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Holocaust-Überlebender Manfred Goldberg ist tot

Seine letzte Reise führte ihn im Mai 2025 nach Neustadt, an den Ort seiner Befreiung im Mai 1945. Jetzt ist Manfred Goldberg in London gestorben.

Seine letzte Reise führte ihn im Mai 2025 nach Neustadt, an den Ort seiner Befreiung im Mai 1945. Jetzt ist Manfred Goldberg in London gestorben.

Bild: Reimo Schaaf

Ein Nachruf von Christina Mänz zum Tod von Manfred Goldberg -

 

Es brauchte seinen ganzen Mut, bis er der Reise nach Neustadt zugestimmt hatte. Und dann war Manfred Goldberg da - einer der letzten Holocaust-Überlebenden, einer der letzten Zeitzeugen, die den Horror - auch den von Neustadt - überlebt hatten. Er war zurückgekehrt an jene Orte, an die er nie verblassende Erinnerungen hatte, an jene Tage im Mai 1945. „Die Bilder in meinem Kopf sind so lebendig, ich kann sogar die Schreie hören“, sagte er am Strandabschnitt, an dem er damals angelandet war. Es war der erste Besuch nach 80 Jahren - ein einmaliger Besuch. In jeder Hinsicht.

 

Jetzt ist Manfred Goldberg im Alter von 95 Jahren in seinem Haus in London gestorben.

 

Der Neustadt-Besuch hat Manfred Goldberg viel bedeutet. Er war beeindruckt davon, dass Neustadt die Erinnerung wachhält. Berührt von den Grabsteininschriften auf dem jüdischen Friedhof, deren Häftlingsnummern so nah an seiner lagen. Begeistert von der Freundlichkeit und dem ehrlichen Interesse all jener, denen er begegnet ist – und von der Zuneigung und dem Engagement der Schülerinnen und Schüler, die seiner Geschichte, seinen Mahnungen und seiner Mission zuhörten: „Erhebt eure Stimme gegen das Unrecht. Und: Erinnert euch.“

 

Was bleibt, sind unsere Erinnerungen. An diesen einmaligen Besuch. Und an einen Botschafter für Mut und Menschlichkeit. An einen klugen, aufrichtigen Mann, voller Würde und Güte, der uns sein Vertrauen schenkte. An einen wahrhaft einzigartigen Menschen, dessen Schicksal eng mit Neustadt verbunden ist. Und es bleibt der Auftrag an uns Neustädterinnen und Neustädter, ihn, seinen Namen und seine Botschaft nicht zu vergessen. Seine Geschichte wird auch im neuen Neustädter Dokumentationszentrum einen Platz finden.

Shalom, Manfred.

 

Zur Person:

Manfred Goldberg, 1930 in Kassel als Sohn jüdischer Eltern geboren, wurde 1941 mit seiner Mutter Rosa und seinem vier Jahre jüngeren Bruder Hermann deportiert; erst ins Ghetto von Riga, später in Arbeitslager, schließlich ins KZ Stutthof. Im April 1945 mussten er und seine Mutter den maritimen Todesmarsch über die Ostsee antreten, der am 3. Mai 1945 in Neustadt in Holstein endete. Dort erlebten sie noch am selben Tag durch einrückende britische Truppen ihre Befreiung. Nach einer Phase der Genesung in Neustadt und Lenste verließen Manfred und Rosa Goldberg im September 1946 Deutschland und fanden in England eine neue Heimat.

Bis zu seinem Tod lebte Manfred Goldberg mit seiner Frau Shary in London. Er hinterlässt vier Söhne, zahlreiche Enkel und Urenkel. In England war Goldberg einer der prominentesten, engagiertesten und auch vom Königshaus hoch geschätzten Holocaust-Überlebenden. Er gehörte zu jenen Zeitzeugen, die vom Holocaust Educational Trust (HET) mit dem revolutionären Virtual-Reality-Projekt „Testimony 360“ praktisch unsterblich gemacht wurden. Im September wurde Manfred Goldberg noch von König Charles zum Member of the Order of the British Empire (MBE) ernannt. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt.


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