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Neustädter Ärzte weihen Krankenstation auf dem Dach der Welt ein

Neustadt in Holstein/Nepal. In einem abgelegenen, einsamen Teil der Erde steigt auf einmal Rauch auf, es riecht nach verbrannten Zweigen und Samen. Buddhistische Mönche setzten auf dem Boden und sprechen Gebete, Fahnen wehen im Wind. Was nach dem Beginn eines Romanes klingt, ist die festliche Einweihung des gerade fertig gestellten Gemeindehauses mit integrierter Krankenstation in einem kleinen Dorf am Rande eines Urwaldes in Nepal, Jhule. „Es war für mich wie ein Traum, der endlich in Erfüllung ging“, erinnert sich Professor Wolfang Eichler, Arzt aus Neustadt und Mitglied der Lübecker Hilfsorganisation Via Cordium. „Seit den schweren Erdbeben 2015 haben wir den Bau kontinuierlich vorangetrieben, waren gemeinsam mit einem nepalesischen Team jährlich vor Ort - und nun ist der Moment da.“

 

Dem magischen Moment der Übergabe des Hauses ging viel Planung und Arbeit voraus. Im Jahre 2015 kam es zu zwei verheerenden Erdbeben, welche viele Regionen in Nepal nahezu vollständig zerstörten. In dem kleinen Dorf Jhule wurden die Steinhäuser zu über 90 Prozent zerstört und die Menschen hatten von einem Tag auf den nächsten buchstäblich kein Dach über dem Kopf. Gemeinsam mit einer nepalesischen Hilfsorganisation entschloss sich zu diesem Zeitpunkt eine Gruppe von Ärzten und Lehrern in Lübeck, den eigenen Verein Via Cordium zu gründen und vor Ort zu helfen. Die Bewohner des kleinen Dorfes Jhule wurden befragt, was ihnen, nach Übergabe von Nahrung, Kleidung, Wellblechdächern und Bau von Toiletten am meisten helfen würde und sie sagten, ein Gemeindehaus mit Krankenstation wäre ihr größter Wunsch. In dem Gemeindehaus könnte der Dorfrat zusammenkommen, die Frauengemeinschaft, Hochzeiten könnten abgehalten und Kinderfeste gefeiert werden. Und da das Dorf sehr abgelegen und nur schwer zu erreichen ist, wäre eine Krankenstation für die Gesundheit der Bewohner des Dorfes eine große Hilfe. In Nepal gibt es keine Krankenversicherung und die Menschen im Dorf sind arm, das selbst angebaute Gemüse reicht gerade für die eigene Grundversorgung und die nächste Krankenstation ist viele Kilometer weit entfernt. Gesagt, getan - doch wo und wie baut man eine Krankenstation auf dem Dach der Welt?

„Zunächst musste ein Getreidefeld an einem Hang mühevoll abgetragen werden“, erklärt Dr. Elisabeth Konrad aus Neustadt „denn dort wo das Haus jetzt steht war zuvor ein Terrassenfeld. Ohne Bagger eine echte Herausforderung“. Zudem musste der Hang mit einer speziellen Mauer aus Steinen und Drahtkörben stabilisiert werden. Erst dann konnte mit dem eigentlichen Bau begonnen werden. „Ein Haus am Ende der Welt zu bauen ist ein richtiges Abenteuer“, erinnert sich zudem Dr. Christiane Schwill aus Neustadt „es gibt immer wieder neue Herausforderungen und unerwartete Wendungen“. Dass sich die ganze Mühe gelohnt hat, zeigt die Freude und Dankbarkeit der Dorfbewohner, welche sich nun in das neu eröffnete Haus drängen. Sie haben in den letzten Wochen das Haus gestrichen, Blumen und Fahnen aufgehängt, Essen gekocht und sich herausgeputzt für das große Ereignis.

 

Und wie geht es weiter? Die Krankenstation wird von Pflegepersonal dauerhaft besetzt mit direkter Anbindung zum nächstgelegenen Krankenhaus. Enge Kontakte zu der Partnerorganisation in Nepal runden die Versorgung und dauerhafte Unterstützung ab. „Wir planen weiterhin jährliche Besuche unserer Krankenstation“ so Schwill „dabei möchten wir auch wie bisher medizinische Check-ups anbieten und mit Fortbildungen für medizinisches Know-how sorgen.“ Mit dem Gefühl der Dankbarkeit für diese vielen wertvollen Erfahrungen reiste das 15-köpfige Einsatzteam aus Nepal ab - im Gepäck die Sicherheit, ein klein wenig vom eigenen Glück weitergegeben zu haben.

 

Weitere Information über die Lübecker Hilfsorganisation Via Cordium finden sich auf der Website www.via-cordium.com. (red)


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