemünde und von dort auf dem Seeweg weiter nach Kellenhusen. Vorbei an anderen Ostseebädern und weiter. Schon sehr früh hatten sich Schiffsverbindungen, die von Travemünde oder Kiel alle Ostseebäder der Lübecker Bucht anliefen, gebildet. Vor Kellenhusen angekommen, wurde der Gast von den ehemaligen Berufsfischern und jetzigen »Fährmännern«, die Berufsfischerei war bereits aufgegeben und es langte nur zur Nebenerwerbsfischerei, mit den Booten angelandet. Ein Landungssteg sorgte für das ordnungsgemäße »An- und Ablanden« der Gäste und so hatte sich Kellenhusen 1884 langsam in die Seebäderscala Grömitz (1813) und Dahme (1881) eingereiht.
 
Ein sehr großer Nachteil für die Entwicklung des Ortes war die Abgelegenheit und schlechte Landanbindung gewesen. Der Reisende scheute, aufgrund der schlechten Wegstrecke, die Fahrt mit der Kutsch von dem Bahnstandort Lensahn. Führte doch der Weg von der befestigten Landstraße Grömitz-Grube, ab Grönwohldshorst auf den unbefestigten Abzweig (heutiger Kroneichenweg) durch das Guttauer Gehege, an der Krohn- und Königseiche vorbei bis zum Rittbruch und endete bei den heutigen Kleingärten am Ortseingang Waldstraße.
 
Nahm der Anreisende aber die schlechte Wegstrecke durch das Guttauer Gehege in Kauf, dann wurde er von dem herrlichen Baumbestand und der Ruhe reichlich entschädigt.


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