

Trauernde Menschen zu begleiten ist seit jeher eine der Grundaufgaben der Kirche. Trauer und Gedenken haben mittlerweile aber auch im Internet einen Platz gefunden. Virtuelle Friedhöfe, Trauerportale, Gedenkseiten, Blogs oder soziale Medien bieten zunehmend Möglichkeiten für Hinterbliebene, ihrer Verstorbenen zu gedenken und ihren Schmerz per Mausklick zu teilen. Was halten Sie davon?
Propst Dirk Süssenbach: Was ihnen im Moment tiefer Trauer gut tut, müssen die Betroffenen zunächst einmal selbst entscheiden. Es mag sein, dass Internetportale in einer Zeit, in der viele Menschen sehr Persönliches öffentlich im Internet teilen, auch im Trauerfall eine sinnvolle Ergänzung darstellen können, weshalb auch die Evangelisch-Lutherische Kirche ein entsprechendes Angebot bereit hält. Doch meiner Erfahrung nach ist es zuallererst der persönliche Zuspruch, der wirklich Trost spendet. Es geht für Trauernde nicht nur um Worte des Mitgefühls, sondern vor allem um echte Nähe. Ein In-den-Arm-nehmen, ein gemeinsames Ausharren im Schweigen oder ein Gespräch lassen sich nicht so einfach ersetzen. Und dabei muss der oder die andere gar nicht immer jemand von der Kirche sein.
Kann das Internet die realen Friedhöfe als Ort des Gedenkens ablösen?
Propst Dirk Süssenbach: Friedhöfe sind ein Ort, an dem man sich ganz bewusst der Trauer gegenüber öffnen kann, was im Alltag nur selten möglich ist. Es ist eine Erleichterung, seine Trauer an einen ganz konkreten Ort zu tragen. Manchen Menschen fällt es dann zugleich sehr viel leichter, sich nach dem Verlassen des Friedhofs wieder ihrem beruflichen und familiären Alltag zu stellen. Ich glaube nicht, dass das Internet jemals einen solchen Ort ersetzen kann.
Wir haben beispielsweise gerade auf dem Friedhof in Neustadt ein Kindergrabfeld eingeweiht. Hier können Eltern, die ein Kind verloren haben, andere Eltern treffen und mit ihnen über den Verlust sprechen und sich vielleicht zum weiteren Austausch verabreden. Auch dort wird Trauer geteilt, doch zugleich bleibt Privates immer noch auf einer privaten Ebene.
Was passiert, wenn sich Trauer zunehmend in die digitale Welt verlagert?
Propst Dirk Süssenbach: Trauer im Internet bedeutet, sich in einem Moment der besonderen Verletzlichkeit einer unbekannten Öffentlichkeit gegenüber zu öffnen. Meine Sorge ist, dass der Trend zur Vereinzelung dadurch verstärkt wird und eine zentrale Dimension des Lebens, die der zwischenmenschlichen Interaktion, verloren geht. Dieser Grenzen des Internets sollte man sich immer bewusst sein.
Spielt das Thema Trauern im Internet hier vor Ort aktuell eine Rolle?
Propst Dirk Süssenbach: Trauer im Internet ist für die Kirchengemeinden im Kirchenkreis Ostholstein derzeit kein vorrangiges Thema, zumal sich damit auch eine Reihe datenschutzrechtlicher Fragen verbindet. Unsere Stärke liegt gerade darin, dass wir für Trauernde ganz persönlich und vor Ort als Ansprechpartner zur Verfügung stehen – ohne dass wir alle unsere christlichen Follower über die Details informieren.