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Reporter Eutin

Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?

Eutin (ed). Seit gestern hängen die Plakate überall im Kreis Ostholstein – auf der Straße, in Geschäften, in Ämtern und Behörden, öffentlichen Einrichtungen, Kindergärten oder Schulen: „Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?“ steht darauf über einem Foto von Eltern, die offensichtlich deutlich mehr mit ihrem Smartphone beschäftigt sind als mit ihrem Kleinkind. Es ist eine Kampagne des Kreises Ostholstein mit seinen acht Familienzentren, die wiederum eng mit ihren Netzwerkpartnern zusammenarbeiten – KiTas, Jugendzentren, auch Bibliotheken und viele Einrichtungen mehr sind an dieser Aktion beteiligt, die in vier Aktionswochen vom 15. Februar bis zum 15. März Eltern dafür zu sensibilisieren, dass ihre Kinder sie mehr brauchen als ihre Smartphones.
Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, sieht, wie die Mediennutzung in Familien sich verändert hat – und die Plakatmotive sind nicht überspitzt sondern eher schon zur Regel geworden. „Und da fragen wir uns, ob es nicht angebracht ist, dass wir uns mal an die Eltern wenden und fragen, ob diese Form der Mediennutzung vielleicht nicht nur positiv ist“, so Frithjof Lörchner, denn die Jugendhilfe des Kreises ist längst nicht nur in der Nachsorge sondern auch im präventiven Kinder- und Jugendschutz unterwegs. „Denn oftmals kommt das Familienleben zu kurz, weil die Kommunikation auf der Strecke bleibt.“ Die jungen Eltern sind mit den Smartphones aufgewachsen, für sie sind die smarten Telefone selbstverständlich, Kommunikations-, Informationsmittel, Spielzeug, Fernseher, Musikanlage – sie fordern ihre Aufmerksamkeit, wenn sie piepen oder vibrieren, auch nachdem ein Baby da ist. „Das ist oft gar kein böser Wille“, so Frithjof Lörchner, „es ist die Technik, mit der sie groß geworden sind. Sie wissen gar nicht, dass sie ihren Kindern damit nichts Gutes tun.“
Längst haben Studien ergeben, dass Kinder sich durch den Smartphone-Konsum ihrer Eltern vernachlässigt fühlen, sie kommen zu dem Schluss, das Gerät müsse wichtiger sein als sie. Minderwertigkeitsgefühle sind eines der Probleme, die daraus resultieren, die eigene Mediennutzung der Kinder ein anderes. Zudem fehlt den Kindern Geborgenheit, die Sicherheit, dass sie das Wichtigste im Leben ihrer Eltern sind, dass auf sie aufgepasst wird – und auch auf die Entwicklung hat der Mangel an Kommunikation und Zugewandtheit ihre Auswirkungen – auf die Sprache, den Wortschatz, auf Phantasie und Kreativität. Kinder brauchen ihre Eltern als interessierte Zuhörer dessen, was sie erlebt haben, als Geschichtenerzähler und -vorleser und als aktive Spielgefährten tragen Eltern wesentlich dazu bei, dass ihre Kinder sich entwickeln können.
„Handys sind nützliche Geräte“, sagt Kreispräsident Harald Werner, der die Schirmherrschaft für die Aktion übernommen hat, „wir wollen sie auch keinesfalls verteufeln, aber in manchen Situationen sollte man seine Mediennutzung einfach mal überdenken.“ Dafür wolle man besonders junge Eltern sensibilisieren, macht Frithjof Lörchner, der Jugendhilfeplaner des Kreises, deutlich, sie ganz ohne erhobenen Zeigefinger auf ihre Verantwortung gegenüber ihrem Kind aufmerksam machen und zeigen, dass es Spaß macht, sich mit seinem Kind zu beschäftigen, dass es beiden Seiten gut tut, die Bindung zwischen Eltern und Kind stärkt und eine tolle Zeit, sogenannte Qualitätszeit sein kann, die Klein und Groß miteinander verbringen. „Unsere Aktionswochen sind keine „Anti-Kampagne“ gegen das Handy“, erklärt Silke Hüttmann von den Familienzentren, „es ist eine Achtsamkeitskampagne für die Eltern.“ Achtsamkeit, Zeit und Zuwendung fürs Kind soll sie bewirken. Mit im Boot sind viele der KiTas des Kreises, die Bibliotheken und Jugendzentren, als Koordinatoren fungieren natürlich die Familienzentren – gemeinsam werden Spiel- und Lesenachmittage in den KiTas gemacht, Bibliotheken bieten Vorleseaktionen an für Kinder mit ihren Eltern, es gibt Vorträge und Info-Nachmittage sowie tolle Aktionen in den KiTas. So wurde eines der Schaufenster der Eutiner Sonnenapotheke zusammen mit den Eutiner Kindergärten gestaltet – in Denkblasen ist zu lesen, was die Kinder mit Smartphones verbinden. Viele der Aussagen zeigen, dass es für das arme, geplagte Smartphone auch einfach mal an der Zeit ist, eine Runde mit seinen Freunden im Handygarten abzuhängen oder im Handybett zu schlafen, damit Mama und Papa Zeit haben, sich mit ihrem Kind zu beschäftigen. Ganz ohne Smartphone – wer noch kein Bettchen für sein Smartphone hat, den laden Familienzentrum und Jugendzentrum am 23. Februar auf den Eutiner Marktplatz ein zum Handybetten-Basteln. Zum Bett (natürlich zum Mitnachhausenehmen) kann man sich eine sehr niedliche App runterladen, mit der das Handy sich selig kuschelnd zudeckt und einschläft. Vertiefend findet sich ein Heftchen mit Handyregeln auch für Mama und Papa – mit einem Augenzwinkern wird die Postkarte „Handy-Garten“ verteilt, auf der sich eine nette Dame gern um WhatsApp- und Facebook-Freunde kümmert, während die Eltern Zeit mit ihren Kindern verbringen.
Viermal findet der Vortrag „Vater, Mutter, Handy, Kind“ im Kreis statt – am 28. Februar ist die Lerntherapeutin Claudia Boeden damit in der Eutiner Kreisbibliothek zu Gast und erklärt unter anderem, welche Auswirkungen die Fokussierung der Eltern aufs Smartphone für die Kinder haben können. Alternativen zum Smartphone und für die Gestaltung der Zeit mit den Lütten bietet der Aktionstag des Familienzentrums Eutin „Heute hat das Smartphone frei!“ am 6. März – ab 15 Uhr wird gebastelt, vorgelesen und gespielt, es gibt Informationen für die Großen, Spiel und Spaß für die Kleinen. Und einen Monat lang, bis zum 15. März werden die Plakate hängen und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, da sind sich die Beteiligten sicher.
Mit der Kampagne „Heute schon mit ihrem Kind gesprochen?“ soll gleichzeitig auf die vielfältigen Unterstützungsmöglichkeiten der Familienzentren, die es nun seit zehn Jahren gibt, aufmerksam gemacht werden. Welche dieses sind und welche Aktionen im Rahmen der Kampagne vor Ort geplant sind kann unter www.familienzentren-ostholstein.de nachgelesen werden. Auskünfte zum Projekt erteilt Frithjof Lörchner, Jugendhilfeplaner des Kreises Ostholstein unter der Telefonnummer 04521 788-471 oder per E-Mail an f.loerchner@kreis-oh.de.


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