Auf zum Mut-Lauf – denn Mut tut gut

Reporter Eutin 82

Kiel (los). Es geht rund auf der Kieler Moorteichwiese: Am Sonnabend, 14. Juni, dürfen sich alle zum Mut-Lauf eingeladen fühlen. Mitmachen kann jeder, Kieler oder Kreis-Plöner, Groß und Klein, gesund oder nicht, sportlich oder unsportlich, allein oder mit Begleitung, mit Kind und mit Hund. Denn hier sollen Zeichen gesetzt werden, auch durch die Zuschauer. Und es gibt viele Infos.

Die Anmeldung erfolgt im Kieler Fenster, Ambulantes Zentrum, Alte Lübecker Chaussee 1, 24114 Kiel, Telefon 0431-649 80-50, dem Davengo Portal oder online unter https://www.mut-lauf.de/anmeldung-kiel/. Sie ist wegen begrenzter Platzzahl und aus Sicherheitsgründen erforderlich, auch beim Bambinilauf. Anmeldeschluss ist am 8. Juni; alle Startgelder fließen in die Tombola.

Ziel der Laufveranstaltung von 13.30 bis 19 Uhr ist weniger der Ziellauf selbst, als vielmehr gemeinsam für mehr Offenheit und Mut im Umgang mit psychischen Erkrankungen Flagge zu zeigen. Ergänzend werden viele Beratungs- und Hilfsangebote vorgestellt.

Tipp für ÖPNV-Nutzer: Die Moorteichwiese befindet sich in Bahnhofsnähe und liegt westlich der Straßenkreuzung Sophienblatt, Lübecker Chaussee, Hamburger Chaussee und Königsweg (Bushaltestelle Rondeel).

Die Vertreter der Mut-Lauf Organisation haben für die Probsteer- und der reporter-Leser ihre Beweggründe und ihr Programm vorgestellt. Und so werben Birte Meyer von der Selbsthilfe Kontaktstelle Kiel, Jörg Adler vom Vorstand Kieler Fenster, Oliver Wessel, Peer-Beratung Kieler Fenster, Jens Meyer, Vorsitzender des Lauftreffvereins Kiel-Ost, Claudia Krüger, Aok Nord-West, Spezialistin für Selbsthilfeförderung, sowie Florian Hebbel, niedergelassener psychologischer Psychotherapeut in Altenholz und ehemaliger Kieler Fenster Mitarbeiter, um Teilnehmer auch aus dem Kreis Plön.

Der Mut-Lauf weist auf eine verstörende Schieflage hin: Es fehlt an der Anerkennung der Gleichrangigkeit gegenüber äußerlich sichtbaren Verletzungen und Erkrankungen. Und auch Diskriminierungen seien mit Hilfe der niederschwelligen Möglichkeiten des Internets wieder auf dem Vormarsch, berichten die Organisatoren von einer spürbar rückläufigen Entwicklung.

Am 14. Juni geht’s auch um solidarisches Auftreten für eine Gruppe, die dringend eines kräftigen Rückenwinds durch die Gesellschaft bedarf. Mancher sei darunter, erklärt Oliver Wessel, der verbuche sein persönliches Erfolgserlebnis bereits, wenn es ihm nur gelungen sei, sich morgens die Schuhe zuzubinden, so schlecht geht es den unter Depressionen Leidenden. Für „Normale“ (oder wer sich dafür hält) mag das kaum nachvollziehbar sein.

Umso wichtiger ist es, sich den Menschen gegenüber menschlich zu verhalten und sich dem Thema zu öffnen. Das geht beim Mut-Lauf besonders gut: Jeder ist willkommen, sich beim Mut-Lauf einzuklinken oder auch nur dabei zu sein. Das umso mehr, als es auch Jeden in seinem Leben treffen kann: Folgen von Unfällen oder Krebs, der zweithäufigsten Todesursache, können Depressionen sein und psychische Erkrankungen treten in großer Bandbreite auf, ob bei Kindern oder erst bei Erwachsenen.

Allein der Entschluss zur Teilnahme kann eine Hürde sein, weiß Florian Hebbel. Seit einem Badeunfall mit 16 Jahren ist er auf den Rollstuhl angewiesen, berichtet er. Beim Mut-Lauf vor neun Jahren habe er noch nicht die Kraft für eine Teilnahme gefunden. Der Gedanke, es nicht zu schaffen, überwog. Auch kennt er die sozialen Ängste: Was würde geschehen, „wenn ich da mit dem Rollstuhl komme?“, fragte er sich damals. Aber ebenso natürlich wirbt er für den positiven Effekt der Bewegung an der frischen Luft, des Miteinanders mit Gleichgesinnten und der Wirksamkeit der Erfahrung, sich durchgerungen und es geschafft zu haben. „Es ist ein tolles Gefühl“, sagt er. Das macht deutlich: Das fröhlich-bewegte Ereignis will Bewegendes in den Blick der allgemeinen Aufmerksamkeit rücken: Das Leben mit psychischen Erkrankungen, mit Depressionen im Besonderen und Behinderungen im Allgemeinen.

Frei nach dem Motto „Mut tut gut“ bedeutet die Lauf-Aktion unter Gleichgesinnten auch einen sichtbaren Schulterschluss und Rückenwind für die Patienten. Im Übrigen kann die Strecke auch gehend sowie gegebenenfalls im Rollstuhl zurückgelegt werden, niemand soll sich ausgeschlossen fühlen. Etliche Marathonis vom LTV Kiel-Ost werden ebenfalls dabei sein und laufend ein Zeichen setzen, kündigt Jens Meier an. Sportprofis oder durch Behinderung beeinträchtigte Menschen: Den Reiz des Laufs macht gerade diese bunte Mischung aus, geht es doch darum, sich in seiner Aufgeschlossenheit anderen gegenüber zu erproben oder zumindest dafür Flagge zu zeigen.

Eine ganze Runde oder mehrere: Es ist jedem Teilnehmer selbst überlassen, was er sich zutraut. Manchen überwältige diese Erfahrung, erzählt Oliver Wessel, so auch einen Teilnehmer im vergangenen Jahr, dem direkt danach die Tränen kamen. Er habe gar nicht mehr gewusst, so etwas leisten zu können, habe dieser damals seine Emotionen beschrieben.

Der Markt der Möglichkeiten (ab 13.30 Uhr) bietet zudem ein breites Informationsangebot und hilft, unkompliziert wichtige Kontakte zu knüpfen. Parallel gibt es ebenfalls bis 19 Uhr ein Kinder- und Kulturprogramm. „Es geht eben auch darum, miteinander eine gute Zeit zu haben“, sagt Florian Hebbel, und meint damit beides, den Lauf und das Rahmenprogramm. Auf der Bühne ist unter anderem die fröhliche Samba-Truppe Novos Carminhos in Aktion.

Beim Bambinilauf starten Kinder bis sieben Jahre: Sie laufen eine einzelne Runde um die Moorteichwiese und dürfen sich auf eine Medaille freuen. Der Kids Mut-Lauf startet um 15 Uhr, danach geht es für sie zur Preisverleihung vor die Bühne. Um 16 Uhr starten die älteren Teilnehmer zum Mut-Lauf. Sie haben zwei Stunden Zeit, in ihrem Tempo ihre Runden zu drehen. Eine Zeitmessung gibt es nicht, aber die Chance für einen Gewinn bei der Tombola um 18.30 Uhr. „Jede Startnummer der Erwachsenen ist zugleich eine Losnummer“, hebt Oliver Wessel hervor.