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Reporter Eutin

Jugend debattiert an den Eutiner Gymnasien: Die hohe Kunst respektvollen Streitens

Eutin (aj). In diesem Wettbewerb geht es nicht darum, Recht zu behalten, sondern darum, Argumente auszutauschen, den eigenen Standpunkt zu erklären und zuzuhören, wenn das Gegenüber seine Sicht der Dinge erläutert: „Jugend debattiert“ setzt ein Zeichen in Zeiten, in denen fair geführte Auseinandersetzungen nicht allerorts auf der Tagesordnung stehen. Und wer einen näheren Blick auf die Veranstaltungen wirft, erlebt eine Generation, die alle eines Besseren belehrt, die sie in ihrem Willen und Vermögen, sich zu aktuellen Themen konstruktiv zu äußern, unterschätzen.
An den Eutiner Gymnasien haben im Frühjahr Schulausscheide stattgefunden, zuvor wurde der Austausch von Rede und Gegenrede in den Klassen geübt. Debattiert wird über vorgegebene Fragestellungen. Ob man die Pro- oder Contra-Seite vertritt, entscheidet das Los. So stritten vier Jugendliche in der Finalrunde des Schulwettbewerbs am Carl-Maria-von Weber-Gymnasium darüber, ob sogenannte Jugendoffiziere der Bundeswehr einen Fachtag an Schulen gestalten sollten. Nach einem Eingangsstatement von beiden Seiten ging es dann in medias res, also mitten hinein ins Thema. Klartext ist gefragt, Sachlichkeit ein Muss. Das Ende der Debatte markiert eine erneute Darstellung des jeweiligen Standpunktes. Könner*innen beziehen dabei natürlich die Argumente der Gegenseite mit ein. Und als ob all das nicht schon Herausforderung genug wäre, findet die Debatte vor Publikum statt. In der Weberschule verfolgten die Schüler*innen aufmerksam und konzentriert den sachlichen Schlagabtausch, um dann ihrerseits per Abstimmung eine Präferenz zu äußern. Wer am meisten überzeugt hat, legt eine Jury fest. „In diesem Wettbewerb kann man Kompetenzen ansprechen, die im Schulalltag nicht immer zum Tragen kommen“, erklärt Lars Quedenbaum-Link. Er unterrichtet Wirtschaft und Politik an der Weberschule und hat den Wettbewerb dort zum zweiten Mal organisiert. Eine Position zu vertreten, die nicht die eigene ist, sieht er als Blick aus der Blase, in der man normalerweise agiert. „Im besten Fall lernt man auch Empathie“, merkt er an. In der Debatte zählt nicht, wer am selbstbewusstesten auftritt, bewertet werden Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsführung und Überzeugungskraft. Letztlich ist es ein Zusammenspiel aus allem, das zum Erfolg führt. Natürlich schadet Nervenstärke nicht, wie sie Merle, eine Schulsiegerin an der Weberschule, an den Tag legt: „Das erste Aufgeregtsein legt sich schnell, dann bin ich voll im Thema“, verrät die Fußballerin.
Auch Julika weiß, wie man sich fokussiert. Bereits zum zweiten Mal hat die Neuntklässlerin vom Johann-Heinrich-Voß-Gymnasium jüngst beim Regionalentscheid in Neumünster, also im Aufeinandertreffen der Schulsieger*innen,? überzeugen können. Das Thema erfährt sie zehn Tage vor dem eigentlichen Debattentermin. „Dann bereite ich mich wirklich gründlich vor, sammle Argumente“, erzählt sie. Ihre Streit-Kompetenz weiß sie zu nutzen, geht auch im „wahren Leben“ keiner Auseinandersetzung aus dem Weg, sondern vertritt ihre Position. Sie engagiert sich unter anderem für „Fridays for future“. Als Gewinnerin zieht sie nicht nur in die nächste Runde auf Landesebene in Kiel ein, sie darf auch an einem Seminar zur Debattenkultur teilnehmen: „Darauf freue ich mich besonders“, sagt Julika. Sie schätzt das Miteinander im Feld der Teilnehmenden: „Ich bin kompromissbereiter geworden“, lautet ihre Antwort auf die Frage, was der Wettbewerb für sie persönlich verändert hat. Einer von vielen Gründen, aus denen WiPo-Lehrer Lars Steinmann „Jugend debattiert“ alljährlich an der Voß-Schule koordiniert. Julika wird am 23. April in Kiel antreten. Beim letzten Mal saß ihre Klasse im Publikum. In diesem Jahr wird sie darauf verzichten müssen, es ist Praktikumszeit. Des Rückhalts aber kann sie sicher sein, wenn sie zeigt, wie „Jugend debattiert“.


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