

Neustadt. Barbara Helbach und Uwe Muchow waren zu Gast bei
der Schülerzeitung scratch! Wir haben mit den beiden Mitgliedern des Kuratoriums
ausführlich über das Folklore-Festival gesprochen, welches alle drei Jahre auf
dem Marktplatz stattfindet.
Zur Einstimmung haben wir einen kurzen Film über das diesjährige Festival
geschaut. Danach haben wir im Interview ganz viel davon erfahren, wie das
Festival organisiert wird. Hier ist ein Ausschnitt des Interviews zu lesen. Das
ausführliche Interview mit noch mehr Hintergrundinfos ist zu lesen bei:
www.jls.sh in der Rubrik: die-schule/besonderes/scratch-schuelerzeitung.
Wer hat das Festival erfunden?
Muchow: Erfunden hat das Festival 1951 der damalige Leiter
der Neustädter Volkshochschule, Herr Gerd Beier. Er hat das deswegen erfunden,
weil wir damals 7.000 Flüchtlinge in dieser Stadt hatten. Das war direkt nach
dem Krieg und die Stadt war auf einmal doppelt so groß wie vor dem Krieg. Die
Flüchtlinge kamen aus allen Teilen Osteuropas. Jeder dieser Flüchtlinge hatte
eine eigene Kultur und eigene Trachten. Da hat sich Herr Beier 1951 überlegt,
dass es doch gut sei, wenn wir hier in der Stadt, mit so vielen verschiedenen
Kulturen, allen mal zeigen, wie wir unsere eigenen Kulturen feiern.
Wie lange braucht man um das Festival zu planen?
Muchow: Wir brauchen ungefähr 2,5 Jahre. Im Frühjahr, im
Februar/März, setzen wir uns wieder zusammen und überlegen uns wie wir das
Folklore-Festival 2019 organisieren. Das ist eine lange Zeit. Und uns macht es
in jedem Fall Spaß.
Was kostet das Festival, wer hat es bezahlt oder gesponsert?
Muchow: Das Folklore-Festival kostet ungefähr 250.000 Euro.
Unser Ziel ist ja, dass wir versuchen wollen den Frieden in Europa zu festigen.
Das heißt, für uns ist der Frieden in Europa ganz wichtig. Gesponsert wird das
Festival durch die Stadt Neustadt, durch die Kreiskulturstiftung und durch
Sponsoren, also auch durch viele Firmen, die Geld geben. Und es werden
Eintrittgelder eingenommen für das Eröffnungskonzert, das Kirchenkonzert und die
Abschlussveranstaltung.
Es waren auch Menschen aus den USA da. Die gehören ja nicht zu
Europa.
Muchow: Das stimmt. Wir haben bewusst auch Gruppen aus
anderen Erdteilen eingeladen, weil wir glauben, dass die Grundidee: „Frieden in
Europa“ auch für andere Erdteile wichtig ist.
Wie viel nehmen sie durch die Eintrittspreise ein?
Muchow: 80.000 Euro nehmen wir ungefähr durch
Eintrittspreise ein, also etwa ein Drittel.
Wie wählen sie die Tanzgruppen aus?
Helbach: Die Tanzgruppen müssen bestimmte Kriterien
erfüllen. Es muss authentische, überlieferte Folklore sein. Jede Gruppe muss
Live-Musik mitbringen. Die Trachten müssen ebenfalls authentisch sein, das heißt
überliefert worden sein. Zur Auswahl der Gruppen wird im Kuratorium gefragt,
welche Länder nach Neustadt eingeladen werden sollen. Einige Gruppen sind schon
bekannt, die schreiben wir an. Außerdem erhalten wir circa 200 Bewerbungen aus
aller Welt pro Festival.
Wie viele Leute sind in einer Gruppe?
Helbach: Es ist oft ganz unterschiedlich, so zwischen 25 und
35.
Wie viele Gruppen aus wie vielen Ländern treten auf?
Muchow: Im Allgemeinen versuchen wir, 12 bis 14 Gruppen
jedes Mal nach Neustadt zu holen. Mal ist es mehr, mal ist es weniger. In diesem
Jahr waren es 14 Gruppen aus 11 verschiedenen Ländern. Im Jahr 2013 waren es 15
Gruppen aus 14 verschiedenen Ländern.
Wie viele Besucherinnen und Besucher kommen?
Helbach: Bei den großen Veranstaltungen haben wir so 4.000
bis 5.000 Leute auf dem Markplatz. Für die ganze Woche haben wir circa 60.000
Besucher geschätzt.
Warum muss man nur für die Abschlussveranstaltung Geld
bezahlen?
Helbach: Bei uns ist das immer so, dass wir ein oder zwei
Veranstaltungen haben, bei denen Eintritt bezahlt werden muss, damit wir das
ganze Festival finanzieren können. Das besondere an der Abschlussveranstaltung
ist, dass alle Gruppen auftreten. Es findet der Fackeltanz statt. Alle
Tänzerinnen und Tänzer tanzen gemeinsam mit Fackeln in der Hand und auch alle
Musiker spielen das Lied gemeinsam. Das finde ich immer sehr beeindruckend, wenn
man auf der Bühne sieht, dass da 60 Musiker aus der ganzen Welt ein gemeinsames
Lied spielen. Da bekomme ich richtig Gänsehaut. Das ist toll!
Wie viele Preise haben sie für das Festival bekommen?
Helbach: Im Jahr 2013 haben wir gleich drei Preise bekommen.
Einmal den Willi Piecyk Preis der SPD. Diesen Preis bekommt man für das
besondere Engagement für Europa. Dann haben wir den Kulturpreis des Kreises
Ostholstein erhalten, den bekommt man für besondere Leistungen im kulturellen
Bereich. Und einen Preis haben wir bekommen, den finde ich besonders spannend
und zwar den Stiftungspreis 2013 für das „Schönstes Stadtfest“. Verliehen wurde
dieser Preis von der Stiftung Lebendige Stadt. Für diesen Preis haben sich über
600 Städte beworben. Der Preis wurde an die Städte Karlsruhe, Berlin, Budapest,
Nürnberg und Neustadt in Holstein verliehen. Den ältesten Preis, die Verleihung
der Europa Flagge, das kann Herr Muchow am besten erklären.
Muchow: Europa war ja nicht immer so friedlich, wie wir das
jetzt kennen. Sondern früher haben sich die europäischen Staaten gerne mal
bekriegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat man versucht, ein friedliches Europa
aufzubauen. Dann hat man gesagt, wir wollen verschiedene Europastädte haben. Der
Titel Europastadt ist eine Auszeichnung und wird offiziell verliehen, damit
verbunden ist auch das Führen der Europaflagge. Den Namen Europastadt tragen
darf also nicht jede Stadt. 1969 hat uns der Europäische Rat für die
hervorragende Friedensarbeit in Europa ausgezeichnet. Es gibt noch andere
Europastädte, aber in Schleswig-Holstein kenne ich nur Neustadt in Holstein. Das
ist also nicht so häufig.
Helbach: Ihr müsst mal drauf achten, wenn ihr nach Neustadt
rein fahrt, da steht das Ortsschild und auf dem Ortsschild steht Europastadt
Neustadt in Holstein. Diesen Titel dürfen wir führen, weil wir diesen Preis
bekommen haben.
Herzlichen Dank für die spannenden Eindrücke!