Kita in Coronazeiten: „Es ist eine große Belastungsprobe“

Reporter Eutin 825
Bei einem ersten Gespräch im Dezember entstand dieses Foto, seitdem hat sich für Daniela Bock und ihre Mitarbeiterinnen im „Spatzennest“ Vieles verändert.

Bei einem ersten Gespräch im Dezember entstand dieses Foto, seitdem hat sich für Daniela Bock und ihre Mitarbeiterinnen im „Spatzennest“ Vieles verändert.

Eutin (aj). „Die Kindergärten sind geschlossen“, dieser Satz scheint dieser Tage allgegenwärtig. Eine zutreffende Beschreibung für den Kita-Alltag im harten Lockdown liefert die Aussage indes nicht: „Geschlossen könnte man gleichsetzen mit Nichtstun. Diesbezüglich müssen wir uns in der Öffentlichkeit ständig rechtfertigen“, sagt Daniela Bock. Dabei sind die Leiterin des Katholischen Kindergartens „Spatzennest“ und ihre Kolleg*innen derzeit besonders hohen Belastungen ausgesetzt: „Eigentlich müsste ich mich um die Umsetzung des neuen Kita-Gesetzes oder die Anmeldungen, die ja bei uns in Eutin bis Ende Januar entschieden werden müssen, kümmern“, erläutert die Pädagogin. Das digitale KitaPortal nutzen, die Kita pädagogisch nach vorn bringen - im Moment ist das schwierig: „Der Arbeitstag besteht hauptsächlich aus Coronaorganisation“, so Bock, die betont, nur für ihre Einrichtung sprechen zu können. In der Notbetreuung des „Spatzennestes“ sind aktuell knapp 50 Prozent der Kinder: „Einige sind angemeldet und kommen nicht, andere ändern spontan ihre Meinung. Wieder andere erreichen wir gar nicht, trotz unserer Anrufe“, berichtet die Leiterin. Gründe hierfür seien unter anderem mangelnde Deutschkenntnisse oder die fehlende Ausstattung mit entsprechenden Medien. Nicht nur deshalb werde die Beziehung zwischen Kita-Mitarbeiter*innen inklusive Leitung und Eltern, die auf einer so wichtigen Vertrauensbasis steht, in diesen Zeiten zum Teil auf eine große Belastungsprobe gestellt, führt Daniela Bock aus. Ständig gebe es Diskussionen über Arbeitgeberbescheinigungen, Systemrelevanz oder auch die Definierung von Notbetreuung: „All diese Dinge sind aus meiner Sicht nicht wirklich klar definiert und das birgt aus Erfahrung Stoff für so manchen Konflikt“, sagt sie. „Ich würde mir eine einheitliche Stelle wünschen, die über die Notbetreuung entscheidet, die ganz genau die Systemrelevanz clustert, zum Beispiel die Stadt oder den Kreis Ostholstein“, meint sie und ergänzt: „Erst wenn eine Genehmigung vorliegt, dürfte es dann einen Zugang in die jeweilige Kita geben.“ Gut laufe die Weitergabe der Informationen: „Natürlich erfahre ich auch vieles aus den Medien, aber aus Erfahrungen wissen wir, wie die Reihenfolge der Informationsweitergabe ist, Bund-Land-Kreis/Stadt-Fachberatung/Träger-Kita - das funktioniert wirklich sehr gut.“ Zwar gebe es auch Informationen am Wochenende: „Unser Trägervertretung in Hamburg und auch unsere Fachberatung sind da sehr zügig, was die Informationsweitergabe anbelangt, dafür bin ich sehr dankbar“, unterstreicht Daniela Bock. Ihre Mitarbeiter*innen sind eigentlich alle vor Ort. Einige wenige können aufgrund der Coronasituation nicht zur Arbeit kommen. Alles laufe weitgehend normal, wobei damit ausdrücklich das neue „Normal“ unter Coronaregelungen gemeint ist. Dazu gehört auch das Tragen der Nase-Mund-Bedeckung, denn die Mitarbeiter*innen sind dem Risiko der Ansteckung täglich ausgesetzt: „Was uns fehlt, sind die großen Dienstbesprechungen und gruppenübergreifende Angebote im gesamten Haus. Das Zusammenkommen, das gemeinsame Tun sind so wichtige Bausteine in unserer Einrichtung“, beschreibt Daniela Bock den aktuellen Mangel und damit stellt sich direkt die wichtigste Frage: Was bedeutet es aus pädagogischer Sicht für die Kinder, wenn sie nicht in die Kita kommen dürfen? Daniela Bocks Antwort gibt einen Eindruck von der Lücke, die sich auftut: „Es fehlt ein Blumenstrauß von Lernerfahrungen, die es in einer Betreuungseinrichtung machen kann, natürlich auch zu Hause, trotzdem anders. Gemeinsam etwas zu tun, in einer Gruppe seinen Platz zu haben, sich ausprobieren, in Kommunikation zu gehen, mit Erfolg und Niederlagen umzugehen, selbständig zu werden, sich abzulösen und eigene Wege zu gehen.“ Der Erzieherin fallen dazu alle Kinderrechte ein: „Ein Kind hat ein Recht auf all diese Erfahrungen. Wenn es die Einrichtungen nicht besucht, dann muss es das zu Hause erfahren dürfen und auch können. Und kann es das?“ Eine Frage, in der sich das Dilemma der Pandemie konzentriert.