

Eutin. Trösten zu wollen, wenn ein Kind stirbt, wenn es kein Morgen mehr gibt, scheint vermessen. Wer soll verstehen, was nicht zu fassen ist? Wohin soll man gehen, wenn alles den Sinn verloren hat? Die Begegnung mit Menschen, denen dasselbe widerfahren ist, kann helfen, mit einem kleinen Schritt nach dem anderen in das Leben zurückzufinden: „Deshalb beginnen wir Anfang des nächsten Jahres mit einer Eltern-Trauergruppe“, sagt Bianca Coen. Die Trauerbegleiterin der Eutiner Hospizinitiative hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Sabine Grein ein Angebot konzipiert, das sich an alle Eltern wendet, die das Unsägliche bewältigen müssen: „Der Tod eines Kindes zerreißt das Leben in ein Davor und in ein Danach“, wissen die Trauerbegleiterinnen. Dabei spielt es keine Rolle, wie alt Tochter oder Sohn waren und wie lange ihr Tod zurückliegt. Ihr Tod ist immer ein gebrochenes Versprechen, das alles in Zweifel stellt. Manchmal bricht sich die übermächtige Trauer erst Jahre oder Jahrzehnte Bahn: „In einer Gruppe über den Schmerz zu sprechen, zu hören, wie andere Eltern sich Tag für Tag vorwärtswagen, kann ein Anfang sein“, erklärt Sabine Grein. Auf den Treffen in der intimen Runde schaffen die Gruppenleiterinnen eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der die bitteren Tränen und die Sprachlosigkeit genauso Raum finden wie das erschreckend schöne erste Lachen. Schuldgefühle und Wut muss hier niemand unterdrücken: „In einer solchen Elterngruppe muss man nichts erklären und eines wird man garantiert von anderen verwaisten Eltern nicht hören: ‚Kopf hoch, das wird wieder!‘“, meint Sabine Grein.
Die Treffen folgen keinem starren Muster, mal setzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Thema, mal geben die Trauerbegleiterinnen Impulse. Neben Feinfühligkeit und der Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, bringen sie und Bianca Coen einen Fundus an Methoden und Ideen mit, wie man auch in tiefer Trauer Momente der Entspannung erleben kann. Das können durchaus auch sinnliche Reize wie bestimmte Motive, Klänge oder Licht sein: „Den eigenen Körper auf diese Weise bewusst zu spüren, kann sehr wohltuend wirken“, diese Erfahrung hat Sabine Grein gemacht. Grundsätzlich gilt für trauernde Eltern wie für alle, die zurückbleiben: Trauer ist individuell und Trauer ist ein Prozess: „Es gibt dabei kein Richtig und kein Falsch“, unterstreicht Bianca Coen. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass die Trauer nicht endet, sich aber zum Teil eines wieder erfüllten Lebens wandeln kann. So sind auch die Kinder, die betrauert werden, ein wichtiger Teil der Gruppe. Hier kann man über die Liebsten reden, ihnen ein Licht entzünden, sie beweinen. Äußerungen, die im alltäglichen Umfeld nicht selten für Irritation sorgen. Gleichwohl kostet die Entscheidung, die Gruppe zu besuchen, Überwindung: „Außerdem erleben Eltern die Trauer ganz unterschiedlich. Sie müssen deshalb natürlich nicht als Paar kommen, es ist auch nicht ausschlaggebend, wie lange sie jeweils schon trauern, und sie können bleiben, so lange sie möchten“, erläutert Bianca Coen. Sie hat ihre Vision dieser ersten Eltern-Trauergruppe in Ostholstein zusammen mit Sabine Grein verwirklicht, um Müttern und Vätern einen verlässlichen, gut erreichbaren Anlaufpunkt zu schaffen, an dem Untröstlichkeit nicht verborgen werden muss, wo man aber auch erleben kann, welche Kraft Eltern entwickeln, was sie (er-)tragen können. Ihre Trauer ist hier willkommen. Denn Trauer ist Liebe. Und dass die Liebe bleibt, ist eine kostbare Gewissheit, die hilft, weiterzuleben.
Die Eltern-Trauergruppe soll im nächsten Frühjahr starten und dann an jedem zweiten Mittwoch jeweils von 19 bis 20.30 Uhr in den Räumen der Hospizinitiative in der Albert-Mahlstedt-Straße 20 in Eutin stattfinden. Unter Tel. 04521/790776 oder 04521/401882 oder via E-Mail an info@hospizinitiative-eutin.de kann man Kontakt aufnehmen. Die Trauerbegleiterinnen empfehlen vor den Gruppentreffen ein Einzelgespräch, um eine erste persönliche Begegnung zu ermöglichen, Orientierung zu geben und Hürden abzubauen. (red)