Für mehr Gleichberechtigung im Straßenverkehr

Reporter Eutin 808
Tom Machoy, Sprecher der Ortsgruppe, auf einer Bank am neugestalteten Rosengarten: Zwar sei der Fußweg schön breit, jedoch blockiere die Bank große Teile des Weges

Tom Machoy, Sprecher der Ortsgruppe, auf einer Bank am neugestalteten Rosengarten: Zwar sei der Fußweg schön breit, jedoch blockiere die Bank große Teile des Weges

Eutin (hr). Eutin ist eine wunderschöne alte Stadt - jedoch birgt besonders der historische Stadtkern für Fußgänger*innen, ältere Bürger*innen mit Rollator, und Rollstuhlfahrer*innen einige Risiken. Noch immer hat der motorisierte Verkehr in der Stadt Vorrang, es gibt bereits Initiativen für bessere und sicherere Radwege - nur der Fußverkehr ist bisher auf der Strecke geblieben. Die neu gegründete Ortsgruppe Eutin des FUSS e.V. will das nun ändern.
„Wir haben viele Unterlagen bezüglich der Verkehrsplanung der Stadt Eutin gesichtet und mussten feststellen, dass der Fußverkehr da leider sehr vernachlässigt wurde“, sagt der Sprecher der Ortsgruppe Eutin des FUSS e.V., Tom Machoy. In Bezug auf den Radverkehr habe sich zwar in den letzten Jahren einiges verbessert, aber insgesamt stünde der motorisierte Verkehr noch immer zu sehr im Vordergrund.
Sowohl in den Planungen der Stadt als auch in den Köpfen der Verkehrsteilnehmer*innen hat der motorisierte Verkehr oft noch immer Vorrang. „Bekannte von mir fahren lieber mit dem Auto als mit dem Fahrrad eine kurze Strecke in die Innenstadt, weil sie Angst haben, mit dem Fahrrad nicht sicher anzukommen. Es gibt viele Diskussionen über die Parkgebühren in der Innenstadt, aber nicht darüber, wie man barrierefrei zu Fuß die Stadt erkunden kann,“ berichtet Machoy. Solche Prioritäten möchte der FUSS e.V. verschieben: Verkehrsplanung sollte darauf ausgelegt sein, gleichberechtigt für alle Verkehrsteilnehmer zu funktionieren, sowie Sicherheit und Bequemlichkeit auch im nicht-motorisierten Verkehr zu gewährleisten.
Wer einmal in einem Rollstuhl durch Eutin gefahren ist, wisse wie schwierig das ist - und das gilt auch für Menschen, die beispielsweise einen Rollator nutzen, sagt Machoy: „Nicht nur das unebene Kopfsteinpflaster, auch zu hohe Kantsteine - 2 cm dürfen es maximal sein, um als barrierefrei zu gelten - und auf Gehwegen parkende Autos behindern den Verkehr für Rollstuhlfahrer, die dann im schlimmsten Fall auf die Straße ausweichen müssen.“ In der Albert-Mahlstest-Straße beispielsweise ist es erlaubt, teilweise auf dem Gehweg zu parken, Autofahrer parken meist so, dass der Großteil des Wagens auf dem Fußweg steht. „Zu Fuß mag man da noch vorbeikommen, aber sobald man einen Rollator dabei hat, oder auf einen Rollstuhl angewiesen ist, wird es zu eng“, so Machoy.
Doch es gebe auch gute Beispiele in der Stadt: „Der Fußgängerüberweg über die Albert-Mahlstedt-Straße zur Fußgängerzone ist richtig gut: Die Fußgängerampel hat kurze Wartezeiten, der Überweg ist so hoch, dass keine hohen Kantsteine bewältigt werden müssen, und durch den Hügel wird der Verkehr zusätzlich verlangsamt, um die Sicherheit zu gewährleisten.“
Dass solche verkehrsverlangsamenden Maßnahmen nötig sind, beweist eine Stunde im Abendverkehr am neu gestalteten Rosengarten: Kaum ein Autofahrer, der in der Zeit vorbei fährt, hält sich an die vorgeschriebenen 20kmh und geparkt wird auch außerhalb der eingezeichneten Parkbuchten. Mitten auf dem Fußweg steht ein Hinweisschild eines Restaurants, daran vorbei zu gehen ist für einen Fußgänger problemlos möglich - mir einem Rollator wird es schon wieder eng. „Der neue Rosengarten ist ein Beispiel für eine gute Verkehrsplanung mit einigen negativen Elementen“, erklärt Machoy. „Die eingelassenen Leitstreifen sind gut, die Bürgersteige breit, die Kantsteine zwei Zentimeter hoch, die Zone ist verkehrsberuhigt. An die vorgeschriebene Geschwindigkeit hält sich jedoch kaum jemand, falschparkende Autos blockieren die Fußwege. Eine Bank steht mitten auf dem Fußweg und die zwei Zentimeter sind zwar offiziell barrierefrei, aber nicht gerade bequem.“
Der FUSS e.V. sieht seine Aufgabe erst einmal darin, eine Bestandsaufnahme zu machen: An welchen Stellen ist der Verkehr für Fußgänger*innen besonders gut geregelt, wo gibt es Probleme und wie kann man diese beheben? Dabei soll nicht nur auf Barrierefreiheit und Bequemlichkeit Wert gelegt werden, auch eine ausreichende Beleuchtung soll für Sicherheit sorgen und klare Beschilderungen Touristen den Weg durch Eutin weisen, ohne sie in die Irre zu führen, weil die Schilder längst veraltet sind.
„Vieles ist auch einfach Einstellungssache“, sagt Machoy. „Wir sind alle Verkehrsteilnehmer, die fair und gleichberechtigt sein sollten, egal ob mit Auto, Fahrrad, Rollator, Rollstuhl oder zu Fuß!“