„Hier ist auch ‘ne Tote mit ohne Birne drin ...“
Plön (los). Es liegt verheißungsvolle Kontinuität in der „Aktion Parnaßtanne“. Zum 32. Mal leuchtet der Baum hoch über der Stadt Plön.
Der Vormittag vor dem ersten Advent ist immer fix im Terminkalender der Macher: Einer Initiative vom Vogelberg, angezettelt von Horst Stüwe, kam vor Jahrzehnten in den Sinn, die hochgelegene Plattform des Aussichtsturms im Advent für klassische Weihnachtsdekoration zweckzuentfremden (er ist im Winter sowieso geschlossen). Und so ist auch am vergangenen Sonnabend eine motivierte Anwohnergruppe tatkräftiger Plöner 20 Höhenmeter treppauf gestiegen, um den traditionell von den Stadtwerken gespendeten Tannenbaum wohlpräpariert in lotrechte Position zu bringen. Und obgleich es vor einem Jahr so schien, als würde durch Frauenverstärkung mehr Diversität bei dem Projekt einkehren, so erweist es sich 2025 als das, was es immer war: Männersache. Das „Team 25“ besteht aus Thorsten Pfau, Johannes Pfau, Sven Stüwe, Hauke Dettmers, Thomas Podschadli, Hans Jürgen Radtke, Wulf Schwerdtfeger, Noah Stüwe, Ingo Hassel, Tjark Ostertun und Ingo Ostertun.
Die Vorfreude auf Weihnachten hat in 85 Metern Höhe über NN ein ganz eigentümliches Gepräge örtlicher Erhabenheit. Ein kalter Wind sorgt am vorletzten Novembertag 2025 für den roten Teint aller Beteiligten, die „ihren“ derzeit noch vernetzten Baum gerade heil über die Reling gehievt haben. Dank Rolle braucht es dafür nicht einmal sehr viel Muskelkraft. Das war früher anders...
Ist die Tanne erst einmal oben angekommen, wird das Procedere fortgesetzt. Da wird entnetzt, Kabelbinder und Lichterketten bereitgelegt, der Haupttrieb sogar bis zur Spitze mit einem Pflanzenstab verstärkt – keine Windböe soll das Vergnügen an seinem Anblick trüben. Mit unversehrter Spitze, versteht sich. Und deshalb bauen die Parnaßaktivisten lieber vor.
„Bisher hatten wir jedesmal einen Orkan in dieser Zeit“, sagt Thorsten Pfau, „das halten die Birnen nicht aus.“ Die angezurrte Gartenstange soll die sturmbedingten Schwankungen dämpfen. Sie ist tannennadelgrün und fällt von unten zumindest optisch nicht auf. So grün sind auch die langen Kabel mit den vielen „Glühbirnen“. Ein Wort übrigens, das im Kreis der Fachkräfte vom Vogelberg absolut tabu ist. „Hier sagt jeder Leuchtmittel...“, sagt Thorsten Roth und reicht eine Spraydose WD 40 weiter, angeblich ein „Männerparfum“ mit dem die Fassungen eingesprüht werden. „Das hält die Feuchtigkeit ab...“ Schon markieren zwei rote Funzeln die Baumspitze. Damit ist der Anfang mit der Lichterkette gemacht, aber die soll sich gleichmäßig über die Zweige verteilen („Wulf, du musst die nicht alle an die Spitze tüdeln, ne?“). Mancher kämpft mit klammen Fingern mit dieser Dekoration, andere mit schwachen Geduldsfäden („Zieh‘ doch mal die Handschuhe aus, Mann!“) angesichts des mühsamen Vorankommens. Unabhängig davon wird penibel auf Sicherheit und Fixierung gesetzt: „So, hol‘ man noch ne Strapse, da machen wir lieber noch mal eine extra...“
Schließlich muss der kritische Test Klarheit bringen. Manches ältere Lämpchen versagt den Dienst. „So, wir müssen noch mal die da oben runterholen“ – „Hier ist auch ‘ne Tote mit ohne Birne drin....“
Dann klingelt ein Telefon. Kritik vom Vogelberg, einige zig Meter tiefer. „In den obersten Ästen sind keine Lampen, sagt Horst.“ Ausgerechnet an Leuchtmitteln fehlt es nun. Zum Glück gibt’s Nachschub aus der teilnahmsvollen Nachbarschaft. Die Packung wird kurz darauf nach oben gereicht. Nur nicht den Baum noch mal abschrauben... Eine Lösung findet sich in den eigenen Reihen: „Tjark, komm mal her, du bist doch groß...“ Die Birne wird eingeschraubt. Zufrieden schließt man das Parnaß-Projekt ab. Bis Anfang Januar. Dann wird der Turm abgetakelt.