

Plön. Einen Rückzugsraum der besonderen Art hat die Marineunteroffiziersschule (MUS) im Haus der Militärseelsorge eingerichtet. Vergangene Woche wurde die frühere UVD-Stube als „Raum der Stille“ im Rahmen einer Segnungsfeier eingeweiht. Erklärtes Ziel: Die Einrichtung eines überkonfessionellen Ortes der Einkehr und Gegenpols zum militärischen Alltag, der es ermöglicht, sich für einen Moment zurück zu ziehen, sich zu besinnen, zu entspannen, zu beten, zu meditieren oder auch um zu trauern. Die leitenden Dekane Rainer Schadt und Armin Wenzel aus Kiel, stellvertretend für die katholische und für die evangelisch-lutherische Kirche, erläuterten Idee und Hintergrund des „supra-religiösen“ Raumes, der über Konfessionsgrenzen hinweg allen Angehörigen der MUS zur Verfügung stehe. Mit gutem Grund: Denn in Deutschlands Norden seien derzeit 60000 Soldaten stationiert, davon 15000 mit evangelischer und 5000 mit katholischer Konfession sowie 40000 ohne Angabe einer Religionsgemeinschaft. Zu dieser Gruppe zählten auch Angehörige des russisch-orthodoxen, muslimischen, jüdischen und anderen Glaubens sowie Atheisten. Seien in den 60er Jahren noch mit Bundesfinanzmitteln Garnisonskirchen, getrennt nach evangelischer und katholischer Ausrichtung, gebaut worden, so habe sich dies heute geändert. „Wir rüsten ab“, erklärte Rainer Schadt augenzwinkernd. Das Christentum als Global Player erfahre Veränderungen und die derzeit stärkste Säkularisierung im christlichen Abendland. Dies aber löse Fragen nach dem Glauben aus, vermutete Schadt. Der Raum der Stille biete den Soldaten, unabhängig ob Jahwe, Allah, Gott oder niemand für sie im Mittelpunkt stehe, die Möglichkeit, außerhalb des betrieblichen Alltags zu sich zu kommen, sich zu sammeln oder zu beten. Weshalb die Ausstattung sowohl einen siebenarmigen Leuchter als auch einen Gebetsteppich auf einem Bord mit Ausrichtung nach Mekka beinhalte. Angeschoben hat das Projekt der Betreuungsfeldwebel der MUS und Sprecher des katholischen Mitarbeiterkreises in Plön, Stabsbootsmann Hans Stephan Rodekurth, der sich über seine Idee, hiermit etwas für alle Glaubensrichtungen zu schaffen, mit seinem Kameraden Afaque Ahmed, Hauptgefreiter der Bundeswehr und gläubiger Moslem, austauschte. Denn die frühere St. George Chapel, die aus der englischen Besatzungszeit Plöns stammt, wird seit einigen Jahren als provisorische Aula genutzt und für muslimische Kameraden gab es ohnehin keinen Rückzugsraum. „Aber die Stube des Unteroffiziers vom Dienst in diesem Trakt war frei“, erklärte Pastoral Referent Michael Veldboer. „Und es wurde ja kein kirchlicher Raum benötigt, sondern einer, den alle nutzen können.“ So sei die Überlegung aufgeworfen worden, den Bezug zu Abraham als Urvater der drei großen monotheistischen Religionen Christentum, Islam und Judentum herzustellen. Ausdruck fand dieser Ansatz in einem extra ausgewählten Meditationsbild, in dem der Künstler verschiedene Geschichten des Stammvaters Abraham und Symbole der drei Religionen vereinigt hat. „Ein Bild, in dem sich alle wieder finden sollten“, erklärte Michael Veldboer. 10.000 Euro seien für Einrichtung und Ausstattung investiert worden, finanziert vor allem von der Bundeswehr sowie auch dem katholischen Militärdekanat. Um die besondere Würde des Raums der Stille zu betonen und seinen Zweck zu wahren, seien bei dessen Nutzung strikte Regeln zu berücksichtigen, erklärte der Pastoralreferent. So seien hier weder Essen und Trinken, noch Rauchen, lautes Sprechen oder laute Musik erlaubt. Schuhe müssen ausgezogen und auf dem Flur gelassen, Jacken, Mäntel und Kopfbedeckungen – mit Ausnahme von Gebetskappen – abgelegt werden.