Reisebericht: Neustädterin legte 360 Kilometer auf dem SUP zurück
Neustadt/Magdeburg. Ein Zelt, ein Gaskocher, ein schmal geschnittenes Touring-SUP, mehr brauchte Anne Kraatz aus Neustadt nicht für ihr neuestes Abenteuer. Zwei Wochen lang paddelte die passionierte Sportlerin allein auf der Elbe von Ústí nad Labem in Tschechien bis nach Magdeburg und legte so insgesamt 360 Kilometer auf dem Stand-up-Paddleboard zurück.
Die Idee zu dieser außergewöhnlichen Tour wurde bereits vor zwei Jahren geboren, als sie bei einer mehrtägigen Havel-Tour erstmals die Elbe erreichte: „Ich war überwältigt von der Weite und Eleganz dieses Flusses. Da war klar: Ich will die Elbe hinabpaddeln.“ Zur Sommersonnenwende dieses Jahres war es dann so weit. Kraatz startete in Böhmen, durchquerte das Elbsandsteingebirge mit seinen bizarren Felsformationen, passierte Dresden, Meißen und Torgau und kämpfte sich trotz starker Gegenwinde bis nach Magdeburg. Täglich legte sie im Schnitt 30 Kilometer zurück, im Stehen, Sitzen oder Kniestand.
Besonders fordernd: zehn Tage lang blies der Wind von vorn. Doch es waren nicht nur Wetter und Strömung, die sie herausforderten. Auch technische Probleme setzten ihr zu: „Eine Naht am Board ließ Luft und ich musste jeden Morgen neu aufpumpen, bis mir ein hilfsbereiter Bootsmeister helfen konnte.“
Unterwegs übernachtete sie auf Zeltplätzen und bei Wassersportvereinen, begegnete Radfahrern, Paddlern und anderen Outdoor-Enthusiasten.
Besonders berührt hat sie auch die vielfältige Tierwelt entlang des Flusses: Rotmilane, Rehe, Hermeline und Seeadler begleiteten sie, ebenso wie mehrere Sommergewitter. Nach 14 Tagen kam Anne Kraatz erschöpft, aber glücklich in Magdeburg an. Und eines steht für sie jetzt schon fest: 2026 soll die zweite Etappe folgen von Magdeburg bis Geesthacht. Denn wie sie sagt: „Die Elbe verbindet meine alte Heimat Sachsen mit meinem Zuhause in Schleswig-Holstein.“ (red)
Lesen Sie hier den ganzen Reisebericht von Anne Kraatz:
"Als ich vor 2 Jahren nach einer 10-tägigen SUP Tour auf der Havel in die Elbe mündete, war ich überwältigt von der Weite und mächtigen Eleganz des breiten still dahinfließenden Stromes Elbe. Dort auf dem kleinen Brett mitten in der Strömung umgeben von tanzenden Kranichen wurde in mir die Idee geboren, die Elbe flussabwärts mit dem SUP Board zu paddeln.
Ich war begeistert, der Funke entfacht.
Zur Sommersonnenwende diesen Jahres startete ich meine Abenteuer Tour, nach Albträumen angesichts der möglichen Gefahren, doch voller Adrenalin und hoch gespannt was mich erwartete.
In 14 Tagen wollte ich von Usti nad labem in Tschechien bis nach Magdeburg SUPen, 360km auf dem Fluss.
Durch Böhmen, die Heimat meiner Vorfahren, durch das Elbsandsteingebirge, womit ich viele abenteuerliche Kindheitserinnerungen mit meiner Familie beim Felsklettern verband, durch Dresden, meinem Geburtsort bis nach Magdeburg.
Vom Bahnhof in Usti trug ich mein Board, die Paddel und meine wasserdichten Seesäcke ans nahegelegene Elbufer und startete mein SUP Abenteuer. Allein, doch gut vorbereitet durch verschiedene Mehrtagestouren z.B. auf der Schwentine in den letzten Jahren seit Corona, als ich mein erstes Allrounder SUP Board gebraucht erstanden hatte.
Nun lag ein Profi Touringboard, schmal und spitz geschnitten und flott – mein Zweites - mit allem Lebenswichtigen für 14 Tagen vor mir am Ufer: Zelt, Schlafsack, Isomatte, Gaskocher, Wechselkleidung und Lebensmittel für die ersten Tage. Gut verpackt in wasserdichten Seesäcken.
Im Nu wurde ich von der flotten Strömung erfaßt und mein Herz pochte, als ich unter der ersten hohen Brücke hindurchfuhr in die Mitte des Stromes.
Auf meiner Tour erlebte ich eine einzigartige Elblandschaft, das sanfte böhmische Mittelgebirge, die schroffen Felsen Bad Schandaus und der Bastei, die Festung Königstein, aber auch weite Wiesen und Elbauen mit einer Vielzahl von heimischen Tieren. Mir begegneten Hermeline (Wiesel), etliche Graureiher und Nilgänse, Seeadler und Rotmilane begleiteten mein Board.
Schaufelraddampfer stampften an mir vorbei, den gefährlichen Seilfähren musste ich ausweichen, aber auch massiven riesigen Brückenpfeilern und Eisentonnen-Bojen bildeten Hindernisse, auf die mich die flotte Strömung der Elbe zutrieb.
Und ich genoss es! Ich liebte mein Leben auf diesen 3qm. Es war überschaubar, ich hatte alles was ich brauchte an Board. Einfach unterwegs zu sein macht das Lebensgefühl soviel leichter, beschwingter, schöpferischer und flexibler.
Ich legte an wunderschönen Sandbänken an, aß mein Picknick unter großen schattenspendenden Bäumen am Ufer, beobachtete Schafherden, Rinder und Pferde, aber auch Rehe und Hasen die aus der Elbe tranken bei der großen Hitze von 38 Grad Celsius Anfang Juli. Es berührte mich im Herzen für wie viel Tiere und Pflanzen die Elbe die wasserspendende Lebensader war und welche Verantwortung wir als Menschen für die Wasserqualität damit verbunden tragen.
Ich übernachtete auf Wasserrastplätzen, Zeltplätzen und bei Wassersportvereinen, begegnete interessanten Menschen, oft gleichgesinnte Flusspaddler oder Elbe Radfahrer, anderen Outdoor Abenteurern mit denen ich oft schnell in tiefe Gespräche kam. Reisen öffnet das Herz. Denn du fühlst dich als Teil einer Flussgemeinschaft, vom Geist der Elbe durchdrungen, diesem wunderschönem kostbaren in den ersten Sonnenstrahlen glitzernden Fluss.
Doch dann kam der Westwind als Gegenwind die Elbe heruntergeweht und der 10-tägige Kampf begann. Es forderte mich enorm heraus mit dem leichten Board über viele Kilometer hinweg gegen den Wind anzupaddeln. Zum Glück hatte ich neben dem Stechpaddel mit dem ich im Stehen fuhr auch noch ein Doppelpaddel an Board. Jetzt brauchte ich es dringend, oft ab Mittag frischte der Wind auf und wurde zum Nachmittag immer stärker und unerbittlicher. So gab es Tage wo ich 28km im Stehen SUPte und auch Tage die ich überwiegend im Sitzen oder kniend paddelte.
Es kam jetzt auf meine Ausdauer und Kondition an als jahrelange Sportlerin, Läuferin und Trainerin. Meine Widerstandskraft, Durchhaltevermögen und Resilienz wurde abgerufen und zwar jeden Tag aufs Neue.
Im Durchschnitt schaffte ich 30km pro Tag. Jeden Abend war ich völlig erschöpft doch glücklich, am Zeltplatz oder in der nächsten Stadt angekommen zu sein. Ich baute mein Zelt auf, kochte mir auf meinem Gaskocher ein einfaches warmes Essen und fiel nach der erquickenden Dusche abgekämpft in den Schlaf. Manches Mal erholsam doch nicht immer, Käuzchenschreie auf dem Baum unter dem mein Zelt stand hielten mich wach, Partystimmung einer nahen Hochzeitsfeier oder auch nächtliches Gewitter und Donnergrollen.
Zweimal erlebte ich die Elbgewitter mit vorab heftigen Windböen und hohen Wellen die mein Board seitlich ans Ufer drückten, wo ich mich natürlich schnellstens in Sicherheit brachte. Regen der waagerecht über den Fluss peitschte, Äste und Zweige die tief ins Wasser gedrückt wurden. Blitze die übers aufgepeitschte Wasser zuckten. Und das kurz vor dem rettenden Ziel, nur 2km weiter mein Kanuvereinsplatz den ich ansteuerte. Es wurde ein sehr langer Tag, erst 20 Uhr traf ich erschöpft am Platz ein.
Doch der nächste sonnige Morgen lockte mich wieder auf die Elbe und ließ mich all die vergangene Mühsal vergessen. Zart glitzerten die ersten Sonnenstrahlen auf dem fast windstill fließenden Strom und meine Begeisterung, meine Lebensfreude wurde aufs neue erweckt.
So durchlebte ich auf dieser Reise Höhen und Tiefen, lernte Städte kennen wie Meißen und Torgau wo ich mir die Schlösser und Burgen betrachtete und genoss die vielfältige Landschaft die mir die Elbe schenkte. Ich erlebte Hitze, Wind, Regen und Gewitter. Ausgerechnet bei 38°C hatte ich die längste Tagestour vor mir: 35 Kilometer. Ich brauchte 9 Stunden und ging jede Stunde einmal vom Board aus in die Elbe schwimmen, es war erquickend, wenn auch nicht immer sauber. In der Mitte der Strömung ging es, am Rand sammelten sich Algen und Schlieren der Schiffe und Abwässer.
Ich bin auf dieser Reise nicht einmal gekentert, worauf ich mit Recht stolz sein kann angesichts der heftigen Seitenwinde die mich erfassten, sobald ich aus dem Windschatten fuhr.
Doch ich durchstand auch Missgeschicke, so ließ eine poröse Naht von Anfang an Luft und ich musste das Board jeden Morgen erneut aufpumpen, Flicken hielten nicht, der Innendruck von 1bar war zu hoch für den Kleber. Bis ein hilfsbereiter Bootsmeister eines Kanuclubs die Naht mit Spezialkleber vulkanisierte und dicht bekam.
Die Reise machte mich dankbarer und demütig angesichts der Naturkraft, der ich mich bewusst auslieferte. Ich freute mich über kleine Dinge, einen Apfel oder Kirschen am Morgen, ein Kind am Ufer mir zuwinkend, ein Fisch aus dem Wasser springend direkt vor mir, Rotmilane bei der Fischjagd beobachtend und immer wieder schattenspendende Bäume am Ufer oder neben meinem Board schwimmend und mich von der Strömung mitnehmen zu lassen. In diesen Momenten war ich glücklich, ich erlebte Zeitlosigkeit, genoss den jetzigen Moment in seiner reinen Fülle. Ich vermisste nichts. Ich war genau am richtigen Ort zur richtigen Zeit.
Danke von ganzem Herzen für diese wunderbare anstrengende inspirierende und verrückte Tour die mich sehr wachsam sein ließ, sehr bewusst den Moment erfahren ließ, die meditative Stille beim Mich-Treiben -Lassen genießen ließ, meine Achtsamkeit und Besonnenheit schulte. Man kann soviel lernen vom Fluss. Wie einst Siddharthja in Hermann Hesses gleichnamigen Buch.
In Magdeburg nach 14 Tagen und 360 Kilometer SUPen glücklich und erschöpft angekommen, tauchte sofort die Idee auf: 2026 werde ich die Elbe weiterpaddeln von Magdeburg bis Geesthacht. Ein weiteres Abenteuer wartet auf mich! Ich werde über die ehemalige deutsche Grenze SUPen.
Die Elbe als Fluss verbindet meine alte Heimat Sachsen mit meiner jetzigen Heimat, Schleswig Holstein. Verbindet Osten und Westen.
Danke für die Unterstützung und Hilfsbereitschaft, Motivation und Ermutigung meines lieben Mannes Jörg und vieler freundlichen Menschen und Gefährten auf meinem Weg."
Anne Kraatz, SUP Flusswanderin

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