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Neuer Kalender – alte Ansichten

Plön (los). Das Museum des Kreises und die Plöner Schützengilde von 1621 haben in bewährter Zusammenarbeit zum vierten Mal in die Fundgrube gestifteter Bilder gegriffen: Herausgekommen ist der Kalender 2026 mit alten Ansichten der Stadt Plön, ihres Umfelds und ihrer Bewohner. Er ist für 12 Euro im Kreismuseum, Johannisstraße 1, in der Förde Sparkasse, der Tourist Info und bei Carstens Optic am Markt erhältlich. Museumsleiterin Julia Meyer und Torben Martens als Vertreter der Gilde informierten über die Geschichte des genutzten Fotomaterials aus dem Nachlass des Gildemitglieds Julius Junghans. Zehn der zwölf Monatsblätter zeigen Aufnahmen aus einem Fotoalbum von Julius Junghans. Die Bilder datieren in die Zeit von 1905 bis 1911. Ergänzend präsentiert das Museum aktuell eine Reihe von Exponaten rund um die Person des Weinhändlers und sein Wirken in der Stadt Plön.

Bereits in dänischer Zeit (die 1864 endete) habe Julius Junghans mit Wein und Spirituosen gehandelt, berichtet Julia Meyer. Damals befand sich das Geschäft an der Adresse Lange Straße 41, ab 1862 jedoch in der Lübecker Straße 4 – siehe Titelblatt der „Plöner Ansichten 2026“.

Die Söhne Richard, Otto und Herrmann stiegen in das Unternehmen mit ein. Nun machte sich der Betrieb als J. Junghans & Söhne einen Namen. Mit Erfolg: „Die Firma Junghans war damals im ganzen Reichsgebiet bekannt und belieferte auch zahlreiche Fürstenhäuser und königliche Hoheiten.“ Dank dieser erlauchten Kreise wurde Junghans schließlich 1892 zum „Höchst ihren Hoflieferanten“ gekürt. Das zählte in jenen Tagen. An die Ernennung erinnern die beiden Wappen oberhalb des Hauseinganges in der Lübecker Straße 4, die auf dem Titelbild noch fehlen – die Fotografie ist also älter als das Ereignis.  

1908 habe der Sohn Otto die Weinhandlung übernommen. Die Brüder kehrten Plön den Rücken, machten sich in Hamburg selbständig und suchten in Amerika ihr Glück.

Julius Junghans starb 1928. „Der Familienbetrieb bestand bis 1957“, erzählt Julia Meyer. Danach habe Waldemar Stanitzke das Geschäft übernommen.

Julius Junghans war schon seit 1857 im Offizierskorps der Gilde aktiv gewesen und im Jahr 1891/92 König der Plöner Schützen. Die feierten am 27. Januar 1892 Kaiser Wilhelm II. Geburtstag. Über die kulinarisch-diätfernen Details und Weine (auch von Junghans) gibt eine üppige Menükarte Auskunft.

Vorher war Julius Junghans zunächst Gildemajor und gab als solcher beim Plöner Goldschmied Gramstorf zwei Silberschilde in Auftrag. Die Inschrift „Der Plöner Schützengilde gewidmet von Ihrem Major J. Junghans. 1889“ erinnert an den Stifter, dessen Söhne ebenfalls Gildemitglieder waren. Die Schilde waren den Fähnrichen der ersten und zweiten Kompanie bestimmt und werden nach wie vor getragen, so Meyer.

Ab dem Jahr 1898 war der Plöner Weinhändler zweiter Ältermann der Schützengilde und zusammen mit dem ersten Ältermann, dem Apotheker Johannes Hasse, Vorsteher der Gilde, insgesamt fünf Jahre (bis 1903). Hasse führte die Apotheke im heutigen Museum des Kreises Plön, in dessen Obergeschoss seine „alte Offizin“ besichtigt werden kann. Junghans‘ Gildebruder Hasse war darüber hinaus Chef der Freiwilligen Feuerwehr. Er übte das Amt von 1884 bis 1893 sowie von 1895 bis 1919 aus.

Der Fotograf Friedrich Henning (1835-1921), ein gebürtiger Plöner, lichtete das für den Januar gewählte Bild irgendwann vor 1892 ab, da die Wappen fehlen; es ist zugleich das Motiv des Kalendertitels. Das „Cabinettphoto“ zeigt den ehemaligen Wohn- und Geschäftssitz in der Lübecker Straße 4 und wurde in Hennings Fotoatelier am Schlossberg gefertigt.

Weitere Kalenderbilder gewähren spannende Perspektiven auf die Sodafabrik, Dampfloks, pflügende Pferde, den Schornstein der Meierei und eine alte Windmühle. 1899 war das Kaiserin-Auguste-Viktoria-Gymnasium gerade fertiggestellt und bot noch ein schmuckes Fotomotiv... Manches Bauwerk geriet gewissermaßen unter die Räder: Das Alumnat etwa entstand 1890 auf dem Gartengrundstück des Weinhändlers Julius Junghans in der Rodomstorstraße, dessen weiße Villa direkt daneben zu erkennen ist. 1909 wurde auch die Rodomstorschule errichtet, die sich quasi neben dem Alumnat befand – seit den 1970er Jahren verläuft hier die B76 quer durch die Stadt.

Der Kalender dokumentiert Lokalgeschichte einschließlich ihrer Kapitel Migration, Soziales sowie „Stadtbild“. Davon zeugt die abgebildete Antonius-Kirche, ein Vorgängerbau: Sie ist 1904 durch den Gutsherrn von Rixdorf, Clemens Graf von Westphalen, für seine polnischen Gutsarbeiter und die im Raum Plön wohnenden katholischen Christen erbaut worden. Davon zeugt auch das Gebäude Krabbe 17: Es ist 1863 als „Armen- und Arbeitshaus“ errichtet worden.


 


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