

Timmendorfer Strand. Bevor die Bürger der Gemeinde Timmendorfer Strand am kommenden Sonntag, dem 26. Februar, beim Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob das über 30 Jahre alte Eissport- und Tenniscentrum (ETC) saniert oder aufgegeben werden soll, konnten sich zahlreiche Interessenten am vergangenen Mittwoch aus erster Hand über das Sanierungskonzept, die Kosten und das Gebäude aus den 80er Jahren informieren. Rund 8,3 Millionen Euro netto (9,9 Millionen Euro brutto) soll der notwendige Umbau kosten, um die Halle weiter betreiben zu können. Etwa 100 Besucher folgten der Einladung der Gemeinde und des Kurbetriebes zur Informationsveranstaltung. Nachdem man bei einem geführten Rundgang einen Blick hinter die Kulissen werfen konnte und so die maroden Sanitäranlagen und Umkleidekabinen, die veraltete Technik aus dem Eröffnungsjahr 1984 und die Eis- und Tennishalle genauer begutachten konnte, sind die Fachleute im Restaurant des ETC zu Wort gekommen. Der Timmendorfer Architekt Jörg Bever stellte zuerst sein Sanierungskonzept mit Teilumbau des ETC vor. Dazu gehören unter anderem eine neue Unterdecke des Daches, das Einsetzen von feuerhemmenden Brandschutzklappen an den Holzbindern, eine neue Beleuchtung und neue Umkleidekabinen, die dem Ligabetrieb der Eishockey-Mannschaft angepasst werden. „Während der Bauphase ist der Spielbetrieb in der Eishalle sichergestellt, da wir von der Idee abgewichen sind, die Halle für den Umbau komplett dicht zu machen,“ stellt Bever klar. Von der Moderatorin des Abends, Martina Janke-Hansen, nach dem vorgesehenen Zeitablaufplan gefragt, antwortete Dipl.-Ing. Jörg Bever: „Fällt beim Bürgerentscheid die Entscheidung für eine Sanierung, wird die Ausarbeitung von Entwurf und Antragsverfahren (mit Bauantrag, etc.) bis Juni/Juli 2017 erfolgen.“ Die Ausführungsplanung ist dann bis Ende Dezember 2017, die Ausschreibung und Auftragsvergabe bis März 2018 abgeschlossen. „Der Baubeginn für den ersten Bauabschnitt, also für Dach und Technik, ist im April 2018 geplant. Der zweite Bauabschnitt wird ein Jahr später, im April 2019, beginnen.“ Eine endgültige Fertigstellung ist zum Beginn der „Eiszeit“ im Herbst 2019 zu erwarten. Mit der ziemlich komplexen Technik befasst sich das Ingenieurbüro Möller Meyer aus Gotha, das sich auf Planungen und Umbau von Eis- und Sporthallen spezialisiert hat. Sebastian Spieß erklärte, dass die Kälte-, Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär- und Elektrotechnik erheblichen Sanierungsbedarf haben. Aber auch die Brandmeldeanlage muss erneuert werden, ebenso ist eine neue Zentralbatterie mit Sicherheitsbeleuchtung notwendig. Das von ihm vorgestellte Sanierungskonzept sei für eine Standardnutzung von maximal 1.000 Zuschauer im ETC ausgelegt. Auf Nachfragen antworte der Fachmann: „Der Auftrag war immer die Berechnung von 1.000 Personen für die technischen Anlagen, so auch für die Lüftungsanlage.“ Brandschutztechnisch seien aber 2.400 Besucher möglich, wie der Brandschutzsachverständiger Lothar Gerwing klarstellte. Die geforderten, notwendigen Brandschutzauflagen könnten schon in diesem Sommer getätigt werden, um die Spielzeit 2017/2018 nicht zu gefährden. Sebastian Spieß fasste das Ziel der Sanierung kurz zusammen: „Betriebskosten mit effizienter Technik reduzieren, Attraktivität erhöhen und Weiterbetrieb der Eis- und Tennishalle für die nächsten 20 bis 25 Jahre sicherstellen.“ Finanzexperte Rainer Dröse-Seidler stellte klar: „Mit Tilgung, Aufwendungen und laufenden Betriebskosten auf der einen und Einnahmen auf der anderen Seite wird der Haushalt des Kurbetriebs zukünftig mit schätzungsweise 500.000 Euro jährlich belastet. Die Abschreibung ist höher als die Tilgung.“ Auf die berechtigte Frage, ob sich die Gemeindevertreter vor einer Entscheidung drücken möchten und deshalb für einen Bürgerentscheid gestimmt haben, antwortete Bürgervorsteherin Anja Evers (CDU): „Wir scheuen uns nicht der Verantwortung und haben das Wagnis auf uns genommen, die Bürger über die Zukunft des ETC entscheiden zu lassen.“ Und Bürgermeisterin Hatice Kara ergänzt: „Drei Jahre, in denen wir uns mit dem ETC beschäftigen, ist eine lange Zeit, aber daran sieht man ja, dass es für unsere Kommunalpolitiker schwer war, eine Entscheidung zu treffen. Viele Möglichkeiten wie Sanierung im Bestand, Abriss und Neubau oder Neubau an anderer Stelle wurden diskutiert.“ Auf Nachfrage stellte Evers noch mal klar, dass es seitens der Politik nicht geplant ist, hier ein Hotel zu errichten, falls der Entscheid negativ ausfällt. „Dieser Standort wird dann zum Dorfentwicklungsplan hinzukommen und die Politik wird sich weiterhin damit beschäftigen,“ ergänzt Hatice Kara. „Für uns gibt es keinen Plan B,“ erklärt Dennis Sauerbrei, Vorsitzender des EHTC. „Die Betriebserlaubnis des ETC läuft aus und ohne das ETC müsste der Verein abgewickelt werden.“ Er hofft natürlich, dass der Entscheid positiv für den Eishockey und die Eissport-Fans ausfällt: „Die Möglichkeit, etwas für die Zukunft zu entscheiden, ist jetzt da und wir haben auch einen gewissen Mehrwert, wenn hier zusätzliche Veranstaltungen stattfinden.“ „Wir haben genauso Probleme wie der EHCT,“ erklärte Dietmar Baumschäfer von der Tennisabteilung des NTSV Strand 08. „Sieben Monate lang benötigen wir die Tennishalle. Das Ende des ETC wäre auch das Aus für unsere Tennisabteilung.“ Und Gemeindejugendpfleger Christian Grohmann erinnerte an die bereits stattgefundene Kinder- und Jugendbefragung: „Über 92 Prozent stimmten für den Erhalt. Die Kids haben großes Interesse. Und in der Sucht-Prävention ist eine solche Halle wichtig, um junge Menschen von digitalen Medien wie Tablets, PCs und Handys wegzuholen und um ihnen etwas zu bieten.“ Nach einem kritischen Wortbeitrag aus dem Publikum, dass Gemeinde und Politik nach dem letzten Bürgerentscheid für das ETC nichts für die Halle getan hat („Deshalb sind jetzt so hohe Kosten für eine Sanierung zustande gekommen“), appellierte SPD-Fraktionschef Jörn Eckert an alle Bürger, sich an der Abstimmung am kommenden Sonntag zu beteiligen. Das bekräftigte Bürgermeisterin Kara auch in ihrem Schlusswort: „Das ist die Chance in der Zeit der Politikverdrossenheit, eine bewusste Entscheidung zu treffen. Entscheiden Sie bitte mit!“ Für die Sanierung der Halle sind übrigens mindestens 1.526 Ja-Stimmen nötig.