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Was kriecht denn da am Wegesrand? Die „Maiwürmer“ sind unterwegs

Meloe proscarabeus, Schwarzblauer Ölkäfer, Mänchen und Weibchen.

Meloe proscarabeus, Schwarzblauer Ölkäfer, Mänchen und Weibchen.

Bild: hfr / Carsten Pusch

Kreis Plön/Ostholstein (t). Eine häufigere und auffällige Erscheinung in diesen Tagen sind etwas träge am Boden in Gärten und an Wegrändern krabbelnden, wurmartige Tiere. Besonders an warmen Frühsommertagen sind die mehrere Zentimeter großen und meist einfarbig blauschwarz glänzenden Tiere unterwegs. Viele Naturfreunde erkennen erst auf den zweiten Blick ein Insekt, noch weniger wissen, um was es sich handelt - um einen Ölkäfer.


Die Umweltberatungsstellen des Kreises Plön erreichen in diesen Tagen immer wieder neugierige, manchmal auch besorgte Anrufe von Bewohnern des Kreises: „Was krabbelt denn da am Wegesrand?“.
Besonders in den Monaten April und Mai fallen Spaziergängern und Gartenfreunden die flugunfähigen Ölkäfer auf - daher auch der volkstümliche Name „Maiwurm“. Sie ernähren sich von Bärlauch, Scharbockskraut, Buschwindröschen sowie vielen anderen Blütenpflanzen und sind gern an Weg- und Grabenrändern, in Gärten oder Auwäldern zu finden. „Fast immer handelt es sich dabei entweder um den Violetten oder Veilchenfarbenen oder um den sehr ähnlich aussehenden Schwarzblauen Ölkäfer“, erklärt NABU Umweltberater Carsten Pusch, Plön, Lange Straße 43 (ploen@umweltberatungsstelle.de). „Die Weibchen der beiden Arten werden rund einen bis fünf Zentimeter lang und haben trotz ihrer Länge einen gedrungenen Körperbau.“


Die Weibchen dieser Vertreter aus der Familie der Ölkäfer schleppen im Frühjahr riesige Ei-Mengen mit sich herum. Der Hinterleib der Käfer ist dadurch derart aufgedunsen, dass die Deckflügel nur noch wie kleine Anhängsel wirken.
„Die große Überproduktion von Eiern - mehrere Tausend - bei den Ölkäfern ist notwendig, da aufgrund ihrer hoch spezialisierten Lebensweise es nur wenigen Larven dieser Insekten schaffen, sich zum erwachsenen Käfer zu entwickeln“ erläutert Pusch weiter. „Denn wohl nur aus jeder tausendsten Larve entwickelt sich ein Ölkäfer.“ Die Eier werden in kleinen Häufchen in der Erde vergraben und verbleiben zunächst fast ein Jahr im Boden. Im folgenden Jahr schlüpfen die Larven und klettern auf einen Blütenstängel. Der Biologe ist von diesem komplizieren Lebenszyklus fasziniert: „Dort warten die Larven in der Blüte und heften sich schließlich mit Hilfe besonderer Haft-Klauen und ihren Kiefern im Haarkleid oder an Borsten Blüten besuchender Insekten an.“


Die Larven der beiden bekannten Ölkäferarten entwickeln sich in den Nestern solitär lebender, bodennistender Wildbienen, zum Beispiel Seiden- und Erdbienen. Aber auch an vielen anderen Blüten besuchenden Insekten klammern sich die Larven an, müssen dann aber letztlich sterben, weil sie kein Bienennest gefunden haben. Wenn die Ölkäfer-Larve einmal eine Wildbiene erwischt hat, wird sie von ihr in deren Nest eingetragen, wo sie sich zuerst über das Ei der Biene und anschließend über die eingetragenen Vorräte ihres Wirtes hermacht. Die Entwicklungszeit vom Ei bis zum fertigen Insekt dauert bei beiden Arten zwei Jahre, die Lebensdauer der erwachsenen Tiere beträgt nur etwa einen Monat.
Interessant ist auch die Entstehung des Namens „Ölkäfer“: „Dieser bezieht sich auf die Fähigkeit der Käfer dieser Familie, giftige Abwehrstoffe zu produzieren. Bei Gefahr können sie eine gelbliche Flüssigkeit aus Poren an ihren Beingelenken austreten lassen. Diese erinnert stark an Öltröpfchen und gab den Käfern ihren Namen“, so Pusch.
Der Hauptwirkstoff ist Cantharidin, dieses schützt die Käfer vor allem vor Ameisen und Laufkäfern. Andere Fressfeinde, wie Igel oder Vögel, sind gegen das Gift immun. Für einige Käfer-, Wanzen- und Gnitzenarten ist Cantharidin sogar sehr attraktiv. Diese suchen gezielt tote oder lebende Ölkäfer und ihre Ausscheidungen auf, fressen die Ölkäfer oder stechen sie an. Das aufgenommene giftige Cantharidin wird dann für die eigene Verteidigung eingesetzt. Gar nicht selten kann man viele kleine Gnitzen (Bartmücken) auf den Käfern sitzen sehen, die an den häutigen Stellen des Hinterleibes Körperflüssigkeit der Ölkäfer aufnehmen.
Beim Menschen hat das Cantharidin bestimmter Arten eine Bedeutung als Aphrodisiakum („Spanische Fliege“) und wurde früher auch als Medikament zum Beispiel gegen Darmerkrankungen genutzt. Allerdings sind schon geringere Mengen für den Menschen hochgiftig. Als Reiz- und Nervengift kann es zur Blasenbildung auf Haut und Schleimhäuten kommen.
Für Panik oder übertrieben Ängste besteht allerdings kein Anlass, Vorsicht kann aber nicht schaden: „Wie immer sollte man unsere Wildtiere, dazu zählen natürlich auch unsere Insekten und andere Wirbellose, einfach in Ruhe und ihrer Wege ziehen lassen und sich einfach an der Vielfalt unserer Mitbewohner erfreuen“, so Pusch.
Maiwürmer leben in ganz Europa und Zentralasien. Der Schwarzblaue Ölkäfer kommt in vielen verschiedenen Lebensräumen vor, von Deichen an der Küste über trockene Wiesen, Heiden und Waldränder bis hin zu Gärten vor. Der Violette Ölkäfer besiedelt vor allem mehr feuchte Wälder, Grabenränder und ähnliche Lebensräume. Entscheidend ist aber wohl vor allem das Vorkommen geeigneter Wirte.


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