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Große Kunst nach Feierabend

Süsel (aj). Süsel, mittwochs um 19 Uhr: Während in vielen Häusern Abendbrot oder Nachrichten serviert werden, nimmt im Sitzungsaal des Süseler Rathauses der Maler Jens Peter Mardersteig eine Gruppe Kunstinteressierter mit auf eine Reise in die Welt der Kunst. Seit 15 Jahren erbringt er im Vhs-Semester Woche für Woche den Beweis, dass man auch im kleinen Ort groß denken kann und dass es nicht mehr braucht als ein waches Auge, ein offenes Ohr und einen beweglichen Geist, um sich für die Kunstgeschichte zu begeistern. Die Beweglichkeit ist die vielleicht wichtigste Voraussetzung, denn Mardersteig legt auf seinen Streifzügen durch die Bilderwelten und die Geschichte dahinter ein behendes Tempo vor, schlägt Bögen und biegt immer wieder ab in die benachbarten Geisteswissenschaften. Dabei hat er seine Reisegruppe immer im Blick, sorgt mit einer Frage zur rechten Zeit und einer guten Prise Humor dafür, dass niemand unterwegs verlorengeht. Denn schließlich hat er ein Ziel: Menschen und Kunst miteinander zu verbinden. 

Der nächste Kurs startet am Mittwoch, 1. Oktober, um 19 Uhr im Rathaus. Auch wenn viel schon lange dabei sind, ist der Neueinstieg dringend zu empfehlen. „Genremalerei: Die Entdeckung des Poetischen im Alltäglichen“ ist das Thema. Mardersteig nimmt das Sittenbild, also die Darstellung alltäglicher Szenen mit anonym bleibendem Personal unter die Lupe und konzentriert sich ausschließlich auf den Impressionismus: „Obwohl die 1874 aus der Taufe gehobene impressionistische Stilepoche gleichbedeutend ist mit dem Triumph des Landschaftsbildes, in dem sich Sujet und Motiv in luzide Eindrücke auflösen, ist der Anteil des ‚Genre‘ in vielen Werken des Impressionismus hochbedeutend: schon die viele Landschaftsbilder belebende figurale ‚Staffage‘ enthält ein Genre-Element“, heißt es in der Kursbeschreibung und der Eindruck täuscht nicht: Hier wartet geballtes Wissen. Zugänglich macht es Mardersteig über die Bilder selbst: Die Werke werden mit dem Beamer gezeigt, Textplakate begleiten jede Sitzung. 

Für die dafür notwendige Vorbereitung hat Mardersteig in Brigitte Maas eine verlässliche Zuarbeiterin. Sie bereitet das Material vor und an ihrem Esstisch ist einst die Idee entstanden, Kunst und Süsel zusammenzubringen. Von Anfang an stand fest: Wenn, dann mit Jens Peter Mardersteig. Vor dem Kurs treffen sich die beiden, Mardersteig erzählt, welche Bilder er zeigen will, den Rest erledigt Brigitte Maas. In den 15 Kurs-Jahren hat sich ihr Blick verändert: „Ich fotografiere ganz anders, schau genau, was ich ausdrücken will“, erzählt sie. Ihr Horizont habe sich erweitert. 

Und Mardersteig selbst, warum ist er solange dabei? „Ich kann meine eigene Leidenschaft ausleben“, lautet seine Antwort und dann zitiert er einen Berufskollegen: „Beuys sagte: Du musst dankbar sein, dass man dir zuhört!“ Um Geschmack oder die Frage des Mögens gehe es ihm nicht: „Mich interessiert, was wann gewesen ist, wie sich das Eine aus dem Anderen heraus entwickelt.“ Genau das macht er für seine Gruppe deutlich: „Er erklärt es systematisch, dann kann man es für sich nachvollziehen“, sagt Angela Dornberger. Es ist ein Kurs, in dem viel gelacht und ernsthaft gestaunt wird, und den man klüger verlässt, als man ihn begonnen hat. 

Wer also bis März an jedem ersten Mittwoch des Monats eine Verabredung mit Degas, Renoir, Toulouse-Lautrec und Utrillo, Monet, Sisley und Cézanne haben möchte, kann sich unter bei der Vhs Süsel Dienstag und Donnerstag von 9 bis 13 Uhr unter Telefon 04521-793-118 oder per E-Mail an a.baske@suesel.vhs.cloud anmelden. Mitzubringen sind eine Ordnungsmappe DIN A3, Stift und Notizblock. Für die Kopierkosten erhebt der Referent vor Ort einmalig 6 Euro. Der Kurs findet von 19 bis 20.30 Uhr statt. Zum Semesterende ist ein Museumsausflug geplant.


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