Vaterländische Rede von Hptm. d.R. Claus zum Felde
Das Thema meiner Vaterländischen Rede lautet:
Wir müssen reden.
Deutschland, wir müssen reden!
Was ist aus Dir geworden? Ein alter Mann von knapp 80 Jahren?
Erinnerst Du dich noch an die Zeit, als man Dich als Wirtschaftswunder bestaunte?
Als Deine Ingenieure weltweiten Ruhm besaßen und Du zu einem der größten Exporteure der Welt aufgestiegen bist?
Viele Jahre hast Du deine Bevölkerung ernährt und ihnen immer mehr Wohlstand beschert.
Und heute? Deutschland, was ist aus Dir geworden?
Deutschland, wir müssen reden!
Seit Jahren schlingerst Du von einer Krise in die andere. Begonnen hat das Desaster mit der Bankenkrise, gefolgt von der Eurokrise, der Einwanderungskriese und der Coronakrise. Jetzt bist Du sogar noch in einen Krieg eingebunden – auch, wenn Du das gar nicht wolltest.
Ja, zu Deiner Verteidigung sagst Du immer: daran bin ich ja gar nicht selbst Schuld.
Lehmann-Brother war eine Bank in den USA. Die hoch verschuldeten Euro-Länder waren die andere Euro-Länder und nicht ich.
Und den Bürger-Krieg in Syrien habe ich auch nicht angefangen.
Du hast immer eine Ausrede.
Und ich glaube, genau darin liegt Dein Problem.
Vor 70 – 80 Jahren kam es Dir gar nicht in den Sinn, über Krisen nachzudenken. Zu sehr warst Du damit beschäftigt, Deinen Aufbau nach dem 2. Weltkrieg (der übrigens von Dir ausging) zu organisieren. Nach dem Motto „schaffe, schaffe, Häusle baue“ war Deine Bevölkerung bereit, Kompromisse einzugehen, anzupacken und auch mal Fünfe gerade sein zu lassen. Das Volk fragte nicht danach, welche Sozialleistungen der Staat geben kann – oder welches Gesetz, welche Richtlinie noch sein muss, um allen gerecht werden zu können. Deine Bevölkerung arbeitete einfach – ganz praktisch und strebsam.
Und heute: Deine Gesetze und Vorschriften sind so engmaschig geworden, dass eine schnelle Umsetzung von Idee, Bauvorhaben oder anderen Innovationen immer so lange brauchen, bis die Mitbewerber sie längst fertig haben.
Ja – Dir gelingt es immer und immer wieder, den technologischen Fortschritt zu entwickeln. Aber dann schaffst Du es auch, dass dieser Fortschritte in anderen Ländern der Welt umgesetzt wird.
Du möchtest ein Beispiel? Ich nenne Dir heute nur drei:
Die 5 G – Technologie ist an einer deutschen Universität entstanden – in China wurde sie umgesetzt.
Das Elektro-Auto haben deutsche Ingenieure entwickelt – bei TESLA in Californien.
Dass die Solarpanelen-Fabrikation nach China abgewandert ist, hast Du übrigens ebenso selbst verschuldet.
Immer wieder beengst Du diese Innovationen durch eigene Gesetze.
Und dann wunderst Dich, wenn in Brandenburg nicht nur eine Autofabrik sondern auch eine Batteriefabrik – gegen die bei Dir geltenden Gesetze – in Windeseile entstehen konnte.
Und darf ich Dich noch auf ein ganz aktuelles Problem hinweisen? Es ist ein Problem, dass genau jenes beschreibt und offenbart, was ich schon angesprochen habe: Gesetze, Richtlinien und die Förderung von Innovationen. Du schaffst es immer wieder diese drei Dinge so zu steuern, dass Du dir dabei selbst das Bein stellst. Das offenbart sich in der Bundeswehr.
Seit 2014 sind die Militärausgaben für die Bundeswehr von damals 32 Milliarden Euro auf heute 56 Milliarden Euro gestiegen. Wir haben also seit 2014 mehr als 300 Milliarden Euro für die Rüstung ausgegeben. Mit dem Ergebnis: dass die Schiffe nicht schwimmen, die Flugzeuge nicht fliegen und die Panzer nicht fahren. Selbst hochrangige Generäle verkünden: wir sind nicht verteidigungsfähig.
Herzlichen Glückwunsch.
Und wo dran liegt das jetzt – welche Ausrede hast Du nun schon wieder?
Ich sage es Dir. Die Bundeswehr hat rund 184.000 Soldaten – und 81.000 Zivilangestellte. Das Bundeswehrbeschaffungsamt ist ein eigener Kosmos von Beamten, Juristen und Besserwisser, schreibt der Focus und wird bei dieser Meinung vom langjährigen Leiter der Bundesagentur für Arbeit Frank-Jürgen Wiese unterstützt. Hier genau kann man das ganze Ausmaß deutscher Über-Gründlichkeit erkennen, das offensichtlich nur dazu dient, die Bewegungsfreiheit deutscher Industrie einzuengen und den Mitarbeitern des Beschaffungsamtes eine gut bezahlte ruhige Arbeitsstelle zu beschaffen. Das ist schon fast Sozialismus pur.
Das Schlimme daran ist: Deutschland, Du bist selbst schuld. Du stehst Dir selbst im Weg.
Deutschland, wir müssen reden!
Ja, auch ich habe gedacht, dass man durch den Handel auch eine Annäherung zwischen bisher verfeindeten Staaten erreichen kann, um somit den Frieden zu sichern. Diese Diskussion will ich hier nicht beginnen.
Aber wir sind in eine gefährliche Energieabhängigkeit geraten, die uns gerade handlungsunfähig macht. Ohnmächtig stehen wir einem bombardieren Wahnsinnigen gegenüber.
Und da frage ich mich – warum können wir die Laufzeit der letzten drei Atomkraftwerke nicht einfach verlängern? Aus ideologischen Gründen?
Deutschland – du solltest Dich mal von Außen betrachten.
Europa, auch wir müssen reden!
Du hast so zuversichtlich begonnen, den Frieden nach den beiden schlimmen Kriegen des letzten Jahrhunderts zu sichern. Und aus den Anfängen mit der Montanunion sollte ein großer friedlicher Kontinent entstehen. Die ersten Jahre haben alle begeistert.
Doch Du hast Dich anstecken lassen – von der Unzulänglichkeit Deiner Mitgliedsländer. Schon bald wurde auch Dir die Verwaltung Deiner Interessen durch die Beamten wichtiger, als der europäische Grundgedanke. Wir erinnern uns noch – die Krümmung der Gurke war eines der Symbole europäischen Verwaltungs-Wahnes. Immer mehr Vorschriften, immer mehr Einschränkungen immer mehr Umständlichkeit. Irgendwann wurde sogar ein deutscher Politiker beauftragt, diese Über-Verwaltung zu reformieren. Geld hat er dafür bekommen – eine Lösung wurde nicht geschaffen. Es wurde nur schlimmer.
Hinzu kam, dass nun nicht mehr eine demokratische Mehrheit für neue Richtlinien entscheidet, so wie wir es gelernt hatten. Nein – Einstimmigkeit ist heute gefordert.
Wie willst Du in Zukunft noch etwas an Dir ändern oder verbessern, wenn Du selbst schon das demokratische Mittel der Mehrheit abgeschafft hast?
Aktuell streitest Du Dich mit den Mitgliedsländern auf allen Ebenen. In der Verteidigungspolitik, der Rechtspolitik, der Einwanderungspolitik – um nur die heute sichtbarsten zu nennen. Bei deiner Großmannssucht – dass alle europäischen Länder möglichst schnell Mitglied werden sollten, hast Du schlicht und einfach übersehen, dass es wichtig gewesen wäre, die Einhaltung der großen europäischen Werte – so wie du sie selbst einmal gewollt hast – als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zu machen. Heute bist Du zwar ein großer internationaler Wirtschaftsraum, aber schon gibt es die ersten Absetzungsversuche bisher befreundeter Staaten oder Teile von ihnen. Der Brexit ist nur ein Hinweis darauf.
Bei Dir bestimmt mittlerweile nicht mehr die beste Idee den Fortschritt. Sondern die größten Ansprüche deiner Mitglieder müssen berücksichtig werden, um in europäisches Recht eingebaut werden zu können. Ungarn zeigt Dir gerade, wie handlungsunfähig Du geworden bist.
Wladimir, wir müssen erst recht reden!
Es ist diplomatisch äußerst unhöflich, Dich mit Deinem Vornamen anzusprechen.
Aber wie soll ich Respekt vor einem Menschen haben, der keinen Respekt vor tausenden Menschenleben hat?
Ich glaube, wir müssen gemeinsam noch einmal die Geschichts-Schulbank drücken. Da fangen wir dann mit dem Unterrichtsstoff der 7. Klasse der Realschule an.
Wir haben damals gelernt, dass der Friede in Schleswig-Holstein nach Jahrhunderten langen Feindseligkeiten durch eine ganz einfache Entscheidung kam.
Man machte eine Volksabstimmung.
Sie bestimmte, dass es ein Schleswig in zwei Ländern geben kann. Und dazwischen zog man eine grüne durchlässige Grenze. Seitdem haben wir Frieden. So einfach wäre es auch im Donbass gegangen. Wenn Du gewollt hättest.
Aber nein, der kleine Mann im großen Kreml, glaubt ja, dass nicht das Volk, sondern der Präsident bestimmen kann, was das Volk wirklich will.
Wladimir, hier ein guter Rat: ein Präsident, der auch anerkannt werden möchte, fragt sein Volk.
So ist das jedenfalls.
So funktioniert die moderne Welt.
Mit Ausnahme in China, bei dem Nordkoreaner und anderen Wenigen – nun gehörst auch Du zu denen.
Bleiben wir bei der Geschichte und Dein Gerede von den angestammten Rechten, die Du mit der Ukraine verbindest. Da hast Du im Geschichtsunterricht nicht zugehört. Das Volk der Rus kommt ursprünglich aus Skandinavien bestenfalls aus Weißrussland. Erst später haben sie sich in der Ukraine sesshaft gemacht. Da, wo Du jetzt Krieg führst, wohnten die Tartaren und Kosaken. Und die wiederum kommen aus Turkmenistan und Kasachstan.
Richtig: Deine Vorgänger – allesamt Imperialisten – haben das auch anders gesehen. Aber musst Du gleich alle Fehler, die die gemacht haben, wiederholen?
Zwischenzeitlich haben die Ukrainer sich der demokratischen Welt zugewendet. Mit einer freien Wahl aller Bürger. Ach entschuldige – das kennst Du ja auch nicht.
Deutschland, Europa und Wladimir wir müssen zusammen reden!
Konkreter: hinsetzen, Ruhe im Klassenraum und schreibt euch das Nachfolgende hinter die Ohren.
„Solange ihr eure jeweilige Arroganz nicht ablegt und nicht miteinander redet, sondern weiter aufeinander herumprügelt, werdet ihr alle drei zu den Verlierern gehören. Und der lachende Dritte steht auch schon bereit – in Peking.
Daher empfehle ich euch schon heute: redet, redet, redet – und zwar miteinander und auf Augenhöhe.
Ich weiß, das wird sehr schwer sein – aber es ist der einzige Weg, damit ihr auch danach von euren Völkern anerkannt werdet.“
Verehrte Gäste,liebe Schützenschwestern und Schützenbrüder, auch wir müssen reden.
In schwierigen Zeiten, wenn Krisen das Tagesgeschehen auf der Welt beherrschen, neigen die Menschen schon seit Jahrtausenden dazu, sich ihre eigenen Lösungen zurecht zu legen. Wissenschaft und die Realität werden dann sehr gerne ausgeblendet und Verschwörungstheorien entwickelt. Das erleben wir auch in der heutigen Zeit. Angefeuert werden diese Unwahrheiten auch ganz bewusst über das Internet. Die Feinde unserer Demokratie wollen gezielt mit Fake-News unsere freiheitliche Demokratie zerstören. Nur so können sie Unfrieden unter uns entwickeln und ihre imperialen und despotischen Ziele erreichen.
Davor müssen wir uns gerade jetzt gemeinsam bewahren.
Darum, liebe Festversammlung, bleibr kritisch, lasst euch nicht von der berühmten Internetblase einwickeln. Informiert euch möglichst vielfältig. Hört auch mal einer gegenteiligen Meinung zu. Und versucht nicht gleich auf Stammtisch-Niveau zu widersprechen. Man muss ja nicht die andere Meinung übernehmen, aber anhören sollte man sie trotzdem.
Wir sollten jetzt zusammenstehen, wir sollten jetzt kritisch bleiben und unseren Verstand immer hinterfragen,
damit wir auch in vielen Jahren noch mit Freude das Lied singen können:
Einigkeit und Recht und Freiheit.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.