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Reporter Eutin

„Ich kann eine Menge Verantwortung übernehmen!“

Eutin (aj). Thorsten Doll ist ein Glücksfall für die Eutiner Kirchengemeinde. Und die Gemeinde ist ein Glücksfall für den 29-Jährigen. Seit fast zehn Jahren ist er nicht von der Seite des Küsters Detlef Kähler wegzudenken. Wer den Kirchplatz überquert oder im Büro etwas zu erledigen hat, kennt sein Gesicht. Im kirchlichen Tagesgeschäft ist er seiner Gemeinde ohnehin präsent. Küster, das war schon immer ein Traumberuf für den jungen Mann. Sein Opa versah den Dienst in Oldenburg: „Bei ihm war ich in den Ferien und durfte helfen, die Lieder zu stecken“, erzählt er. Dass aus dieser ersten Faszination eine tägliche Aufgabe geworden ist, ist das Ergebnis von Dolls beharrlicher Verlässlichkeit und der Chancen, die er genutzt hat. Nachdem er erste berufliche Erfahrungen in der Hausmeistertätigkeit gesammelt und unter anderem an der Malenter Mühlenbergklinik gearbeitet hatte, führte sein Weg in die Qualifizierungs- und Eingliederungsmaßnahmen von Die Ostholsteiner. Im Rahmen der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen besteht eine langjährige Partnerschaft mit der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde. Über gemeindenahe Arbeitsplätze wird ein begleitetes Arbeiten ermöglicht, das sich an den individuellen Stärken und Zielsetzungen der Mitarbeiter*innen orientiert. Arbeitsbegleiter*innen stellen einen kontinuierlichen Austausch sicher und wirken als Ansprechpartner*innen für beide Seiten. Seit drei Jahren gibt Amina Zunzer-Drews Thorsten Doll diese Sicherheit. Daran, dass die Zusammenarbeit reibungslos läuft, hat Küster Detlef Kähler den Löwenanteil: „Er leistet eine tolle Arbeit, fördert Thorsten, ohne ihn zu überfordern“, sagt Zunzer-Drews. Für Detlef Kähler ist diese Sensibilität selbstverständlich: „Man braucht Lebenserfahrung und ich mag die Arbeit mit Menschen einfach.“ Zudem bringt er viel Grundwissen mit, hat schon andere Jugendliche mit besonderen Herausforderungen in das Tun eines Küsters eingeführt.
Thorsten Doll erinnert sich gut, dass er einige Anlaufzeit brauchte. Detlef Kähler nahm schnell wahr, wo Unterstützung gefragt war und was problemlos lief. Aus den beiden wurde im Laufe der Zeit ein echtes Team, längst sind sie befreundet, verbringen auch freie Zeit gemeinsam: „Ich brauche ihn nur anzugucken, dann weiß ich, was los ist“, sagt Thorsten Doll. Die Offenheit seines Gegenübers hat Doll geholfen, sich gut einzufinden. Heute ist er ganz Profi: „Er macht alle Arbeiten“, erläutert Detlef Kähler. Zu Thorstens Lieblingstätigkeiten gehört das Rasenmähen, aber so routiniert wie die Arbeitshose trägt er auch den schwarzen Anzug, wenn es daran geht, Gottesdienste zu begleiten. Das kann er auch allein wuppen: „Ich kann eine Menge Verantwortung übernehmen“, betont er zurecht selbstbewusst. Er kennt seinen Arbeitsplatz so gut, dass er schon mal interne Kirchenführungen für Die Ostholsteiner übernimmt. Dann zeigt er nicht nur die Glocken, sondern erklärt auch, warum die Reihenfolge, in der sie sonntäglich in Gang gesetzt werden, genau geregelt ist. Die fröhlichen Veranstaltungen sind ihm die liebsten und wenn dann noch die Sonne scheint, ist er rundum glücklich.
Gelegentlich kommt es vor, dass Menschen, die Thorsten Doll noch nicht kennen, sein Tempo auffällt. Dann ist Detlef Kähler da und erklärt die Konstellation. Für ihn stehen grundsätzlich nicht eventuelle Beeinträchtigungen im Fokus, er nimmt die Menschen, wie sie sind: „Und wenn Thorsten etwas gut macht, sag ich ihm das auch!“ Auch dieser Zuspruch ist ein Grund, warum Thorsten Doll heute sagt: „Ich bin angekommen!“
Das gilt auch für sein Leben nach Feierabend. Er ist in einer Wohngemeinschaft von Die Ostholsteiner zu Hause, die zum Haus am Priwall gehört. Beim Lego-Technikbauen, Filmeschauen und im Zusammensein mit den Mitbewohnern findet er Entspannung. Im Sommer allerdings kann es gut sein, dass er auch nach Feierabend an der Kirche bleibt: Wenn nämlich Detlef Kähler den Grill anwirft und ihn natürlich dazu bittet. Dafür braucht es keinen bestimmten Anlass.
Der steht Thorsten Doll am kommenden Sonnabend ins Haus, wenn er privat zum Besen greifen muss. Und zwar nicht irgendwo, sondern am Rathaus. Thorsten Doll wird nämlich 30 Jahre alt und muss der Tradition gemäß die Treppe fegen. Eine Aussicht, zu der er breit grinst. Gut möglich, dass ihn danach noch mehr Menschen kennen und bei der nächsten Begegnung auf dem Kirchplatz feststellen: „Da kommen die beiden Küster!“ Und darauf ist nicht nur Thorsten Dolls Opa stolz.

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