Lebendige Tradition: 160 Jahre Totengilde Stakendorf

Reporter Eutin 456
Stakendorf (mm). Die Aufgabe ist ernst. Dennoch wird viel gelacht bei der Totengilde in Stakendorf. Das wurde während der Vorbereitungen für die nächste Hauptversammlung deutlich, die unter einem besonderen Vorzeichen steht: Die Gilde wird 160 Jahre alt. Ihre Tradition wirkt lebendig.
Ein Ortsbesuch, Treffpunkt Alte Schule. Der gesamte Gildevorstand ist da. Michael Paustian, Claudia Rabe und Julia Sturm sitzen an einem schlichten Tisch. Darauf liegen ein etwas angegilbtes Einschreibbuch, kaum größer als ein Schulheft; und eine silberne Kette mit einigen Anhängern. Auf denen sind die Namen von früheren Vorsitzenden eingraviert. „Mehr ist nicht“, erzählt Claudia Rabe mit entwaffnendem Lächeln. „Das ist alles, was die Totengilde an Ausstattung besitzt“. Rabe ist „Bescheidsagerin“ der Gilde. Will heißen: Wenn jemand in Stakendorf beerdigt werden soll, dann muss sie sechs „aktive Träger“ finden, die den Sarg von der Kapelle bis zum Grab tragen. „Es kommt zwar immer seltener vor“, sagt sie, „doch die Aufgabe als Bescheidsager sei stets eine spannende Sache“.

Obwohl die Gilde zurzeit über 33 „Aktive“ verfügt, müsse sie „viel rumtelefonieren“. Einmal habe sie fast drei Tage gebraucht, bis sie die erforderliche Anzahl zusammen hatte. Denn „aktive Träger“ dürfen höchstens 65 Jahre alt sein.
„Gut, dass inzwischen auch Frauen mittragen dürfen“, meint sie. Das sei eine der wenigen Veränderungen in der 160-jährigen Tradition. Die Aufgabe als „Bescheidsagerin“ habe sie gerne übernommen. Auch wenn der Dienst der Gilde immer seltener gefragt würde, „nach zehn Jahren soll mal jemand anders ran“, sagt sie. Wer in ihre Fußstapfen treten könnte, das mag sie noch nicht verraten. „Der Posten wird ja erst bei der nächsten Hauptversammlung offiziell neu gewählt“. Das hat Tradition. Und Ordnung muss sein. Sie wird eingehalten. Davon zeugen penible Aufzeichnungen im Gildebuch. Die erste stammt vom 27. Januar 1864. Das war der Gründungstag, ein Mittwoch. Haarklein im Gildebuch aufgeschrieben ist, wer, wann und wie „getragen“ hat. Daneben finden sich Notizen zu spärlichen Ein- und Ausgaben. Kein Wunder, denn die Mitgliedschaft ist von jeher kostenlos.

Genau Protokoll geführt werden muss damals wie heute. Zurzeit ist das die Aufgabe von Julia Sturm. Am 25. Februar muss sie wieder ran. Dann findet die nächste Hauptversammlung statt (25. Februar, 15 Uhr in der Alten Schule, Dorfstraße 30). „Deine schönste Schrift ist wieder gefragt“, scherzt Paustian. Traditionell werden zu diesem Anlass Tische mit Pflanzen dekoriert, und es gibt heiße Wecken, Schwarzbrot und Käse. Für die Gilde zum Nulltarif. Dank Spenden der ortsansässigen Gärtnerei Kistenmacher und Bäckerei Glüsing, erzählt der Gildevorsitzende. „Doch zum 160ten gibt es etwas Besonderes“, verrät er: „eine große Torte, und, ausnahmsweise, ein Glas Sekt“. Ansonsten sei während der Jahresversammlungen Alkohol tabu. Dass es bei der Stakendorfer Totengilde auch ohne Promille fröhlich zugeht, wird erneut beim trockenen Humor von Protokollantin Sturm klar. „Sogar Vegetarier würden bei uns glücklich“, wirft sie schmunzelnd ein. Zugegeben, ein wenig Eigenwerbung mochte dabei gewesen sein. Denn mit 132 Mitgliedern sei man laut Paustian zwar die größte Gilde am Ort, doch Zuwachs willkommen: „Vor allem noch mehr aktive Träger könnten wir gut gebrauchen“, sagt er. Kontaktinformationen sind zu finden im Internet unter www.stakendorf.de/organisationen/totengilde-stakendorf-von-1864