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Alexander Baltz

„Real ist besser als digital“ - Home-Schooling stellt Schüler und Lehrer vor große Herausforderungen

Neustadt. Seit dem 15. März ist nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch an den Schulen in Deutschland nichts mehr, wie es einmal war. Unterricht kann seitdem entweder gar nicht mehr oder nur in kleinsten Gruppen stattfinden.
 
 
Die Schule am Rosengarten (Förderzentrum) in Neustadt geht mit ihren 36 Schülern einen anderen Weg: Neben einem Präsenztag pro Woche in der Schule nehmen die Schüler ganz bequem von zuhause aus per Home-Schooling am Unterricht teil. Das bedeutet, dass sich die Schüler mit dem Tool „Videokonferenz“ vom Anbieter "IServ" im Internet zusammenschalten. Jeder kann jeden hören und sehen - und ein Lehrer kann so den Unterricht ebenfalls von zuhause aus durchführen. Ohne Maske, ohne Kontaktbeschränkungen, ganz wie die Profis in der Arbeitswelt beim Home-Office.
 
 
„Die Schüler erhalten jeden Morgen in den Kernfächern Unterricht für zwei Stunden über Video und im Anschluss ihre Hausaufgaben für den Tag. Von der Umsetzung und dem Engagement der Lehrer bin ich absolut begeistert“, so die Elternbeiratsvorsitzende Anja Kurmann im Gespräch mit dem reporter. Ihr Sohn Jonas ist ebenso wie viele andere Schüler begeistert vom Home-Schooling. Das Zuschalten per PC sei sogar oft entspannter, als real im Klassenraum zu sitzen, Stichwort Ablenkung durch Mitschüler, bequeme Klamotten, Essen und Trinken nebenbei. Da geht vieles, was im realen Unterricht nicht erlaubt wäre.
 
 
Die Hausaufgaben müssen bis spätestens 18 Uhr erledigt sein, werden dann vom Schüler abfotografiert und dem Lehrer zugemailt. Tests und Klassenarbeiten finden nicht statt. Zur Benotung darf aktuell nur die erbrachte Leistung bis zum 13. März einbezogen werden - ein neuer Erlass der Landesregierung hat aber schon eine Veränderung der Zeugnisverordung in der Planung.
 
 
„Ich sehe im Home-Schooling durchaus auch nach der Krise ein Zukunftsmodell. Nicht für jeden Schüler, aber für viele“, bekräftigt Anja Kurmann. Zustimmung erhält sie dabei von Schulleiter Hans-Peter Hopp, der stolz darauf ist, dass die Schule die Digitalisierung so erfolgreich umgesetzt hat. So hat jeder Schüler, der selbst kein Tablet oder Laptop besitzt, ein Gerät zur Verfügung gestellt bekommen. Dafür dankt Hopp der Stadt Neustadt, die als Schulträger Leihgeräte zur Verfügung stellt. Lehrer Florian Körth hat sich als „IT-Papst“ der Schule der Sache angenomen und ordentlich getüftelt, um den Schülern beste Bilder übertragen zu können. So können die Schüler nicht nur ihn sehen, sondern durch eine Extra-Kamera auch, was er gerade schreibt, zeichnet oder rechnet.
 
 
Eines kann das Home-Schooling allerdings nicht ersetzen: Das soziale Miteinander im Alltag. „Das Herzstück vom Schule wird zur Zeit nicht ausgeführt. Viele Schüler wollen dringend ihre Schulfreunde wiedersehen. Fest steht: Eine Schule ohne Schüler taugt nichts. Da fehlt etwas, denn Schule ist ein sozialer Ort und keine digitale Romantik. Wir haben durch die Krise das digitale Lernen positiv beschleunigt, aber Schule ist und bleibt dadurch sinnerfüllt, dass sie von Schülerinnen und Schülern besucht wird“, resümiert Hans-Peter Hopp. Ob es nach den Sommerferien mit einem „normalen“ Schulleben weitergeht, weiß bisher niemand. (ab)


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