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Marlies Henke

Podiumsdiskussion zum Thema Sozialer Wohnungsbau

Ostholstein. Der Kirchenkreis Ostholstein und das Diakonische Werk laden am Mittwoch, dem 20. April ab 19 Uhr in den Räumen der Kirchengemeinde in Bad Malente, Janusallee 5, zu einem Podiumsgespräch zum Thema Sozialer Wohnungsbau ein.
Eine bezahlbare Wohnung in Ostholstein zu finden, ist alles andere als leicht. Hartz IV-Beziehende und Geringverdienende, die aufstocken müssen, stehen dabei vor dem immer gleichen Hindernis: Wer seine Miete nicht alleine bezahlen kann, ist an die „Richtwerte für angemessene Kosten der Unterkunft (KDU)“ gebunden. Und da darf der Quadratmeter Wohnraum im Durchschnitt nicht viel mehr als sechs Euro Bruttokaltmiete kosten. Vor allem in Eutin und in den Küstenorten ist das fast illusorisch. Allein in Eutin liegt die Durchschnittsmiete bei zehn Euro – Nettokaltmiete.
Der Wohnungsmarkt dürfe nicht allein den Gesetzen des Marktes überlassen werden, fordern deshalb Ulrike Haasler, Sozialberaterin beim Diakonischen Werk des Kirchenkreises, und Daniel Hettwich, Flüchtlingsbeauftragter des Kirchenkreises. Mit Blick auf die Landtagswahl beschreiben sie, wo aus ihrer Sicht der Schuh in Sachen Wohnungspolitik am stärksten drückt.
Sozialwohnungen mit einer entsprechenden Mietpreisbindung gebe es viel zu wenig – und es würden auch immer weniger, bilanziert Daniel Hettwich. Er hat sich intensiv mit der Vermittlung von Wohnungen für Flüchtlinge befasst, die auf dem Wohnungsmarkt ohnehin die geringsten Chancen hätten. Im Kern gehe es jedoch um ein strukturelles Problem: „1990 gab es bundesweit drei Millionen sozial gebundene Wohnungen; heute gibt es nur noch etwas über eine Million. Das liegt daran, dass diese Wohnungen nach 35 Jahren aus der Mietpreisbindung rausfallen, aber kaum neue gebaut werden“, sagt Hettwich. Von ehemals etwa 300 Sozialwohnungen in Eutin gebe es gerade mal noch gut 70.
Aus Sicht von Haasler und Hettwich beginnt die Problematik schon bei der Frage, was überhaupt als bezahlbarer Wohnraum gelte. So habe kürzlich ein Investor davon gesprochen, dass er für 11 bis 13 Euro Nettokaltmiete bezahlbaren Wohnraum baue. „Da liegt die Diskrepanz. Die Formulierung bezahlbarer Wohnraum wird immer weiter gedehnt und ist weit weg von dem, was nach den KDU-Richtlinien als angemessen gilt“, so Haasler.
Wobei die beiden durchaus die Argumentation vieler Bauunternehmen nachvollziehen können, die lieber die Finger von Sozialbauten lassen. Denn angesichts rapide steigender Baukosten müssten sie etwa 4.000 bis 5.000 Euro für jeden neugebauten Quadratmeter Wohnfläche investieren. Unter Berücksichtigung der KDU-Richtlinien dürften es jedoch maximal 2.500 Euro sein, damit so ein Investment bei sechs Euro Bruttokaltmiete überhaupt tragfähig sei. „Die staatlichen Förderungen sind viel zu niedrig und werden nicht in Anspruch genommen, weil sie für das Bauprojekt als Ganzes nur minimale Rendite versprechen“, so Hettwich. Es gehe nicht um einen sozialen Auftrag, sondern um Rendite. „Das ist aus meiner Sicht das Hauptproblem“, meint er. Da auch kommunale Wohnungsbaugesellschaften gehalten seien, eine Rendite zu erwirtschaften, fehlten echte Anreize für den sozialen Wohnungsbau.
Für Geringverdienende sei es übrigens keine Alternative in abgelegenen Ortschaften im Binnenland nach Wohnungen zu gucken. Zwar würden sie dort vielleicht fündig, doch sei die Verkehrsanbindung meist schlecht und mit einem Arbeitsplatz etwa in der Gastronomie an der Küste kaum zu vereinbaren. Ein eigenes Auto könnten sich ohnehin nur die wenigsten der Betroffenen leisten, wissen Haasler und Hettwich aus ihren Gesprächen mit Rat- und Hilfesuchenden. „Die Menschen zahlen teilweise die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen. Das ist einfach zu viel“, kritisiert Haasler. Sie plädiert angesichts der sich verschärfenden Situation dafür, kurzfristig auch den Altbestand an Immobilien mit in den Blick zu nehmen und die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass beispielsweise energetische Auflagen bei der Sanierung nicht zum Hemmschuh würden. Auch die Umwidmung von Gewerbeimmobilien oder anderen Gebäuden sei eine Möglichkeit, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen.
Haasler und Hettwich sind deshalb gespannt auf das Podiumsgespräch am 20. April. Dort werden Vertreter und Vertreterinnen von CDU, SPD, Grünen, FDP, AfD und SSW sowie der Linken und der Freien Wählern ihre Vorstellungen einer künftigen Wohnungspolitik formulieren können. (red)


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