Archäologen entdecken uralte Siedlungsreste

Reporter Eutin 94

Preertz (vg/t). Bevor ein Baugrundstück, das in der Nähe von bekannten archäologischen Fundstellen liegt, erschlossen wird, schaut das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) noch einmal ganz genau hin. Das ist jetzt auch im Preetzer Nordosten geschehen: Auf einer bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche an der Wakendorfer Straße neben der Fußsteigkoppel soll ein Penny-Markt entstehen. Gegraben haben dort in den vergangenen Monaten aber nur die Archäologen – und sie sind fündig geworden. Bei der archäologischen Untersuchung wurden Siedlungsreste aus der Völkerwanderungszeit entdeckt.

Diese Epoche datiert etwa vom 4. bis ins 6. Jahrhundert nach Christus. Im Zuge der Ausgrabung konnten vier sogenannte Grubenhäuser freigelegt und dokumentiert werden. Unter den Funden befinden sich einige Keramikscherben sowie mehrere Spinnwirtel. Letztere sind typische Funde aus Grubenhäusern, da dort oft textile Handwerksarbeiten wie das Spinnen stattfanden. Zudem lassen sich Spinnwirtel gut datieren – in diesem Fall ins 5. Jahrhundert. Darüber hinaus wurden verschiedene Öfen, Kochsteingruben und Darren freigelegt und dokumentiert. Es handelt sich vermutlich um einen Randbereich einer Siedlung. Die größeren Wohnstallhäuser – also das eigentliche Zentrum – sind wohl eher auf der nahegelegenen Kuppe zu vermuten.

In den Randzonen solcher Siedlungen lagen häufig die Handwerksbereiche, zu denen Grubenhäuser typischerweise zählten. In unmittelbarer Nähe dieser Fundstelle wurde ein Urnengräberfeld mit mehreren Hundert Bestattungen ausgegraben und in den 1960er-Jahren von der Preetzer Archäologin Dr. Johanna Brandt publiziert. Einige dieser Gräber datieren ebenfalls in die beginnende Völkerwanderungszeit. „Es ist daher möglich, dass die Bewohner der Siedlung an der Wakendorfer Straße ihre Angehörigen dort bestatteten. Für uns hat dieser Fund eine große Bedeutung“, teilt Pressesprecherin Birte Anspach mit.

Denn solche Untersuchungen lieferten nicht nur wichtige Informationen zur Geschichte des konkreten Ortes, sondern würden auch wesentlich zum besseren Verständnis der gesamten Siedlungs- und Landschaftsentwicklung in Schleswig-Holstein beitragen. „Jede dieser Maßnahmen schließt eine weitere Lücke im großen Puzzle unserer Vergangenheit“, betont Birte Anspach. Die Untersuchungen auf dem Gelände, auf dem der neue Penny-Markt entstehen soll, waren nach drei Wochen abgeschlossen. „Nun arbeiten meine Kolleginnen und Kollegen an der Auswertung der Funde und der Erstellung des Grabungsberichts.“

Grundsätzlich sei es aus Sicht der archäologischen Denkmalpflege wünschenswert, Eingriffe in archäologische Denkmale zu vermeiden. Wirtschaftliche und bauliche Notwendigkeiten machen dies jedoch nicht immer möglich. „Die Ausgrabungen des Archäologischen Landesamts fallen heute fast ausschließlich in den Bereich sogenannter ,Verursachergrabungen’. Dabei handelt es sich um Untersuchungen, die im Vorfeld geplanter Baumaßnahmen notwendig werden, um dem gesetzlich verankerten Auftrag zur Erhaltung und Dokumentation unseres kulturellen Erbes nachzukommen – wie in diesem Fall in Preetz“, so Birte Anspach. Im Herbst 2024 gab es eine sogenannte Voruntersuchung. Dabei wurde festgestellt, dass eine weitergehende Ausgrabung erforderlich ist, die im Mai erfolgte.

Die Fundstücke gehen nach der Dokumentation in das Eigentum des Landes Schleswig-Holstein über und werden dem Museum für Archäologie auf Schloss Gottorf übergeben. Dort werden sie im Magazin eingelagert. Über eine mögliche Präsentation oder Ausstellung der Funde entscheidet das Museum.

Für den Penny-Markt besteht Baurecht. Wenn die Baugenehmigung vorliegt, gibt es keine Hindernisse mehr, um mit den Arbeiten zu beginnen.