Stabiler Ersatz für ein marodes Holzfloss

Reporter Eutin 832

Lebrade (los). Im Schlick der flachen Fischteiche von Lebrade fest verankert bieten die 16 Quadratmeter Floßfläche einer kleiner Kolonie Flussseeschwalben von rund 20 Paaren in der nächsten Brutsaison 2021 genügend Platz. Am 21. Oktober ist die neue, für die Vögel konzipierte Plattform aus Segmenten zusammengebaut und mit einer Schicht Kieselsteine sowie einer Lage Schilfmatten bedeckt worden. Die künstliche Insel ist als Ersatz für ein marodes Brutfloß aus Holz zu Wasser gelassen und „zu Fuß“ durch das flache Gewässer an seinen Platz geschoben worden. Mit ihren Helfen, die bei der Aktion mit angefasst haben, hoffen Fritze Heydemann von der Marius Böger Stiftung als Pächterin der Teiche, Bernd Koop, Betreuer des EU-Vogelschutzgebietes Plön-Selent und Jens Rethwisch, Integrierte Station Holsteinische Schweiz des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, auf eine erfolgreiche Besiedlung im kommenden Frühjahr, wenn die auf der Roten Liste stehenden kleinen Zugvögel wieder eintreffen. Finanziert wurde das schwimmende Deck mit Mitteln aus dem Artenhilfsprogramm des Ministeriums, die Kosten betrugen rund 9000 Euro, berichtet Jens Rethwisch, der den Antrag zur Förderung beim Ministerium gestellt hat. Bewährt habe sich das System bereits in der Geltinger Birk. Den deutschen Generalvertrieb für diesen Floßtyp habe die Firma Duwe & Partner GmbH aus Sachsenhausen in Hessen. Kaum mehr als eine jährliche Säuberung umfasse die Pflege.
Aufgrund der Witterungsbeständigkeit des „lebensmittelfest“ klassifizierten Materials seien 30 Jahre Garantie gegeben, erläutert Fritz Heydemann. Immerhin besteht ein ständiger Kontakt mit Wasser. Hinzu kommen Wind und Sonneneinstrahlung, die auf den Kunststoff einwirken.
Die Witterung erwies sich bei dem ausgedienten, aber erst zweieinhalb Jahre alten Holzfloß, als zermürbender Faktor, schildert Heydemann. „Das Holz rottet und der PU-Schaum bröselt“, erklärt er mit Blick auf die Schwimmschicht unter den Planken, die so peu à peu zu Mikroplastik zerfällt. „Es war auch nur eine Notlösung.“ Denn auch Anfang Mai 2018 hatte bereits ein Vorgängermodell ersetzt werden müssen, das seinerseits durch die Winterstürme zerborsten war und so keine Funktion mehr hatte. Nur drei Sommer lang hatte es gehalten: Das Lebrader Floßprojekt für Flussseeschwalben startete in der ersten Saison 2015 mit zwei Vogelpärchen. 2017 seien bereits 11 Paare Flusseeschwalben auf der Brutinsel gezählt worden, 12 Paare waren es 2019.
Die Tiere benötigten freie Inselflächen für die Kükenaufzucht. Aber solche gebe es zu wenige in der Region, selbst im Großen Plöner See. Auch die kleine natürliche Insel im Lebrader Teich sei zu stark bewachsen, erklärt Fritz Heydemann.
Die nächste größere Kolonie Flussseeschwalben brütet im Sommer im Ascheberger Teil des Gewässers. Das liegt rund sieben Kilometer Luftlinie von Lebrade entfernt und damit im Ausflugsbereich der jagenden Vögel, die in die Region ausschweifen, um an Gewässern Insekten und vor allem kleine Fische zu erbeuten. So erklärt sich die prompte Inbesitznahme der künstlichen Insel und wirft ein Licht auf den Mangel geeigneter Brutplätze. Denn die Flussseeschwalben benötigten den freien Blick in die Umgebung, um aus ihrer niedrigen Perspektive eine Gefahr frühzeitig wahrnehmen zu können. Schon wenige auf der Schilfmatte aufgewachsene Pflanzen wären ein Störfaktor.
Eine selbst gebaute erhöhte Umrandung der Fläche aus Kunststoff-Terrassenplanken soll außerdem Nesträuber wie Minks daran hindern, auf den Ponton zu klettern. Dass auch die brütende Konkurrenz die künstliche Insel für sich in Anspruch nehmen könnte, ist unwahrscheinlich. „Möwen ziehen einen niedrig bewachsenen Untergrund vor“, erklärt Fritz Heydemann. Zudem verstünden es die kleinen Flussseeschwalben gut, ihren Bereich gemeinschaftlich und mit der nötigen Aggressivität zu verteidigen und mögliche Eindringlinge so erfolgreich zu vertreiben. So gäbe es einschlägige Berichte von Ornithologen, die von entschlossen piekenden Flussseeschwalbenschnäbeln attackiert worden waren. „Es empfiehlt sich nicht, in so eine Kolonie hineinzugehen“, unterstreicht Fritz Heydemann trocken.
Die Lebrader Teiche, die ursprünglich ein zusammenhängendes Gewässer bildeten, bis die Straße nach Selent dieses durchteilte, bieten vielen Tieren Lebensraum. Damit die ehemaligen Fischteiche mit einer Wassertiefe von rund einem Meter nicht weiter verlanden und sich die ebenso dicke Schlammschicht nicht noch weiter aufbauen kann, wird das Wasser samt der darin lebenden Fische derzeit wieder in die Kossau abgeführt. Ein kleiner Bestand Fische bleibe dennoch erhalten, was sich für die Vögel als Vorteil erweist: kleine Stichlinge stehen auf dem Speisezettel der Flussseeschwalben.
Entscheidend sei der Kontakt des Grundes mit dem Luftsauerstoff, erklärt Fritz Heydemann den Zweck des Wasser Ablassens. Denn dieser fördere die Umsetzung abgesunkenen organischen Materials. So bleibe der Zustand der Weiher weitgehend unverändert für die Vogelwelt erhalten.