Projekt „Steinerne Zeugen“: Neue Informationstafel am jüdischen Friedhof eingeweiht
Neustadt in Holstein. Der jüdische Friedhof am Grasweg wurde am vergangenen Donnerstag zum Ort der Erinnerung und Aufklärung. Zahlreiche Interessierte versammelten sich zur feierlichen Einweihung der neuen Informationstafel, die im Rahmen des landesweiten Projekts „Steinerne Zeugen“ an insgesamt 22 jüdischen Grabstätten in Schleswig-Holstein realisiert wurde. Die Tafel enthält weiterführende Informationen, historisches Hintergrundwissen und Hinweise für Friedhofsbesuchende. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit des Salomon Ludwig Steinheim-Instituts und Studierenden der Uni Kiel umgesetzt. Letztere hatten die auf den Tafeln abgebildeten Informationen recherchiert.
Bürgermeister Mirko Spieckermann bezeichnete den jüdischen Friedhof in seiner Begrüßung als einen Ort des besonderen Gedenkens und erinnerte an die unermesslichen Verbrechen, die jüdischen Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus widerfahren seien. Er bezeichnete das Projekt „Steinerne Zeugen“ als bedeutend, da es Wissenschaft mit Engagement und Bildung verbinde. Die aufgestellte Tafel informiere auch über die Geschichte von Neustadt und ihr dunkelstes Kapitel am 3. Mai 1945. „Nie darf dieses Leid in Vergessenheit geraten. Solche Orte, wie dieser Friedhof machen Geschichte greifbar, helfen uns zu erinnern und fordern uns auf, wachsam zu bleiben“, erklärte er.
Auch Pastorin Sarah Lotzkat von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde betonte, dass die Tafeln weit mehr als nur Informationen liefern. „Das Projekt ist ein Baustein, um Erinnerung lebendig zu halten und das Bewusstsein für Toleranz, Respekt und Menschlichkeit zu stärken.“ Sie erinnerte ebenfalls daran, dass es in unserer Geschichte dunkle Kapitel gibt und betonte, dass wir diese nicht wegschweigen können: „Unsere Aufgabe ist es, Erinnerungen wach zu halten und mit offenem Blick in die Vergangenheit zu schauen und so eine Perspektive für die Zukunft zu schaffen.“ Abschließend zitierte sie die in diesem Jahr verstorbene Holocaustüberlebende und engagierte Zeitzeugin Margot Friedländer, die sagte: „Es gibt kein christliches, muslimisches, jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. Seid Menschen!“ Lotzkat appellierte daran, diesen Satz weiterzutragen.
Dr. Gerhard Ulrich, Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus des Landes Schleswig-Holstein, hob hervor, dass der jüdische Friedhof ein Ort des Erinnerns aber nicht des Schweigens sei. „Jüdische Friedhöfe erzählen vom Leben, sie erzählen aber auch von der Vernichtung ganzer Gemeinden.“
Ziel des Projektes sei es deshalb, jüdische Friedhöfe in Schleswig-Holstein sichtbar zu machen und Hintergrundwissen zur jüdischen Begräbniskultur zu vermitteln, auch über digitale Zugänge wie QR-Codes, erklärte Dr. Helge-Fabien Hertz vom Salomon Ludwig Steinheim-Institut, der das Projekt „Steinerne Zeugen“ vorstellte. Wie dieses Wissen konkret umgesetzt werden kann, zeigte die Kieler Studentin Ela Kaya in ihrem Vortrag, in dem sie die Inhalte der neuen Infotafel erläuterte. Für sie sei die Frage, wie man das Leid darstellen kann, ohne es zu vereinfachen, die größte Herausforderung bei der Umsetzung gewesen.
Abschließend führte Regionalforscher Dietrich Mau die Teilnehmenden über das Gelände und ordnete die Geschichte des Friedhofs ein. (ko)