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Ahrensböker Kindergarten-Eltern hadern mit dem Kita-Gesetz des Landes

Franziska Görtz und Jan Kohzer gehören zu den Eltern, die den offenen Brief zur Kita-Situation verfasst und am heutigen Mittwoch an Verantwortungsträger aus Land, Kreis und Kommune verschickt haben.

Franziska Görtz und Jan Kohzer gehören zu den Eltern, die den offenen Brief zur Kita-Situation verfasst und am heutigen Mittwoch an Verantwortungsträger aus Land, Kreis und Kommune verschickt haben.

Bild: V. Graap

Ahrensbök (vg). Eigentlich sollte das neue Kita-Gesetz in Schleswig-Holstein die Qualität der Kinderbetreuung verbessern. In der Praxis erweisen sich die Vorschriften aber offenbar oft als Hemmschuh, die den Job für Betreuer und Eltern schwieriger machen. Eine Arbeitsgruppe von Eltern aus der Kindertagesstätte Brummkreisel in Ahrensbök hat sich monatelang mit der Problematik beschäftigt, mit Experten gesprochen und aufgelistet, wo es hakt. In einem offenen Brief wenden sich die Eltern nun an Verantwortungsträger und formulieren Forderungen an die Landespolitik und die entsprechenden Fachdienste des Kreises Ostholstein. Und das schreiben sie:

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir sind Eltern von Kindern aus der Kindertagesstätte Brummkreisel in der Gemeinde Ahrensbök. Heute wenden wir uns an Sie, um auf die alltäglichen Probleme in Verbindung mit dem neuen Kita-Gesetz in Schleswig-Holstein hinzuweisen. Mit der Einführung des Gesetzes am 1. August 2020 bzw. vollumfänglich am 1. Januar 2021 haben wir die Auswirkungen wie folgt zu spüren bekommen:
– Betreuungsgruppen werden teilweise früher geschlossen oder gar nicht erst geöffnet, weil es an Betreuungspersonal fehlt. Dies liegt jedoch nicht nur an fehlenden Bewerbungen, sondern viel mehr am derzeit geltenden Personalschlüssel. Die Einstellung von zusätzlichem Betreuungspersonal wird dadurch verhindert und eine angemessene Betreuung unserer Kinder ist nicht zu gewährleisten. Das führt dazu, dass wir Eltern mangels Kinderbetreuung nicht für Arbeitsverpflichtungen zur Verfügung stehen.
– Aktuell sind 15 Krankheitstage im Jahr pro Betreuungskraft vorgesehen. Nicht erst seit der Corona-Pandemie wissen wir, das ist zu wenig! Im Krankheitsfall von Kindern der Betreuerinnen sind entsprechende zusätzliche Abwesenheitszeiten nicht in der gültigen Kalkulation berücksichtigt. Zudem müssen die Betreuungskräfte deutlich mehr darauf achten, dass sie im Falle einer Erkrankung niemanden anstecken und aus diesem Grund auch eher zu Hause bleiben, als zum Beispiel eine Bürokraft, die im Homeoffice niemanden gefährdet.
– Wegen drei Quadratmeter im Bestand vermeintlich fehlender Fläche, die für Gruppenschlafräume im U3-Bereich vorgeschrieben ist (so wird das Gesetz vom Kreis Ostholstein ausgelegt), steht eine Schließung der Gruppe im Raum. Um diese in der Praxis nicht wirklich fehlende Fläche zu schaffen, müsste ein Umbau zu Kosten von mindestens 20.000 Euro durchgeführt werden. Leider kann die Gemeinde dieses Geld nicht aufbringen. Durch diese Situation mussten bereits Gruppen reduziert werden (es fehlen also Betreuungsplätze, Eltern müssen ihre Kinder anderen Ortes unterbringen, was sowohl eine zeitliche als auch finanzielle zusätzliche Belastung bedeutet). Das ist nicht nachhaltig!
– Unsere Kinder können in den Gruppen derzeit keine Waldausflüge mehr machen, da hierfür ein anderer Betreuungsschlüssel vorgesehen ist. Auch unsere Bauernhofgruppe muss derzeit in den Räumlichkeiten der Einrichtung bleiben. Durch die neuen Vorgaben muss eine dritte Betreuungsperson bei der Gruppe sein, diese ist aber einfach nicht verfügbar und eine Neueinstellung scheitert wieder an dem geltenden Personalschlüssel.
– Die gemäß Gesetz kalkulierte Arbeitszeit der Betreuungskräfte schließt keine Zeit für Gespräche über die Entwicklung unserer Kinder mit ein. Auch Elternabende, Laternelaufen usw. müssen in Überstunden durchgeführt werden. Wenn diese dann abgebaut werden, fehlen wieder Betreuungskräfte für unsere Kinder (d.h. wir können unseren Jobs nicht nachgehen!)
– Um eine Gruppe aufzustellen, muss Geld vom Kreis bewilligt werden, ohne dieses Geld können keine Betreuungskräfte eingestellt werden. Damit dieses Geld fließt, muss aber nach geltendem Gesetz die Gruppe voll sein. Fehlt auch nur ein Kind, darf die Gruppe nicht aufgestellt werden. Diese Minimalgröße hat bereits dazu geführt, dass Kinder keinen Betreuungsplatz bekommen haben. Dies bedeutet für Familien eine enorme Belastung.

Wir Eltern müssen nicht nur unseren familiären Verpflichtungen nachkommen, sondern auch arbeiten, unseren Jobs nachgehen, Steuern zahlen usw. Die Kinderbetreuung ist daher elementar und für unsere Kinder ein wichtiger Teil ihrer Entwicklung. Durch das neue Kita-Gesetz wird aber uns Eltern, wie auch den Betreuungseinrichtungen das Leben zusätzlich schwer gemacht. Unser dringender Appell an Sie lautet daher:
Sorgen Sie schnellstmöglich dafür, dass den Einrichtungen eine höhere Flexibilität eingeräumt wird, um die Betreuung der Kinder in vollem Umfang sicherstellen zu können. Und schaffen Sie praxisnahe Voraussetzungen. Wegen drei Quadratmetern, die nur laut dem Gesetz fehlen, muss keine zusätzliche Fläche versiegelt werden, auf der unsere Kinder heute noch spielen können!
Es ist in unser aller Interesse, dass der Kreis Ostholstein für seine Bemühungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bekannt bleibt.

Eltern der Kinder aus der Kindertagesstätte Brummkreisel e.V., Ahrensbök

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