reporter Neustadt

Die Vaterländische Rede 2025

Die Vaterländische Rede hielt in diesem Jahr Dieter Langebeck.

Die Vaterländische Rede hielt in diesem Jahr Dieter Langebeck.

Bild: reporter Neustadt

Dieter Langebeck sprach beim Vogelschießen der Neustädter Schützengilde zum Thema „Erinnerungskultur“

 

Sehr verehrte Majestät Birger,

sehr geehrte Frau Kreispräsidentin Petra Kirner,

sehr geehrter Herr stellvertretender Bürgervorsteher Otto Stoehr,

lieber Bürgermeister Mirko Spiekermann -

und, last but not least - worüber ich mich ganz besonders freue, das er heute hier bei uns ist, denn er ist wirklich einer von uns: der Bundestagsabgeordnete Sebastian Schmidt. Und alle weiteren Gäste aus Wirtschaft, Politik und der Kirchen.

Verehrte Festversammlung:

 

Es ist mir eine besondere Ehre, heute zu Ihnen sprechen zu dürfen. Der Anlass meiner Rede ist zweifacher Natur: Zum einen feiere ich mein 40-jähriges Jubiläum in unserer Schützengilde - eine Zugehörigkeit, auf die ich mit Stolz zurückblicke. Zum anderen möchte ich ein Erlebnis mit Ihnen teilen, das mich tief berührt und nachdenklich gemacht hat.

Hier handelt es sich um ein Ereignis, das wieder die Zahl 40 beinhaltet, denn wenn ich weitere 40 Jahre zurückblicke, gab es ein Ereignis, das unser Land auch heute immer wieder beschäftigt. Denn vor weiteren 40 Jahren wurden Menschen auf grausame Weise verfolgt und ermordet.

 

Doch bevor wir zu den ernsteren, aktuellen Themen kommen, lassen Sie mich kurz in die Vergangenheit abschweifen - genauer gesagt, ins Jahr 1990 - auch in Gedenken an meine verstorbene Königin Karin. Ein denkwürdiges Jahr, nicht nur für unser Land, sondern auch für mich persönlich. Warum? Nun, während Deutschland die Wiedervereinigung feierte, hatte Neustadt noch einen weiteren Grund zur Freude: Ich wurde König dieser Schützengilde!

Man könnte fast sagen, ich habe die Wiedervereinigung als König ganz offiziell abgenickt. Und was für ein Jahr das war! Während sich im ganzen Land Menschen in die Arme fielen, habe ich hier in Neustadt tapfer für Frieden und Ordnung gesorgt - zumindest beim Vogelschießen und auf den Feiern. Wenn man darüber nachdenkt, war ich sozusagen ein König für zwei Deutschlands, oder zumindest für das feiernde Neustadt. Aber Spaß beiseite, es war eine unvergessliche Zeit, die mir gezeigt hat, wie eng persönliche Erlebnisse und große historische Ereignisse miteinander verknüpft sein können.

Vor vier Jahrzehnten trug ich mich in unser Gildebuch ein, ein Moment, der mir unvergesslich bleibt. Unser damaliger Ältermann Johannes Hugo sagte damals, die Gilde verlasse man nur durch Tod oder Schwangerschaft. Dieses Versprechen habe ich und auch du, Andreas Hansen, bis heute gehalten. In dieser Zeit haben wir gemeinsam vieles erlebt: Höhen und Tiefen, Traditionen gepflegt und uns stets bemüht, die Gilde offen und einladend zu gestalten. Doch es gibt immer noch Menschen, die uns kritisch gegenüberstehen. Ihnen sage ich: Kommen Sie, schauen Sie selbst! Erleben Sie, was unsere Gemeinschaft ausmacht. Unsere Türen stehen offen und jeder ist willkommen.

 

Vier Jahrzehnte - 40 Jahre - das ist eine lange Zeit, geprägt von Gemeinschaft, Tradition und persönlichen Erinnerungen. Doch während ich heute auf diese 40 Jahre in unserer Gilde zurückblicke, gibt es eine andere Zahl, die mich in diesem Jahr besonders bewegt hat: 80 Jahre. Vor 80 Jahren, also genau zweimal 40 Jahre, ereigneten sich Geschehnisse, die unsere Geschichte für immer geprägt haben - und die uns heute noch mahnen, aufmerksam und wachsam zu bleiben. Diese beiden Zahlen, 40 und 80, mögen auf den ersten Blick zufällig erscheinen, doch sie erinnern uns daran, wie eng Vergangenes und Gegenwärtiges miteinander verbunden sind. Während die 40 Jahre meiner Gildemitgliedschaft eine Zeit des Zusammenhalts und des Stolzes widerspiegelt, steht die Zahl 80 für eine Zeit des Schreckens und der Dunkelheit, die wir niemals vergessen dürfen.

Im Mai letzten Jahres hatte ich die Gelegenheit, die Gedenkstätte Auschwitz zu besuchen. Es war eine Reise, die mich tief bewegt hat. Vor 80 Jahren, im Januar 1945, wurde dieses Lager befreit - für über eine Million Menschen kam diese Befreiung zu spät. Solche Orte der Erinnerung lehren uns, dass wir die Vergangenheit niemals vergessen dürfen, so schmerzhaft sie auch sein mag. Ich bin überzeugt: Jede Abschlussklasse sollte die Möglichkeit haben, einen solchen Ort zu besuchen. Es gibt Stimmen, die meinen, wir sollten dieses Kapitel der Geschichte ruhen lassen, doch ich sage Ihnen: Das dürfen wir niemals tun. Das Gedenken an die Opfer ist unsere Verantwortung, um sicherzustellen, dass sich solche Gräueltaten nie wiederholen.

 

Zurück zu unserer Gilde. Die letzten 40 Jahre waren geprägt von Wandel und Entwicklung. Nun liegt es an uns allen, diese Gildetraditionen weiterzuführen und sie zugleich zukunftsfähig zu gestalten. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass unsere Gilde weiterhin ein Ort der Gemeinschaft, der Freundschaft und des gegenseitigen Respekts bleibt.

Doch während wir hier feiern und auf unsere Gemeinschaft blicken, dürfen wir die Welt um uns herum nicht aus den Augen verlieren. Wir leben in einer Zeit, in der Hass, Hetze und Gewalt in unserer Gesellschaft und weltweit zunehmen. Der Ton in den sozialen Medien wird rauer, politische Debatten werden zunehmend von Spaltung und Intoleranz geprägt. Und auch in unserer unmittelbaren Umgebung begegnen uns immer wieder Vorurteile und Ausgrenzung. In solchen Zeiten ist es wichtiger denn je, dass wir ein Zeichen setzen. Wir als Gemeinschaft - sei es in der Gilde, in unseren Familien oder in unseren Gemeinden - können und müssen Vorbilder sein. Lassen Sie uns zeigen, dass Zusammenhang und gegenseitiger Respekt stärker sind als jede Form von Hass. Lassen Sie uns Brücken bauen, anstatt Mauern zu errichten. Und lassen Sie uns denen, die hetzen und spalten wollen mit Entschlossenheit und Menschlichkeit entgegentreten. Unsere Gilde hat immer für Werte wie Kameradschaft, Fairness und Toleranz gestanden. Lassen Sie uns diese Werte weiterhin leben und in die Welt hinaustragen. Denn nur gemeinsam können wir eine bessere Zukunft schaffen - eine Zukunft, in der wir in Frieden und Freiheit leben und uns gegenseitig unterstützen.

 

Ich danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns allen ein erfolgreiches Vogelschießen 2025. Den Anwärtern für den Königsschuss wünsche ich eine ruhige Hand und viel Glück!

Vielen Dank.


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