„Allein kommt man da nicht mehr raus!“ - Maik Scheffler, Aussteiger aus der rechten Szene, besuchte Neustädter Schulen
Neustadt. Maik Scheffler lächelt freundlich. Er ist ein zuvorkommender, sehr ruhiger und ausgeglichener Mensch. Seine Stimme ist warm und angenehm. Wenn er redet, ist man sofort gefesselt von ihm. Seine Ausstrahlung ist bereits auf den ersten Blick sympathisch - Maik Scheffler beeindruckt.
Wer er ist? Ehemaliger stellvertretender Landesvorsitzender der NPD in Sachsen. Maik Scheffler (45) aus der Nähe von Leipzig war insgesamt 15 Jahre in der rechten Szene aktiv. Und zwar nicht nur politisch engagiert in der NPD, sondern auch aktiv auf der Straße, zeitweise sogar als rechtsextremer Kameradschaftsführer. Und ja, Maik Scheffler hat auch zugeschlagen, wenn er mit seinen „Kameraden“ in der Stadt unterwegs war und dort auf eine Gruppe von Ausländern gestoßen ist. Nicht allein aus Hass, wie er betont, sondern aus Angst vor einem Angriff von Ausländern, dem man so zuvor kommen wollte.
Man sieht und merkt es ihm heute nicht mehr an, dass er damals von Angst getrieben war. Seine Ideologie hat er abgelegt. Vollständig, wie er sagt. Im Jahr 2015 verließ er die NPD und stieg aus der rechten Szene aus. Auslöser waren menschliche Enttäuschungen durch angebliche Kameraden und ein Hinterfragen seines Handelns.
„Sich befreien von Dingen, die in den Kopf eingepflanzt worden sind“, wie er es nennt.
„Allein kommt man da nicht mehr raus“, betont Maik Scheffler im Gespräch mit Schülern aus den Klassen 7 bis 9 in der Schule am Rosengarten. Über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ ist er auf Wunsch der ausgezeichneten „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ nach Neustadt gekommen, um dort und unter anderem auch am Küstengymnasium für Vielfalt und Demokratie zu werben.
„Für uns ist es wichtig, einen Insider der Szene hautnah erleben zu können, um die Schüler aufzuklären und vor Totalitarismus zu warnen. Gerade in der heutigen Zeit brauchen wir den Konsens aller Demokraten“, so Schulleiter Hans-Peter Hopp. Maik Scheffler, der sich heute politisch in der konservativen Mitte sieht und keiner Partei mehr angehört, ist bei Polizei, Landeskriminalämtern und an den Schulen in ganz Deutschland vor Ort, um Aufklärung zu leisten. Nicht von oben herab, sondern authentisch.
Er berichtete den Schülern von seiner Geschichte und darüber, wie er dank der Bundesinitiative „Exit Deutschland“ den Ausstieg durch Mut, Fleiß und Hilfe geschafft hat. „Man durchläuft in seiner Radikalisierung eine Wesensveränderung, die mit Drogen vergleichbar ist. Extremismus bedeutet immer Rekrutierung und Radikalisierung. Ich warne daher vor apokalyptischem Gerede und einer übertriebenen Darstellung der Ereignisse in unserem Land. Diese soll den Menschen nämlich Angst machen - so wie mir damals“, sagt Scheffler.
Kurios: Nach dem Ende seiner NPD-Karriere musste er anders Geld verdienen und unterrichtete Deutsch als Nachhilfe. So stand er als ehemaliger Neonazi eines Tages in einem Migrationskurs vor einer Gruppe Syrer. Dieser Kontakt habe seine alte Ideologie komplett aufgebrochen, weswegen er heute Menschen für Radikalisierungsformen sensibilisieren möchte.
Am Rande der Veranstaltung in der Schule am Rosengarten hatte der reporter die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch.
der reporter: Herr Scheffler, gibt es im Hinblick auf die heutige Politik Tendenzen, dass Jugendliche gefährdeter sind als früher, in die rechte Szene abzurutschen?
Scheffler: Ja, auf jeden Fall! Mit dem Einzug der AfD in alle Parlamente und in Sachsen sogar mit 28 Prozent hat die Partei gleichzeitig viel mehr Personal, Geld und Einfluss. So sickert der Rechtspopulismus überall ein und macht sich als Erstes über unsere Jugendlichen her, um die vermeintlich besseren Deutschen zu formen.
der reporter: Vergleichen wir mal die AfD mit der NPD. Sind diese Parteien sich ähnlich oder sogar gleichzusetzen?
Scheffler: Ich sehe da auf jeden Fall Tendenzen. Die AfD ist die NPD der früheren Jahre. Und wenn ich mir die Neonazi-Flügel in der AfD anschaue, ist die Entwicklung vorbestimmt - und die wird so enden, wie die NPD heute ist. (ab)