Wenn der rosa Hase von der Wickelkommode stürzt

Reporter Eutin 270

Malente (ed). Der rosa Hase ist verletzt. Von der Wickelkommode gefallen. Jetzt liegt er da und hat große Schmerzen. Mal gut, dass Lina, Fiona, Mayla, Emmy, Hedda, Travis und Fiete und ihre FreundInnen aus der Malenter Spielstube genau wissen, was zu tun ist. Zuerst: „Warm zudecken“, sagt Fiona. „Genau“, sagt Esther Timm, „und dann?“ „Der Notruf!“, strahlt Lina, nimmt das Telefon, wählt 112 und ruft Esther Timm an – auf deren Fragen antwortet die Dreijährige gewissenhaft und genau. Sie heißt Lina, ist in Malente in der Spielstube, der Hase ist abgestürzt, hat Riesenschmerzen und braucht Hilfe – und so lange die unterwegs ist, was können Lina und ihre FreundInnen da machen? „Trösten“, ruft Mayla. Also sitzen die Mädels um den verletzten Hasen unter der Wärmedecke und streicheln ihn.
„Gut gemacht“, freut sich Esther Timm. Die Chefin der Eutiner Johanniter Unfallhilfe schult eigentlich Erwachsene und Grundschulkinder ab der dritten Klasse in Erster Hilfe – auch das Team der Malenter Spielstube hat sie geschult, deshalb sind die ErzieherInnen mit der Bitte an sie herangetreten, ihren Lütten spielerisch zu vermitteln, wie sie sich in einer Notsituation verhalten sollen. „Und die Kinder machen das prima“, freut die Notfallsanitäterin sich, „sie haben schon einen 1a-Notruf abgesetzt, wissen, dass Warmhalten und Trösten wichtig sind, denn Verletzte frieren schnell und brauchen jemanden, der sie beruhigt.“
Den Anstoß zu dem Mini-Erste Hilfe-Kurs hat Wencke Pirsig aus dem Team der Spielstube gegeben, denn die Erzieher-Schülerin schreibt an ihrer Hausarbeit über „Kompetenzerweiterung durch Rollenspiele“, also darüber, wie Kinder komplexe Aufgaben übers Spielen erlernen und auch behalten. „Da lag es nahe, das mit Erster Hilfe auszuprobieren“, sagt sie, „und deshalb haben wir Esther Timm eingeladen, die wir schon von unserer eigenen Schulung kennen.“ Wencke Pirsig wird jetzt in den kommenden Wochen immer mal wieder testen, was die Kinder behalten haben, fragen, was sie machen, wenn jemand verunglückt, und mit ihnen wiederholen, was sie von Esther Timm gelernt haben. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die schöne Nebenwirkung des Erste-Hilfe-Kurses für ganz Kleine: Wenn derjenige, der von der Wickelkommode stürzt, nicht der rosa Hase sondern das Baby-Geschwisterchen ist, können die Spielstuben-Kinder ihre Eltern super unterstützen. So muss sich auch das im Wald verunglückte Einhorn keine Sorgen mehr machen, denn die Kinder wissen nicht nur genau, wie man den Rettungswagen ruft, sondern auch, wie man das Einhorn aus dem Wald trägt, wenn es an einer Stelle liegt, die kein Fahrzeug erreichen kann. Zusammen rollen sie eine Decke zu einer Trage, bis das Einhorn sicher liegt, und tragen es aus dem Zimmer.
„Die Kinder sind unendlich wissbegierig“, freut sich Esther Timm über ihre gelehrigen kleinen SchülerInnen zwischen zwei und vier Jahren, „ihnen macht es Spaß, alles so lang zu üben, bis sie es können – sie legen den Hasen in die stabile Seitenlage, trösten und rufen Hilfe wie die Großen, super. Und Verbände können sie auch schon anlegen.“ „Mit einer Kompresse“, ergänzt Emmy und legt das weiße Stoffstück auf den Drachenkopf, den Fiona dann fachgerecht verbindet. Und das machen die beiden so gut, dass wahrscheinlich der Drache, der sich nicht nur eine Gehirnerschütterung eingefangen sondern auch den Schwanz gebrochen hat, bald ohne Spätfolgen wieder fliegen kann.