Wechsel der Rechtsform: Die Unternehmensumwandlung

Simon Krüger 2192

Deutschland ist ein Unternehmerland. Im aktuellsten Berichtsjahr 2019 gab es hierzulande nicht weniger als 3,288 Millionen steuerpflichtige Unternehmen sämtlicher Größenordnungen zwischen der kleinen Imbissbude und dem riesigen Industriekonzern. Auf Schleswig-Holstein entfielen davon gut 116.000 Firmen. Umgelegt auf Deutschlands Gesamtbevölkerung bedeutet das ein Unternehmen auf 25 Bundesbürger. Ein guter Wert. In den USA, als enorm gründerfreundliches Land, sind es auch nur 18 Einwohner pro Firma.
 
3,288 Millionen Unternehmen bedeuten zudem, dass jedes einzelne davon unter einer bestimmten Rechtsform firmiert. Das gilt selbst unter dem Eindruck, dass nicht für alle in dieser Liste von vornherein eine Eintragung ins Handelsregister nötig ist; diese Pflicht gilt nur für eingetragene Kaufleute, Kapitalgesellschaften sowie Personenhandelsgesellschaften - also e. K., AG, GmbH, UG sowie GmbH & Co. KG, KG und OHG.
 
Bloß ist es eine Tatsache, dass sich ein Unternehmen in einem ständigen Wandel befindet. Dieser kann es nicht nur nötig machen, sich räumlich und/oder personell zu verändern, sondern kann es mit der Zeit auch sinnvoll erscheinen lassen, über die bisherige Rechtsform nachzudenken und diese gegebenenfalls anzupassen. Über all dem muss jedoch ein stringentes und von sorgsamem Abwägen geprägtes Vorgehen stehen.
 
Was genau ist ein Formwechsel?
Was landläufig als Firma oder Unternehmen bezeichnet wird, ist im Amtsdeutschen ein Rechtsträger. Und es gibt mehrere Möglichkeiten, einen solchen Rechtsträger zu verändern. Konkret sind dies:

  • Formwechsel,
  • Spaltung und
  • Verschmelzung.

Der Formwechsel ist dabei die einzige Vorgehensweise, bei der ein bislang bestehendes Unternehmen in seinem internen Aufbau weitestgehend(!) unangetastet bleibt.

  • Bei einer Spaltung werden aus einer Firma mehrere getrennte, rechtlich vollkommen eigenständige Betriebe;
  • Bei einer Verschmelzung wird hingegen aus mehreren, zuvor rechtlich eigenständigen Firmen eine einzelne.

Das heißt, bei einem Formwechsel bleibt das grundsätzliche Unternehmen als Rechtsträger formal unangetastet. Das gilt selbst in dem Fall, dass eine in jüngerer Zeit recht interessant gewordene Wandlung wie die Gründung einer Holding dazu führt, dass aus einer Firma zwei verbundene Unternehmen werden - eine Holding und (mindestens) eine Tochtergesellschaft - durch die weitgehende Verbundenheit ist hierbei keine Spaltung gegeben.
 
Was früher beispielsweise die Bäckerei Schulz war, bleibt auch nach einer Umwandlung noch die Bäckerei Schulz; es wird keine konkurrierende Bäckerei geschluckt, es erfolgt auch keine Terminierung der alten Bäckerei, weil Herr Schulz sich zur Ruhe setzen möchte, seine Nachfolger aber getrennte Wege mit eigenen, unabhängigen Bäckereien gehen wollen. Die Marke bleibt gleich, die Ausrichtung auch, alle Änderungen, die sich ergeben, sind interner Natur.
 
Wann lohnt sich ein Wechsel der Rechtsform?
Grundsätzlich spricht in Deutschland kein rechtlicher Grund gegen einen Rechtsformwechsel. In Form des Umwandlungsgesetzes (UmwG) gibt es dafür auch in den Paragrafen 190 bis 304 die exakten Rahmenbedingungen, wobei es auch die Möglichkeit eines Rechtsformwechsels außerhalb des Umwandlungsgesetzes gibt. Die Gründe für einen Wechsel sind durchaus vielfältig:

  • Ein zuvor kleines Unternehmen ist in jüngster Zeit enorm erfolgreich geworden. Dieser Erfolg hat aber dafür gesorgt, dass durch die bisherige Rechtsform eine unbotmäßige Besteuerung erfolgt.
  • Es sollten neben der eigentlichen Marke neue Geschäftsfelder erschlossen werden. Die eben genannte Bäckerei Schulz möchte beispielsweise neben ihrem Verkaufsraum für Brot und Brötchen auch ein kleines Café und einen Zeitungskiosk eröffnen. In dem Fall kann es sein, dass die alte Rechtsform zu hohe Haftungsrisiken beinhaltet, weil Herr Schulz durch sie mit seinem Privatvermögen haftet.
  • Ein Unternehmen möchte sich ein anderes Image geben. In Deutschland (und vielen anderen Ländern) ist es eine Tatsache, dass verschiedene Rechtsformen unterschiedliche Außenwirkungen haben, also als wertiger, seriöser usw. oder das Gegenteil davon wahrgenommen werden.
  • Aus einer GbR, KG oder OHG, die zuvor von mehreren Personen geführt wurde, scheidet einer der Teilhaber aus. Vielleicht wurde die Bäckerei Schulze zuvor von Vater und Tochter gemeinschaftlich geführt, jetzt möchte er jedoch in Rente gehen, die Tochter bleibt als alleinige Führungsperson übrig.
  • Das Umgekehrte ist der Fall: Eine bislang unbeteiligte Person soll als Führungskraft, Gesellschafter oder Kapitalgeber an einem bestehenden Unternehmen beteiligt werden. Wenn dessen vorherige Rechtsform keine solche Aufnahme ermöglicht, ist ein Formwechsel vonnöten.

Last but not least ist eine Umwandlung auch dann erforderlich, wenn die bisherige Rechtsform schlicht eine gewünschte Weiterentwicklung des Unternehmens verunmöglicht. Unsere beispielhafte Bäckerei Schulz war zuvor eine GmbH, möchte aber nun zu einer nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft werden. In dem Fall wäre der Formwechsel von einer GmbH zu einer AG zwingend notwendig, um überhaupt Aktien ausgeben zu können.
 
Das bedeutet: Ein Wechsel der Rechtsform lohnt sich immer dann, wenn äußere oder innere Umstände dafür sorgen, dass sich eine Fortführung nach dem bisherigen Rezept nicht mehr rentiert oder wenn der geplante weitere Weg durch Beibehaltung der bisherigen Rechtsform erschwert oder sogar verunmöglicht wird.
 
Welche Vorteile bringt eine formwechselnde Umwandlung?
Wie noch genauer erläutert wird, ist der Wechsel der Rechtsform ein teilweise komplizierter Prozess. Er sollte also nur aus guten Gründen erfolgen. Immer sollten dazu nicht nur die generellen möglichen Vorteile in Betracht gezogen werden, sondern auch, in welchem Maß sie durch welche neue Rechtsform zum Tragen kämen.
 
Grundsätzliche mögliche Vorteile sind:

  • Das Unternehmen zahlt künftig weniger Steuern. Das hat nichts mit fadenscheinigen Steuervermeidungsstrategien zu tun, sondern ausschließlich damit, dass kein Unternehmer mehr an den Staat abführen muss, als es im Rahmen der Legalität unbedingt nötig ist.
  • Die Firma kann wachsen, kann sich neue Geschäftsfelder erschließen, ohne dass dieser, für sich schon riskante, Schritt das persönliche Risiko der Verantwortlichen unbotmäßig erhöht. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn ein Unternehmer bei der vorherigen Rechtsform mit seinem gesamten Privatvermögen einstehen müsste, die Haftung durch den Formwechsel jedoch nur noch auf das Firmenkapital beschränkt wäre.
  • Der Betrieb kann seinen Geschäften durch ein verbessertes Image mit größerem Erfolg nachgehen. Vielleicht kann er dadurch auch neue Geldgeber oder Kunden akquirieren oder auch mit einer Aufstockung der Führungsriege verbundene Wissensvermehrung betreiben.
  • Die Konzernleitung kann personell so angepasst werden, wie es für die Eigentümer am sinnvollsten erscheint.

Der letzte große Vorteil ist der, dass frisches Geld ins Unternehmen fließen kann, etwa durch die Einbeziehung von Gesellschaftern.
 
Wie läuft ein Rechtsformwechsel ab?
Es gibt allein in Deutschland knapp ein Dutzend unterschiedliche Rechtsformen. Das bedeutet im Klartext, dass die detaillierte Ausgestaltung der Umwandlung sich im Höchstmaß dadurch unterscheidet, welche Rechtsform ein Betrieb zuvor hatte und welche er danach angenommen haben soll.
 
Allerdings gibt es bei all diesen dramatischen Unterschieden auch einige Gemeinsamkeiten in der generellen Vorgehensweise, die sich grob in drei Schritte unterteilen lassen:

  1. Die Vorbereitungsphase. Diese bedeutet für das umzuwandelnde Unternehmen den größten Arbeitsaufwand. Zunächst wird geprüft, a) ob eine Umwandlung die gewünschten Vorteile liefern würde, b) ob der Formwechsel rechtlich grundsätzlich möglich ist und c) welche künftige Form infrage kommt. Der letzte Schritt ähnelt dabei grundlegend dem vor einer Gründung, auch wenn in diesem konkreten Fall bereits ein Rechtsträger besteht. Soll die Umwandlung innerhalb des Umwandlungsgesetzes erfolgen (was die typische Vorgehensweise ist), so muss ein sogenannter Umwandlungsbericht erstellt werden. Dabei handelt es sich um einen ausführlichen Katalog, der sowohl den Ist-Zustand eines Rechtsträgers wie die Auswirkungen des Formwechsels gründlich beleuchtet. Ferner muss der Bericht auch den Entwurf eines Umwandlungsbeschlusses beinhalten. Das wiederum ist eine Art notariell beglaubigte Absichtserklärung aller Anteilsinhaber eines Rechtsträgers, in der sie darlegen, dass sie mit der Umwandlung einverstanden sind.
  2. Die Beschlussphase. Sie kann je nach bisheriger Rechtsform eine Sache weniger Sekunden sein, sich aber ebenso auch lange hinziehen. Denn es ist notwendig, dass dabei alle Anteilsinhaber den offiziellen Beschluss zur formwechselnden Umwandlung fassen. Je nach Art der bisherigen Rechtsform sind dazu rechtlich bindende Mehrheitsverhältnisse vonnöten.
  3. Die Eintragungsphase. Sie ist der finale Schritt und beinhaltet letztlich nur, dass der Formwechsel zumindest beim zuständigen Registergericht angezeigt und veröffentlicht wird. Je nach neuer Rechtsform steht dann auch die offizielle Eintragung in das Handelsregister auf der Agenda.

In der Praxis sind zwar die Entscheider eines Unternehmens in allen Phasen die maßgeblichen Akteure, jedoch sollten immer Fachleute hinzugezogen werden; namentlich ein auf Umwandlungsrecht spezialisierter Anwalt sowie ein Steuerberater.
 
Sind all diese Schritte getan, ist die Umwandlung offiziell vollzogen. Das alte Unternehmen hat nun eine neue Rechtsform mit allen sich daraus ergebenden Möglichkeiten, Rechten und Pflichten.
 
Übrigens gibt es keine Limitierung, wie oft ein Unternehmen seine Rechtsform wechseln kann - zumindest nicht aus rechtlicher Sicht. Wie es die Außenwirkung beeinflusst, wenn ein Unternehmen gleich mehrfach in nur wenigen Jahren eine solche Umwandlung vollzieht, steht auf einem anderen Blatt.