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„Behüten Sie die kommunale Selbstverwaltung!“

Dr. Johannes Rosenplänter erinnerte in seinem Festvortrag an die Stadtwerdung von Preetz im Jahr 1870. Nicht zuletzt der Marktplatz ist ein Symbol dafür, dass Preetz als Ort schon sehr viel länger Bedeutung und Gewicht hatte.

Dr. Johannes Rosenplänter erinnerte in seinem Festvortrag an die Stadtwerdung von Preetz im Jahr 1870. Nicht zuletzt der Marktplatz ist ein Symbol dafür, dass Preetz als Ort schon sehr viel länger Bedeutung und Gewicht hatte.

Bild: V. Graap

Preetz (vg). 155 Jahre – das ist eine ziemlich krumme Zahl für ein Jubiläum. Aber weil die Stadt Preetz die 150. Wiederkehr der Stadtwerdung im Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie nicht begehen konnte, wurde das Ereignis kurzerhand beim diesjährigen Stadtempfang nachgefeiert. Die Veranstaltung am 23. Mai in der Aula des Friedrich-Schiller-Gymnasiums wurde zum Plädoyer für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.

„Preetz wurde zwar bereits vor 840 Jahren erstmals urkundlich erwähnt, die Stadtrechte erhielten wir aber erst 1870“, erläuterte Bürgermeister Tim Brockmann und fügte scherzhaft hinzu: „Damals endete für den Flecken Preetz die Knechtschaft des Klosters.“ Tatsächlich stand der Ort in den Jahrhunderten zuvor unter der Obrigkeit und Gerichtsbarkeit des Klosters – und das fanden die Einwohner damals gar nicht so schlecht. „Das Kloster war Preetzer Bürgermeister“, schmunzelte Festredner Dr. Johannes Rosenplänter, der einst seine Dissertation über das Kloster Preetz schrieb und heute Kieler Stadtarchivar ist. Eigentlich hatten die Herzogtümer Schleswig und Holstein nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 auf Unabhängigkeit gehofft. Doch 1867 wurde Schleswig-Holstein als neue Provinz in den preußischen Staat eingegliedert und erhielt eine Kommunalverfassung. „Die Preußen hatten eine andere Vorstellung davon, wie Städte organisiert werden sollten. Sie nahmen mit der Idee der Selbstverwaltung die Bürger in die Pflicht, ihre Angelegenheiten selber zu regeln.“ Mit einer schnöden Bekanntmachung, ohne Sang und Klang, ohne Fest also sei Preetz am 30. April 1870 zur Stadt geworden, schon 1871 wurde das neue Rathaus gebaut. „Mit dem Stadtrecht wurde anerkannt, was längst Realität war. Schon zu seiner Entstehung war Preetz mehr als ein Dorf“, so Rosenplänter. Im 15. Jahrhundert wurde Preetz als kleine Stadt bezeichnet, als Flecken. Während die Einwohnerzahl um das Jahr 1550 rund 350 betrug – Plön und Lütjenburg hatten zwischen 600 und 700 Bewohner –, war Preetz 1871 mit 5.256 Einwohnern bereits die größte Stadt im Kreis – weit vor Plön mit 2.988 Einwohnern. Kein Wunder, war die Schusterstadt doch nicht nur Standort des Klosters, sondern auch Straßen- und Eisenbahnknotenpunkt.

„Heute ist die kommunale Selbstverwaltung ein Grundprinzip unseres Staatsaufbaus. Es ist ein hohes Gut, das gepflegt und verteidigt werden muss“, betonte Rosenplänter. Gerade angesichts der schlechten Haushaltssituation vieler Kommunen: „Was bleibt den Städten und Gemeinden? Sie streichen die sogenannten freiwilligen Leistungen, aber genau das sind die eigentlichen Aufgaben der Selbstverwaltung.“ Wenn dann noch Hass und Hetze um sich greifen und ehrenamtlich Engagierte hinschmeißen, sei die Demokratie gefährdet. Rosenplänter appellierte an die Verantwortlichen, die kommunale Selbstverwaltung für heute und nachfolgende Generationen zu behüten.

Auch Bürgermeister Brockmann mahnte mehr Verantwortung und Gestaltungsspielraum für Kommunen an. Dazu müsse etwas gegen die strukturelle Unterfinanzierung getan werden. „Die Kommunen übernehmen ein Viertel der staatlichen Aufgaben, erhalten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Das steht in einem spürbaren Missverhältnis. Wenn die Kommune vor Ort von der Bevölkerung nur noch als Mangelverwalter wahrgenommen wird, wird die Demokratie verlieren“, so Brockmann. In dieser Frage dürften ihm sicher auch Landrat Björn Demmin und Kreispräsidentin Hildegard Mersmann sowie die Delegation aus der Partnerstadt Stavenhagen zugestimmt haben. Und Staatssekretär Dr. Frederik Hogrefe, der kurzfristig für die erkrankte Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack in Preetz weilte, dürfte diese Botschaft an seine Chefin und die Landesregierung weitergetragen haben.


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