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Petra Remshardt

Der Sportclub Cismar

In einer Serie stellt der reporter einmal im Monat die Ortschaft Cismar in den Fokus. Vor allem die geschichtliche Seite des Klosterdorfes wird dabei intensiv beleuchtet. Das Material stammt aus der Festschrift zum 50. Jubiläum des Sportclub Cismar von Verfasser Bernd Picker.
 
„Bedingungslose Kapitulation und Vertreibung, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot, Ungewissheit und Hoffnungslosigkeit - das ist die Lage, als sich am 1. Mai 1947 im „Lindenhof“ in Cismar Männer und Frauen zusammenfinden, um auf Anregung der beiden aus Oberschlesien stammenden Amateurboxer Wisotzki und Topolski den Boxclub Cismar zu gründen.“
Nach Schilderungen Beteiligter wurde die Idee der Vereinsgründung wohl stark „praxisorientiert“ geboren, nämlich nach einer heftigen Keilerei im Frühjahr 1947 in Cismar. Dieses kleine „Veilchenpflücken“ wurde in erster Linie boxtechnisch bestritten und entschieden, was bei manchen Zuschauern der Auseinandersetzung und auch bei Beteiligten den Wunsch hervorrief, solches auch weiterhin zu pflegen - nur eben nach allen Regeln der Kunst und in einem Verein.
Diese Idee fiel auf außerordentlich fruchtbaren Boden, fand nicht nur Fürsprecher, sondern vor allem Männer und Frauen, die die Idee umsetzen sollten.
 
 
Die äußeren Bedingungen der Nachkriegszeit machten das Vorhaben nicht gerade leicht, spielten doch existenzielle Probleme in dieser Zeit der Rationierung eine gewaltige Rolle; doch sie sollten überwunden werden.
Am 1. Mai 1947 also, einem Donnerstag, traf man sich im damaligen Gasthof „Lindenhof“ - dem heutigen „Naturmuseum Haus der Natur Cismar“. Aus Oberschlesien nach Cismar verschlagen hatte es zwei Amateurboxer, die das Zepter zur Vereinsgründung in die Hand nahmen: Leichtgewichtsboxer Wilhelm („Willi“) Wisotzki, der in Wintersberg eine Unterkunft gefunden hatte, und der Federgewichtler Josef „Jupp“) Topolski.
Das war die Geburtsstunde des „BSV Cismar“ (Boxsportverein Cismar), wie der neue Verein sich nannte (nicht BC, Boxclub Cismar, wie mehrfach andernorts zu lesen ist; „BC“ war der „inoffizielle“ Name des Vereins).
Willi Wisotzki sen. wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt, Gastwirt Paul Lau („Lindenhof“ Cismar) zum Kassenwart, Günther Gröger wurde der erste Schriftführer. Da Paul Lau einige Jahre in den USA verbracht hatte, kamen dem BSV seine Erfahrungen aus dem dortigen Boxbetrieb bald zugute. Übrigens ist Hasso Möller nicht der erste 1. Vorsitzende, wie fälschlicherweise andernorts zu lesen ist; vielmehr löste Hasso Möller 1948 Willi Wisotzki ab.
Durch Entlassung aus Wehrmacht oder Gefangenschaft, durch Vertreibung, Flucht oder Arbeitssuche nach Cismar gekommen, traf hier wie im übrigen Holstein eine unvorstellbar große Zahl Menschen aufeinander. Der Boxsport übte auf viele von ihnen eine starke Anziehungskraft aus und ließ nach der Gründung den Verein eine beachtliche Entwicklung erfahren.
 
 
1953 wurde auch ein neuer Name gefunden, ging es doch mittlerweile nicht mehr nur um Boxen. Der Verein hieß jetzt „Sport-Förderungs-Verein Cismar e.V.“ und führte in seinem Wappen „die flügellahme Krähe“, wie Spötter den Johannesadler im Vereinssiegel nannten.
Doch das führte schon sehr bald zu Schwierigkeiten mit den sportlichen Verbänden des Kreises und mit den amtlichen Stellen. Nach deren Auffassung handelte es sich nun nicht mehr um einen Sportverein, sondern um einen Förderverein, was hinsichtlich der Teilnahme an Wettkämpfen und gemäß sonstigen sportlichen Regularien nicht vertretbar erschien.
 
 
Also musste man wieder einen neuen Namen suchen - und fand ihn. Am 10. Januar 1958 wurde die bisherige Satzung vom 1. September 1953 außer Kraft gesetzt, an ihre Stelle trat eine völlig neue Satzung, die den Vereinsnamen „Sportclub Cismar e.V.“ festschrieb. Unterzeichnet wurde sie vom damaligen Vorsitzenden Helmut Schmidt, den Beisitzern Boeck und Puls und dem Kassenwart und Schriftführer Lau. (red)


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