„Alle zusammen gegen den Faschismus“ 3500 Menschen demonstrieren in Plön für Vielfalt und Demokratie

Reporter Eutin 506
Plön (vg). „Alle zusammen gegen den Faschismus, alle zusammen gegen den Rassismus“ hallte es am Sonntagnachmittag durch die Plöner Innenstadt. 3500 Menschen waren dem Aufruf eines Bündnisses aus 70 Parteien, Vereinen und gesellschaftlichen Organisationen zu einer kreisweiten Demonstration in der Kreisstadt gefolgt. Als Bühne diente den Rednern auf dem Marktplatz ein Treckeranhänger, der vom Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes, Jochen Flessner aus Dersau, zur Verfügung gestellt wurde. Anschließend führte ein Hunderte Meter langer Protestzug über die B 430 und B76 zurück auf den Markt. Die Botschaft war glasklar: Rechtsextremismus hat im Kreis Plön nichts zu suchen.
Auslöser des Protests war die Aufdeckung eines Treffens von Rechtsextremisten – darunter mehrere AfD-Politiker – in Potsdam, bei dem über die Deportation von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund und Andersdenkender fabuliert wurde. Seitdem gehen in Deutschland Zehntausende Bürger gegen die Demokratiefeinde auf die Straße. Auch in Plön waren selbst gestaltete Schilder und Transparente zu sehen, auf denen zu lesen war, was die Demonstranten von faschistischem Gedankengut halten – nichts: „Vielfalt statt Fremdenhass“, „Demokratie leben und bewahren“, „Ich mag alle Farben außer Braun“ oder „In unseren Geschichtsbüchern ist kein Platz für Wiederholung“.
Anja Eßmann aus Preetz hatte den Spruch „Es ist 5 vor 33“ auf ein Pappschild gemalt. „Jetzt ist es an der Zeit, Gesicht zu zeigen. Mit der NSDAP fing es auch einmal klein an. Wir sollten nicht bis zur letzten Minute warten, uns zu Wort zu melden“, meinte sie. Und Ulrich Karp aus Ascheberg hatte auf sein Protestschild bunte Ringelsocken geklebt. „Für ein buntes Deutschland – Nazis raus“ stand daneben. „Ich habe eine Abneigung gegen jede Form von Antidemokraten. Ich möchte, dass Deutschland seine Vielfalt und Demokratie behält und die AfD aus dem Bundestag und allen anderen Parlamenten gewählt wird“, erläutert der Vertreter des Sozialverbandes Deutschland (SoVD). Von den „Omas gegen rechts“ waren Stefanie Adam aus Nortorf und Ursula Schele aus Molfsee nach Plön gekommen. „Gerade in kleinen Städten ist es wichtig, dass sich Menschen für eine bunte Gesellschaft solidarisieren. Das ist auch eine Botschaft an die CDU: Geht nicht mit den Ultrarechten, knickt nicht ein.“
Auch der Preetzer Bürgermeister Tim Brockmann war vor Ort, „um ein Zeichen für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu setzen“. Er betonte: „Wir dürfen nicht schlafwandlerisch dabei zusehen, wie Mehrheiten entstehen, die das System abschaffen wollen. Diese Demonstration ist ein wichtiger Anfang.“ Und Landrat Björn Demmin unterstrich: „Ich bin einerseits als Ordnungsbehörde hier und anderseits als Demokrat, um Gesicht zu zeigen. Aber wir müssen dranbleiben und am besten vor jeder anstehenden Landtagswahl protestieren.“
Der Kalübber Bürgermeister Björn Rüter, Initiator der Demo, fand eindringliche Worte in seiner Eröffnungansprache. Für ein Jubiläum habe er historische Daten nachgeschlagen und sei dabei auf das am 1. Januar 1934 in Kraft getretene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ der Nazis gestoßen. „Das hat mir wieder vor Augen geführt, wie grausam und gruselig die 30er- und 40er-Jahre waren. Die Zeit darf sich nicht wiederholen. Wir setzen heute Zeichen, dass dieses Kapitel für immer und ewig geschlossen bleiben soll!“
Kreispräsidentin Hildegard Mersmann war sichtlich beeindruckt von der Resonanz: „Wir haben mit 1000 Teilnehmern gerechnet, es sind Tausende geworden, die ein Zeichen setzen für Demokratie, Vielfalt, Toleranz und Freiheit – gegen Rechtsextremismus und Gewalt.“ Mersmann zitierte Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. „Dieser Satz ist die Lehre aus Nazidiktatur und Holocaust. Dieser Satz ist das Fundament, auf dem unser Deutschland steht. Wir müssen es jeden Tag verteidigen und von Neuem mit Leben füllen. Nie wieder dürfen wir zurück in den braunen Sumpf. Wir alle tragen Verantwortung, was in Zukunft passiert. Toleranz und Weltoffenheit sind Markenzeichen unserer Gesellschaft“, so die Kreispräsidentin. „Diese Aktion darf ein Strohfeuer sein, lasst uns diese Solidarität gegen Rechtsextremismus wie ein Leuchtfeuer weitertragen. Der Kreis Plön ist bunt, Vielfalt macht uns stark“, appellierte sie an die Bürger.
Auch Propst Erich Faehling warnte: „Es gibt Menschen und politische Kräfte in unserem Land, die die unantastbare Würde des Menschen antasten wollen. Die rassistisch, antisemitisch und menschenverachtend argumentieren und handeln. Würden wir ihrem begrenzten Denken folgen, würde das unser Land und unsere Gesellschaft arm und kalt machen.“ Und die Kreisschülervertreter Bo Bauer und Sina Rathje betonten: „In einem sicheren Land und Rechtsstaat zu leben, ist ein hohes Gut. Wir stehen in der Verantwortung, dass unsere Kinder und Enkel ohne Hass und Hetze aufwachsen können.“ Die politischen Jugendorganisationen hatten es auf einem Banner, das sie beim Demonstrationszug vorweg trugen, so formuliert: „Der Kreis Plön steht gegen Rechtsextremismus – Herz statt Hetze“.