

Preetz/Plön (vg). Die geplante Vollsperrung der Bundesstraße 76 zwischen Plön und Trenter Berg wird in den nächsten Jahren zur Geduldsprobe für Autofahrer und für die Anwohner entlang der offiziellen und inoffiziellen Umleitungsstrecken. Hinzu kommt, dass die Bahnstrecke Kiel-Lübeck zwischen der Landeshauptstadt und Ascheberg 2027 für ein halbes Jahr unterbrochen wird. Über sein Bauvorhaben berichtet der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) Schleswig-Holstein am Donnertag, 15. Januar, von 18 bis 19 Uhr im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung im Plöner Kreishaus, Hamburger Straße 17/18. Auch für eine offene Fragerunde stehen die Behördenvertreter zur Verfügung.
In der Infoveranstaltung dreht sich zunächst alles um den ersten Bauabschnitt, die Fahrbahnerneuerung zwischen dem Ortsausgang Plön und dem Abzweiger nach Rathjensdorf (Schöne Aussicht). Auf diesem Teil der B 76 sollen Fahrbahn und Radweg grundlegend erneuert werden. Dafür wird der gut 2,1 Kilometer lange Abschnitt von Februar 2026 an bis Ende Dezember 2027 voll gesperrt. Zudem laufen gerade die Planungen für die Erneuerung des zweiten maroden Streckenabschnitts bis zum Trenter Berg. Dafür rechnet der Landesbetrieb mit einer ebenfalls zweijährigen Vollsperrung der Bundesstraße. Ob diese direkt im Anschluss ab 2028 erfolgt oder etwas später, ist noch offen. Aber unterm Strich muss sich der Verkehr so oder so vier Jahre lang einen anderen Weg suchen.
„Sicherlich wäre eine kürzere Sperrung für die Region besser, wenn es sich aber im Arbeitsablauf nicht abbilden lässt, dann müssen diese Einschränkungen, die ärgerlich sind, hingenommen werden. Es lassen sich aber nicht immer alle Belange zur Zufriedenheit aller abbilden, wenn die auch berechtigte Forderung auf intakte Infrastruktur besteht“, teilt Kreissprecherin Nicole Heyck auf Nachfrage mit. Auch der Landrat selbst ist betroffen: Björn Demmin wohnt im südlichen Teil von Preetz und wird am ehesten über Kühren und Ascheberg zum Kreishaus fahren. Hinsichtlich des Rettungsdienstes werde der Kreis die Situation engmaschig beobachten, so Heyck: „Die Integrierte Rettungsleitstelle Mitte in Kiel wird die Einsatzfahrzeuge sowohl für den qualifizierten Krankentransport als auch den Rettungsdienst unter Berücksichtigung der Sperrung weiterhin standortbasiert alarmieren bzw. disponieren. Die Disponierung ist weder an Kreisgrenzen noch an Versorgungsgebiete benachbarter Leitstellen geknüpft, es wird gebietsübergreifend mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen die bestmögliche Versorgung bereitgestellt.“ Die Einsatzkräfte, Rettungswachen und die Leitstelle seien untereinander gut vernetzt. „Es ist zu erwarten, dass sich schnell Erfahrungswerte herausbilden, zu welchen Tageszeiten welche Umgehung am besten passierbar ist. Sofern sich hierbei die Notwendigkeit zu Veränderungen im Rettungsdienst ergibt, wird entsprechend reagiert werden. Es ist jedoch aktuell nicht geplant, bereits jetzt weitergehende Maßnahmen – etwa zur Verschiebung von Rettungsmitteln – zu ergreifen“, betont Heyck.
Die Kommunen an den Ausweichstrecken blicken mit Sorge auf die jahrelange Vollsperrung. „Das wird heftig“, meint Günter Frehse, Bürgermeister der Gemeinde Lehmkuhlen. Während der überörtliche und der Schwerlastverkehr weiträumig über die B 202 (Schwentinental-Selent-Lütjenburg-Oldenburg) umgeleitet werden soll, wird sich der Verkehr aus der Region die bekannten (Schleich-)Wege suchen. Frehse sieht Probleme auf die Orte Trent und Lepahn zukommen. „Allein für die Ortsdurchfahrt Lepahn, durch die täglich rund 1.000 Fahrzeuge rollen, rechnen Experten mit bis zu 10.000 Wagen am Tag“, sagt der Bürgermeister. Die Gemeinde könnte beantragen, im Birkenweg eine Bedarfsampel aufzustellen und andere Straßenzüge für den Durchgangsverkehr zu sperren – wie etwa der Preetzer Redder in Trent. „Aber auch der Lassabeker Weg, der nach Rathjensdorf führt, ist nicht als Ausweichstrecke geeignet. Die Fahrbahn ist teilweise nicht mal drei Meter breit“, meint Frehse. Auch betroffene Nachbargemeinden wie Wahlstorf wollen schauen, wo sie handeln müssen und ob die Kreisverkehrsaufsicht mögliche Maßnahmen – wie Parkverbote oder Tempolimits – dann auch genehmigt. „Wir können nur Wünsche äußern“, sagt Frehse. In Wielen und Wahlstorf soll der Vorher-Nachher-Zustand der Straßen dokumentiert werden. „Das werden wir sicherlich auch machen“, so Frehse, der wegen der bevorstehenden Dauerbelastung der örtlichen Straßen mit Schäden rechnet, die im Zweifelsfall von der Kommune behoben werden müssen. „Da können wir nur hoffen, dass uns der Kreis freiwillig mit Geldern unterstützt.“ In der Vergangenheit hat sich der Kreis in ähnlichen Fällen schon an der Reparatur von Bankettschäden auf freiwilliger Basis durch politischen Beschluss beteiligt.
Der Umstieg auf den ÖPNV ist auch nur bedingt möglich. Wie die Bahn mitteilt, ist eine sechswöchige Sperrung der Bahnstrecke Kiel-Ascheberg im Frühjahr 2026 zwar vom Tisch, dafür erfolgt die notwendige Sperrung jetzt ab Juli 2027 für ganze sechs Monate sowie jeweils eine Woche im Juni 2026 und Februar 2027. „Vom 8. bis 14. Juni 2026 wird es eine Streckensperrung von Kiel bis Elmschenhagen geben. In dieser Zeit werden auf der Strecke Schwellen getauscht. Zudem werden voraussichtlich in der Nacht vom 20. Juni auf den 21. Juni 2026 Arbeiten an der Mühlenau-Überführung in Preetz durchgeführt“, so eine Bahnsprecherin.
Wie aus einer Kleinen Anfrage des Ostholsteiner Landtagsabgeordneten Niclas Dürbrook hervorgeht, „ist den beteiligten Baulastträgern bewusst, dass die parallele Sperrung der beiden Verkehrswege zu Belastungen bei den Betroffenen führen wird. Durch ein Unterlassen wäre die Verkehrs- bzw. Betriebssicherheit aber nicht dauerhaft gewährleistet“. Der Schienenersatzverkehr soll über Expressbusse zwischen Ascheberg und Kiel sowie weitere Busse, die sämtliche Haltestellen bedienen, organisiert werden. Die Nah.SH führt aktuell eine Auslastungsbewertung durch, um zu prüfen, ob im Zugverkehr zusätzliche Kapazitäten nötig werden. „Dazu kann ich nur sagen: Höchste Zeit – vor allem, wenn die B 76 möglicherweise schon Ende Januar gesperrt wird. Und wenn sich herausstellt, dass die Kapazitäten nicht ausreichen: Wie will man so kurzfristig ernsthaft nachsteuern? Das wäre selbst unter Idealbedingungen schwierig – und erst recht angesichts der bekannten Personalprobleme bei Erixx“, merkt Dürbrook kritisch an.
Dass die „Lebensader“ zwischen Kreisstadt und der größten Stadt des Kreises nun vier Jahre lang unterbrochen und eine weiträumige Umleitung ausgeschildert wird, dürfte neben den Unannehmlichkeiten, die sich für Berufspendler, Schüler und Co. sowie Anwohner der Umleitungsstrecken ergeben, auch wirtschaftliche Auswirkungen haben – oder? „Ich denke nicht, dass wir von der Sperrung betroffen sein werden, aber sicher ist es nicht förderlich für den Umsatz“, meint Kai Schröder, Inhaber des Edeka-Marktes in Preetz. Auch beim Marketingverein „Schusterstadt Preetz e.V.“ ist es kein Thema, das zurzeit auf der Agenda steht. Hier gilt: Abwarten und gegensteuern, falls negative Folgen erkennbar werden.


