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Petra Remshardt

Kirchenkreis bekennt sich zu Fehlern bei der Aufarbeitung der NS Aufarbeitung

Oldenburg. Nach dem Ende des Nationalsozialismus in Deutschland hat sich die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Eutin nicht zu einer Mitschuld an den Verbrechen der Nazis bekannt. Die (60) Synodalen der Kirchenkreissynode Ostholstein haben dieses Versäumnis nun am Freitag, dem 5. Mai in Oldenburg ein Stück weit nachgeholt. Sie verabschiedeten einstimmig eine Erklärung, die nicht nur schuldhaftes Verhalten der früheren Landeskirchen Eutin benennt, sondern auch eine mangelnde Aufarbeitung der Geschichte bedauert. Überdies wird in der Erklärung die Sorge über aktuelle antidemokratische und rechtsextreme Entwicklungen zum Ausdruck gebracht.
Anlass für die Synodenerklärung ist eine Wanderausstellung, die vom 20. Juni bis 16. Juli in der Eutiner St. Michaeliskirche zu sehen sein wird und deren Titel lautet: „Neue Anfänge nach 1945? Wie die Landeskirchen Nordelbiens mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen."In der Erklärung heißt es wörtlich: „Die Synode des Ev.-Luth. Kirchenkreises Ostholstein empfindet Scham darüber, dass sich die ehemaligen Evangelisch-Lutherischen Landeskirchen im Raum Ostholstein während der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus schuldig gemacht und zu menschenverachtenden Gräueltaten der Nazi-Herrschaft geschwiegen haben." Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Eutin habe nicht nur die „Stuttgarter Schulderklärung" der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) nicht mitgetragen, sondern sich auch sonst „nicht eindeutig vom Unrecht distanziert" und die eigene Rolle in der öffentlichen Unterstützung der Nazi-Ideologie bislang „nicht kritisch aufgearbeitet". So seien ideologisch belastete Pastoren in den Kirchenkreis aufgenommen worden, ohne dass von ihnen verlangt worden wäre, sich vom nationalsozialistischen Gedankengut zu distanzieren, heißt es in der Erklärung.
Es gehe jedoch nicht darum, sich zum Richter zu erheben, zumal die Einschätzung aus zeitlicher Distanz erfolge: „Und im geschichtlichen Rückblick und damit im Wissen um die Folgen früherer Entscheidungen sehen wir heute klarer, wo man damals entschiedener hätte Widerstand leisten müssen, um Menschenleben zu retten und sich nicht mitschuldig zu machen", wie es heißt. In diesem Lichte bittet die Synode des Kirchenkreises „all jene um Vergebung, die in ihrem Bemühen um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in unserer Region durch Amtsträger unserer Kirche nicht nur zu wenig unterstützt, sondern sogar behindert wurden und teils erhebliche persönliche Nachteile in Kauf nehmen mussten."
Vor dem Hintergrund der historischen Erfahrung zeigten sich die Synodalen aber auch „besorgt über aktuelle populistische, fremdenfeindliche und völkische Äußerungen" und „entsetzt über den weltweiten menschenverachtenden Terrorismus und andere demokratiefeindliche, autoritäre und totalitäre Entwicklungen in einigen Staaten". Wegen der Erfahrungen mit der eigenen Geschichte werde man nicht , wenn die Freiheit und das Leben anderer bedroht werden. Auch stünden evangelisch-lutherische Christen jenen tätig bei, die als Flüchtlinge Schutz vor Verfolgung und Diskriminierung suchten.
Über die Erklärung hinaus befasste sich die Kirchenkreissynode mit einer Reihe von Vorlagen zu den Haushaltsjahren 2015 bis 2017. Aufgrund fehlerhafter Berechnungen bei der Verteilung von Finanzmitteln zwischen dem Kirchenkreis und den Kirchengemeinden, über die der Kirchenkreis kürzlich informiert hatte, waren korrigierende Beschlüsse notwendig geworden, die der Zustimmung der Synodalen bedurften. Für das Haushaltsjahr 2015 werden in der Folge nachträglich insgesamt rund 332.000 Euro an die 36 Kirchengemeinden des Kirchenkreises ausgeschüttet.
Weitere Themen waren unter anderem die Einrichtung einer Projektstelle zur Entwicklung und Sicherung der kirchlichen Friedhöfe in Ostholstein sowie eine Strukturempfehlung zur Weiterentwicklung diakonischer Tätigkeiten und zur Zusammenfassung und Organisation diakonischer Tätigkeiten und Arbeitsfelder des Kirchenkreises Ostholstein. Hierfür ist eine Projektgruppe von der neu gewählten Synode in der folgenden Legislaturperiode zu bilden.


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