

Preetz (los). Herbstzeit ist die Zeit für Pilze und Pastinaken, Kohl und Co. Penibel putzen und schnippeln Leonie und Baran mit ihrem Ausbilder Christian Lemm in der Küche. Schüsseln voller halbierter, zweifach eingeschnittener Rosenkohlköpfchen stehen für die weitere Verarbeitung bereit. Der Plan fürs Menü steht. Kleingehackte Pilze - „Duxelles“ - sollen noch als würzige Farce und Füllung den Feinschliff erhalten. Währenddessen bereitet ihr Teamkollege Kevin den Gastraum vor, deckt neu ein, poliert, und ordnet Gläser und Bestecke weißbehandschuht und mit geduldiger Präzision am Platz an. Die Hygieneregeln sind streng: Was die Gäste vom Tisch in die Hand nehmen, wurde klinisch sauber und quasi unberührt dort abgelegt. Das Ergebnis sieht perfekt aus und einladend. 2026 will er seine Abschlussprüfung machen.
Alle drei lernen zusammen mit sieben weiteren Jugendlichen im Preetzer Ausbildungsrestaurant Schwan in der Kührener Straße die Berufe, mit denen sie künftig ihren Lebensunterhalt bestreiten oder auf deren Grundlage sie aufsatteln und sich weiterqualifizieren wollen. Sie erwerben zugleich ihren Esa, den Ersten Schulabschluss.
Es sind allesamt Jugendliche mit Förderbedarf, die der Kreisjugendring Plön erfolgreich ausbildet. Dies macht der Verein seit 1985; Standort ist Schwentinental, seit 2009 auch Preetz.
„Wir wollen Jugendlichen mit Förderbedarf eine Chance geben, sich zu gefragten Arbeitskräften zu entwickeln“, sagt Thomas Bohse, Pressesprecher von der Agentur für Arbeit. Noch dazu sollen sie möglichst gut ausgebildet werden. Eine Feststellung der Eignung durch die Arbeitsagentur ist dazu die Voraussetzung.
Einrichtungsleiter Dirk Nestler, Geschäftsführer im Kreisjugendring, ist stolz auf den Berufsnachwuchs, der sich unter der Regie des Ausbilderteams zu qualifizierten Fachkräften und tollen Persönlichkeiten entwickelt. Die Ausbildung zum Fachpraktiker im Gastgewerbe reicht aus, „um dann in den Arbeitsmarkt einzusteigen“, sagt er. Dennoch blieben rund ein Drittel der Auszubildenden, um in den verschiedenen Fachbereichen weiterzumachen und auch den nächsthöheren Schulabschluss zu erreichen. Die Einstiegschancen sind für sie dann gut auf dem Arbeitsmarkt, erklärt Dirk Nestler, „heute ist das Niveau niedrig in der Gastronomie. Und da ist jemand nach zwei- oder dreijähriger Ausbildung willkommen.“
In der Zeit der Ausbildung sind einige Hürden zu nehmen. Auf die Gäste frei zugehen und souverän am Tisch im besten Sinne eines gepflegten Service agieren zu können, zählt dazu. „Das wird kleinteilig geübt“, sagt Dirk Nestler, „es arbeitet auch eine Sozialpädagogin mit den Auszubildenden.“ Ziel sei es, eine gewisse Selbstverständlichkeit und sicheres Auftreten zu erreichen. Dafür werde auch am Benehmen gefeilt.
Auch in der Küche zählten handwerkliches Geschick, Organisationsvermögen und Konzentration. Mathe üben beim Kartoffelschälen ist hier eine praxisnahe Methode: Da werden Rezepte verdoppelt oder halbiert und der Dreisatz trainiert. Es geht bei der Jongelage mit den Zahlen um Volumina und Maße, Geld und Kasse, Lagerkapazitäten und Warenbestände.
Das Team in der Küche ist nach Art einer „Postenküche“ organisiert, „angelehnt an die französische Küche“, sagt Dirk Nestler. „Jeder kann da eingesetzt und nach seiner Möglichkeit gefördert werden.“ Wobei die Vorbereitungsarbeiten als kleine Bauteile im Zusammenspiel ein funktionierendes Getriebe ergeben müssen. Jeder ist auf seinem „Posten“ ein wichtiger Mitspieler der ineinandergreifenden Abläufe. Gut eingespielte Teamarbeit ist dafür die Grundlage.
Am Ende können die Jugendlichen einen Abend selbständig gestalten: Den Gast annehmen, am Tisch platzieren, Getränke aufnehmen. Dann ist die Abfolge des minutiös vorbereiteten Menüs einzuhalten. Zuvor sind auch alle vorbereitenden Arbeiten abzuhaken: Die Reinigung der Räume, die Pflege der Tischwäsche, das Eindecken an den Sitzplätzen.
Die Küche steckt noch in den Vorarbeiten. Die Rosenkohlhälften, die des möglichst gleichmäßigen Garens wegen so vorbereitet sind, sollen pochiert werden. Erst tags darauf werden sie in Butter geschwenkt und fertig gegart, erzählt Betriebsleiter Christian Lemm. Nun muss das junge Küchenteam noch einen Crêpeteig anrühren und eine Kartoffelmasse herstellen. Ein Riesenstrauß Petersilie kommt auch unter das Messer, kleingehackt wird das Kraut in die Farce gegeben. Am Ende werden alle Komponenten im herbstlichen Menü vereint, erklärt Christian Lemm, der hier anspruchsvolles kulinarisches Wissen an seine Schützlinge weiterreicht. Ob eine besondere Interpretation des Klassikers „Himmel und Erde“ entwickelt, die Schritte der Herstellung einer aromatisch-intensiven Wildkraftbrühe vermittelt werden oder jene von Mandelkrokantkaffee und Punschkirschen für einen begeisterten Gaumen: Gäste genießen hier auf hohem Niveau.
Leonie hat Freude an dieser Arbeit rund um die kreativen Köstlichkeiten und will sich beruflich weiterqualifizieren. Ihr Ziel ist es, Fachkraft „Küche“ zu werden, so die Berufsbezeichnung, „und danach würde Koch kommen“, erzählt sie.
Auch Baran ist von seiner Ausbildung überzeugt, „ich denke, dass ich beim Kochen bleibe“, sagt er. Und Ideen für die Zukunft hat er auch. Sein Wunschziel ist eine Stelle auf einem Kreuzfahrtschiff: „Und dass ich dort koche, aber auch die Welt ein bisschen sehe...“.



