Ein Motor für den Naturschutz
Schellhorn (vg). Große Ehre für Dr. Walter Hemmerling aus Schellhorn: Der ehemalige Geschäftsführer der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein wurde am 14. Oktober mit der höchsten Auszeichnung des Landes bedacht. Umweltminister Tobias Goldschmidt verlieh ihm in Vertretung für Ministerpräsident Daniel Günther den Verdienstorden des Landes Schleswig-Holstein. Hemmerling hatte 1997 die Neuorganisation der Stiftung übernommen und in den folgenden 27 Jahren insbesondere deren finanzielle Unabhängigkeit sichergestellt. „Diese Stelle war ein Traumjob, weil er die Möglichkeit bot, wirklich etwas für den Naturschutz zu bewegen“, erläutert der 68-Jährige im Gespräch mit dem Reporter.
„Sie haben mit Willenskraft, einer Prise Pioniergeist und Beharrlichkeit enorm viel bewegt“, stellte Minister Goldschmidt fest. Dabei hätte die Karriere von Walter Hemmerling auch ganz anders aussehen können: Der gebürtige Hamburger galt damals als großes Fußballtalent mit Ambitionen auf eine Profilaufbahn. „Aber schon mit 16 hatte ich keine Lust mehr auf Fußball. Als Kind der 70er-Jahre habe ich mich immer stärker für Politik interessiert. Und weil absehbar war, dass die Ökologie ein Schwerpunktthema der Zukunft werden wird, habe ich ab 1978 zunächst Politik und Biologie auf höheres Lehramt, dann aber Biologie auf Diplom studiert“, erinnert sich Hemmerling. Im Anschluss hat er für das damaligen Landesamt für Naturschutz und Landschaftspflege in Schleswig-Holstein gearbeitet. Dort hat er unter anderem das Eider-Treene-Sorge-Projekt geleitet. In der größten Moorregion des Landes geht es darum, etwas weniger Landwirtschaft und mehr Natur als Mittel zum Zweck für den sanften Tourismus zu wagen. „Heute wissen wir, dass Moore im biologischen Klimaschutz eine große Rolle spielen. Daher ist es wichtig, Moore zu renaturieren und mit Artenschutz zu verbinden“, betont Hemmerling.
Mit dieser Expertise war der Biologe offenbar der Richtige für den neuen Job an der Spitze der Stiftung Naturschutz. „Die Stiftung wurde lange Zeit vom Ministerium mitverwaltet, bis der Landesrechnungshof auf die Unabhängigkeit gepocht hat. Sie wurde 1978 unter Landwirtschaftsminister Günter Flessner gegründet. Unter Umweltminister Berndt Heydemann wurden viele Flächen hinzugekauft. Bis 1997 umfasste das Stiftungsland 10.000 Hektar“, erzählt Hemmerling. Mit einer Kollegin begann der neue Geschäftsführer, die Stiftung neu zu organisieren. Unter seiner Leitung wuchs das Personal auf 120 Mitarbeiter und der Bestand an geschützten Naturschutzflächen auf fast 39.000 Hektar. Das Stiftungsland – die Wiesen und Weiden, Moore, Wälder und Küsten der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein – umfasst zwei Prozent der Landesfläche. Hemmerling setzte auf den Ankauf von Flächen und deren Renaturierung, wodurch wertvolle Ökosysteme wiederhergestellt und ein großes Netz ökologisch wertvoller Lebensräume geschaffen wurde. Dabei reicht die Stiftung der Landwirtschaft die Hand. „1.300 Landwirte sind unsere Partner und pflegen die Stiftungsflächen mit uns“, unterstreicht Hemmerling. Er gab auch immer wieder neue Impulse und initiierte 1999 die erste große halboffene Weidelandschaft Schleswig-Holsteins. Mit der Postseefeldmark und den Kührener Teichen gibt es solche „Wilde Weiden“ auch rund um Preetz. Und auch das Naturerlebnis – vom Froschkonzert bis zum Genussfestival – war Hemmerling wichtig.
Geradezu innovativ war sein Ansatz, marktwirtschaftliche Aspekte in die Naturschutzarbeit einfließen zu lassen. „Naturschutz war eigentlich immer eine Angelegenheit, die Geld gekostet hat. Wir haben es geschafft, über die ganze Zeit von 1997 bis 2024 eine positive Rendite zu erwirtschaften und schwarze Zahlen zu schreiben“, so Hemmerling. So gibt es zum Beispiel Ökokonten, mit deren Hilfe Bauvorhabenträger Ausgleichsflächen als Dienstleistung bei der Stiftung einkaufen können.
Ein anderes Beispiel ist das Projekt „Klimafarm“, wo mutig und innovativ versucht wird, die Wiedervernässung von Mooren mit einer Bewirtschaftung zu verbinden. „Auf der ,Klimafarm’ wird an Produkten getüftelt, die man aus Ernten in vernässten Mooren entwickeln kann – das sind Lösungen für die Zukunft. Auf dem Heavy-Metal-Festival in Wacken wurden in diesem Jahr beispielsweise Bodenschutz-Matten getestet, die aus Moorpflanzen gewonnen werden. Statt Kunststoff- oder Kokosmatten kann jetzt ein nachhaltiges Regionalprodukt eingesetzt werden“, erklärt Hemmerling. Man merkt: Auch anderthalb Jahre nach dem Ruhestand lässt ihn das Thema Naturschutz nicht los. „Es ist ein Lebensprojekt“, sagt Hemmerling und ergänzt: „Es ist nicht mein Ding, die Rente auf Kreuzfahrten zu verbringen. Ich möchte weiter gestalten.“ Deshalb will der Schellhorner, der als Motor auch die Bürgerstiftung „Natur im Norden“ mitgegründet und die Archegärtnerei Eggebek mitinitiiert hat, auch weiter in ehrenamtlicher Funktion im Natur- und Umweltschutz mitmischen.